Schieben, drücken, durchlüften, schnelltesten und warten auf den Einschlag
Verlegungen, I. | Irgendwo las ich letztens: Management sei in erster Linie Entscheidung im Ungewissen. In meinem Ein-Personen-Unternehmen manage ich zwar nicht viel, jedenfalls keine Mitarbeiter:innen, kein Material und keine Waren. Gleichzeitig fühlt sich die Organisation meiner Kundenprojekte, der Seminare, der eigenen Weiterbildung und der allgemeinen Jahresplanung in den aktuellen pandemischen Zeiten als ausreichend intensive Aufgabe an.
Ende 2021 ahnte ich, dass manches, was ich gemeinsam mit Kunden fürs erste Quartal 2022 plante, umgeschoben werden wird, falls kein Wunder entritt. Ich traf entsprechende Vorkehrungen, ließ Luft im Kalender. Das Wunder trat erwartungsgemäß nicht ein. Also schoben die Kundin und ich nun geplante Präsenztermine aus Januar und Februar in den Mai, ich drückte Abhängigkeiten zurecht.
Die dadurch frei werdenden Kalendertage eröffnen jetzt neue Möglichkeiten, das Leben wird etwas betulicher. Die nächsten Wochen zeigen sich durchgelüftet, was auch sein Gutes hat. Für den weiteren Jahresverlauf verdichten sich hingegen Termine, aber das ist okay. Ich nutze den Januar und Februar für Vorbereitungen und habe remote gut zu tun.
Verlegungen, II. | Meine kommende Lesung aus „Die Frau, die den Himmel eroberte“ wird ebenfalls geschoben. Am 28. Januar hätte ich in Dortmund gelesen und allerlei Spannendes rund um Käte Paulus, Luftfahrt, Ballontechnik, Frauenrechte und Fahrradfahren und die Geschehnisse im beginnenden 20. Jahrhundert erzählt. Geplant war, in Präsenz beisammen zu sein und gleichzeitig per Livestream zu streamen, für den guten Zweck. Der Veranstalter, der Tangent Club 63 Dortmund, die Moderatorin Steffi Opitz und ich haben uns allerdings entschlossen, die Lesung zu schieben. Einen neuen Termin legen wir fest, wenn die Lage wieder berechenbar ist.
Eine aktuelle Terminübersicht meiner Umtriebe online und offline gibt es hier. Alles ist im Fluss.
A propos Fluss | Spaziergehpanorama am Stausee zur hellsten Tageszeit. Eigentlich.
Einschläge | Die Einschläge kommen näher, die Frequenz der Positivtests erhöht sich. Aus diversen Richtungen erreichen mich Nachrichten – im beruflichen Kontext, im Umfeld der Beutekinder. Es gibt überstürzte Nachhausfahrten, abgebrochenes Zur-Schule-Bringen, WhatsApp-Gruppen mit PCR-Ergebnissen und ausfallende Termine. Informationen darüber, wo es noch Schnelltests zu kaufen gibt, werden wie Bückware gehandelt. Ich spüre Endzeitstimmung im Umfeld und bei mir selbst. Wir warten auf den Einschlag.
Herrn Buddenbohm berichtet Ähnliches:
Mittlerweile gibt es drei Familien im engeren Umfeld mit Corona-Fällen. Ich halte das eben für die Chronik fest, so sieht es hier jetzt also aus. Statistisch gesehen habe ich es vermutlich schon und weiß es nur noch nicht. Bei jedem Husten „Na, jetzt?“ denken. Oder die Herzdame in diesem Sinne fragen, die Söhne, die morgen routinemäßig wieder zur Schule gehen, bis sie das wöchentlich größer werdende Infektionsangebot dort doch noch annehmen.
Es sind die kleinen Dinge, es sind die kleinen Nudeln
Übers Wochenende 1.882 positive Tests in Dortmund. Die Inzidenz liegt bei 780. Ins Fitnessstudio darf ich derweil wieder ohne Test, also 2G statt 2Gplus – zumindest, wenn ich geboostert bin. Doppelt Geimpfte sind in NRW nun mit Geboosterten gleichgestellt, es sei denn, ihre zweite Impfung liegt länger als neunzig Tage zurück und es ist trotz steigender Inflation abnehmender Mond. Letztes ist natürlich Quatsch – aber nur letzteres, alles andere ist natürlich total, äh, logisch. Währenddessen wurden in der Handball-Nationalmannschaft – es ist gerade Europameisterschaft – sieben Spieler positiv getestet. Man ruft in Deutschland an und stockt den Kader auf. Jeder darf mal, bis alle dran waren.
Ich schreibe das hier auf, damit ich später nachlesen kann, wie es damals war, in der fünften Welle der Pandemie.
Todesfall | Die Rahmenhandlung zur Pandemie ist nicht dazu angetan, die Stimmung zu heben. Denn die Bonushündin ist verstorben – im gesegneten Alter von fast fünfzehn Jahren.
Es gab eine würdige Beerdigung mit Blumen, Lichtern und Schokobons.
Was schön war | Ich war beim Kunden am neuen Standort, habe etwas abgeholt und Zeit mit den Mitarbeitern dort verbracht. Nicht vielen, denn die meisten sind im Home-Office. Aber eine Handvoll war da. Wir sehen uns sonst nur digital. Das war schön.
Gelesen | Was man unter Wasser sehen kann von Henriette Dyckerhoff. Es geht um dörfliche Heimat, um Familie, den Bau eines Staudamms und sehr viel ums Schweigen. Ein gutes Buch, obwohl ich die Protagonistin und alle anderen fortwährend schütteln und anschreien möchte.