Bemerknisse zu einer kleinen Deutschlandreise
Am Wochenende war ich ein wenig im Lande unterwegs, um Menschen aus dem Internet zu besuchen.
So fuhr ich von Dortmund nach Nierstein, von Nierstein über Mainz nach Stuttgart, von Stuttgart nach Holzgerlingen, von Holzgerlingen nach Stuttgart, von Stuttgart über Heidelberg nach Darmstadt und von Darmstadt wieder heim nach Dortmund.
Ich mag ja Bahnfahren. Vor allem, weil man im Zug so sehr auf sich selbst zurückgeworfen ist; es gibt nicht viel, was man tun kann: lesen vielleicht oder Videos anschauen oder schlafen oder aus dem Fenster sehen. Oder – natürlich – sich mit anderen Menschen unterhalten, das kommt auch vor. Doch insgesamt gibt es wenig Ablenkung.
Ich bin erstmals linksrheinisch über Bonn und Koblenz gefahren. Warum habe ich auf Wegen in den Süden sonst immer die Schnellstrecke über Siegburg genommen? Ich weiß es nicht. Jedenfalls ist die Fahrt durchs Rheintal großartig. Machen Sie das mal. Das geht auch einfach nur mal so, ohne Ziel, der Weg ist Ziel genug. Ich habe von Koblenz bis Mainz nur aus dem Fenster geschaut, habe den Rhein, die Ortschaften, die Burgen und Binnenschiffer angeguckt. Es ist toll.
Weitere Bemerknisse:
Meine Mitgärtnerin Pia hat nicht nur einen tollen Garten, sondern auch allerlei Gadgets dort versteckt: eine Fasssauna, eine Dusche, ein rosa Hüttchen und ach … alles ziemlich super. Außerdem besitzt sie ein Gartentelefon, das der beste Vater ihrer Kinder sogar angeschlossen hat. Man kann also vom Haus in den Garten telefonieren und zurück.
Stuttgart begrüßt seine Besucher sehr löchrig. Stuttgart 21 ist allgegenwärtig, in verschiedenen Ausprägungen: als Bauloch, als Einkaufszentrum, als Plakatwand, als Aufkleber und als Diskussionsthema.
Zu Stuttgart 21 kann ich wenig sagen, ich bin nicht genug im Thema, um eine dezidierte Meinung zu haben. Nichtsdestotrotz gewinnt man als Besucher unweigerlich einen Eindruck von der Monströsität des Vorhabens. Jedenfalls wurde ich das Gefühl nicht los, als werde die halbe Stadt umgegraben und als werde dabei nicht nur Erde bewegt, sondern auch ein bisschen die Seele des Ortes umgepflügt. Aber ich mag mich täuschen.
Stuttgart kann übrigens nicht nur Maultäschle, sondern auch Waffeln. Fall Sie mal dort sind und eine suchen: Eine rundum perfekte 10er-Waffel gibt es im Café Stella.
In die Ferne zu reisen, hilft immer auch, die Heimat neu zu betrachten. Was mir aufgefallen ist – durchs Umherlaufen, aber auch im Gespräch: Das Ruhrgebiet ist tatsächlich eine strukturschwache Region. Dort wohnend, fällt es mir nicht so sehr auf. Doch mit dem Blick aus Hessen und Württemberg, wird es deutlich.
Was zu dieser Wahrnehmung beiträgt, ist schwierig zu beschreiben: Es sind vielleicht die vielen gepflegten Spielplätze, die Neubaugebiete, die Einkaufspassagen, die wenigen Leerstände, das Ambiente in der nächtlichen S-Bahn. Als sei ich in einen Zug mit Priesterseminaristen gelangt: kein Gestank, keine umherrollenden Bierflaschen, keine Betrunkenen, keine Kraftausdrücke, keine Angst, zur falschen Zeit zu lange den falschen Typen anzugucken und aufs Maul zu kriegen.
Der Rückweg: über Darmstadt. Was fällt Ihnen zu Darmstadt ein? Außer dummen Wortwitzen. Mir nicht viel. Darmstadt ist so ein Nicht-Ort, eine Stadt, die es gibt, mit der ich aber nichts verbinde.
Dank einer Stadtführung durch Herrn Energist tue ich das nun und habe eine ganze Menge gelernt: über Jugendstil, über Design, über weiland anwesende Adelige und ihre Verheiratung mit russischen Menschen, weshalb Darmstadt eine Basilika hat, die auf einem Berg steht.
Darüber hinaus besitzt Darmstadt eine Kneipe, in der man 24 Stunden lang frühstücken kann (mein Ding!) und die gleichzeitig ein Automatenmuseum ist. Ich habe spontan beschlossen, dass ich auch so einen Automaten brauche, den ich mir dann in den Flur oder in die Küche hänge und aus dem ich mir für einen Euro Süßkram ziehen kann. Von dem Geld fahre ich dann in den Urlaub. Ich werde sehr lange weg sein.
Herzlichen Dank an Frau Mutti, an Herrn Ast vom Skizzenblog, an Herrn Kinderdoc, Herrn MannQuadrat und Herrn Energist für die tolle Zeit!