Draußen nur Kännchen Kaffeehaus mit ♥

Ich bin eine Antwort schuldig.

Vor Kurzem fragte mich Kaffeehausgast Alwin:

Was halten Sie von diesen Vorlese-Büchern, ich meine Audio-Büchern oder „audibles“, wie man die wohl neuerdings nennt? Könnten Sie da mal einen Blogeintrag drüber schreiben? Ich schlafe nämlich regelmäßig nach 15 Minuten ein, wenn ich etwas vorgelesen bekomme, und verstehe nicht, warum visuell nicht oder kaum eingeschränkte Menschen für sowas Geld ausgeben sollten, wo es das beste Einschlafmittel (eine Flasche Grafensteiner Bier) bereits für 40 Eurocent (inklusive Pfand) beim Netto gibt. Was meinen Sie?

Das fasst die Sache bereits sehr gut zusammen. Nichtsdestotrotz nutze ich Hörwerke.

Zum Einschlafen

15 Minuten, wie Herr Alwin schreibt – dann wird’s nicht nur bei ihm, sondern auch bei mir sowas von dunkel, da passt kein Buch mehr zwischen mich und meinen Freund, den Schlaf.

Ich bin kein auditiver Mensch. Ich kann sehr schlecht Monologen zuhören – meine Gedanken schweifen binnen Minuten zu anderen Dingen ab. Ich empfehle daher jedem, der mir etwas zu erzählen hat, sich entweder kurz zu fassen, unterhaltsam zu sein oder darstellerische Qualitäten.

Das Leben als auditive Nullnummer bringt mit sich, dass ich bei Ratespielen à la „Erkennen Sie das Lied am ersten Takt, „Das geheimnisvolle Geräusch“ oder „Wir spielen den Song rückwärts ab, nennen Sie den Titel“ eine Vollhupe bin. Rhythmusgefühl habe ich auch keins.

Dafür habe ich in meinen Kopf visuelle Landkarten kontinentartigen Ausmaßes. Wörter und Zahlen haben Farben, und ich orientiere mich anhand von Landmarken und Sonnenstand sehr gut im Raum. Aber zurück zu Hörbüchern.

Ich nutze Hörwerke tatsächlich gezielt zum Einschlafen, gerade wenn meine Gedanken mal rotieren, was zum Glück selten vorkommt. Oder ich höre mir beim Zugfahren oder beim Sonnenbaden etwas an –  was letztendlich auch dazu führt, dass ich einschlafe; außer, ich habe im Urlaub bereits >14 Stunden gepennt. Das passiert wiederum oft.

Ich höre dann Podcasts, zum Beispiel das ARD Radiofeature, WDR ZeitZeichen, die Reportage des Deutschlandradios oder den WDR 2 Montalk. Das entspricht meiner Aufmerksamkeitsspanne.

Beim Autofahren

Keine Sorge: Beim Autofahren bleibe ich wach – auch wenn ich Hörbücher höre. Beim Autofahren kann ich gut folgen: Mein Hirn hat ja etwas Visuelles zu tun.

Ich habe mir früher für längere Reisen Kassetten und CDs mit ins Auto genommen. Seit ich ein Auto fahre, das Audiostreaming via Bluetooth kann, spiele ich nur noch vom Handy ab. Tolle Erfindung! Seither höre ich auch deutlich mehr Hörbücher während der Fahrt, seltsamerweise eher Sachbücher, die ich als richtiges Buch so gut wie nie lese.

Grob kann man sagen: Beim Zu-Fuß-Lesen bevorzuge ich Fiktives, in das ich mich hineinfantasieren und bei dem ich mich geistig entspannen kann; beim Hören Reales, das langweilige Autofahrten intellektuell anfüttert.

Zuletzt habe ich „Die geheime Doping-Geschichte des Fußballs“ von Thomas Kistner gehört (Empfehlung!). Letzte Käufe:  „Gedankenlesen durch Schneckenstreicheln: Was wir von Tieren über Physik lernen können“ und „Russland verstehen: Der Kampf um die Ukraine und die Arroganz des Westens“ von Gabriele Krone-Schmalz.

Kommentare

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  1. flyhigher sagt:

    „sich kurz zu fassen, unterhaltsam zu sein oder darstellerische Qualitäten“… hihihihihi!
    Ich habe mir bis dato nur ein einziges Mal ein Hörbuch zu Gemüte geführt, Hape Kerkelings „Ich bin dann mal weg“. Da Herr Kerkeling sehr gute Vorleserqualitäten aufwies, bin ich auch nicht eingeschlafen, und habe mich köstlich amüsiert, während ich in der prallen Sonne lag. Auch vorteilhaft dabei war, dass das Buch keinen Schatten warf ;-). Es hat mich seither (und das ist natürlich Jahre her!) kein Buch mehr als Hörbuch gereizt. Sachbücher als Hörbücher wären, glaube ich, für mich einschläfernd, sonore gleichmäßige Stimmen, die etwas erklären, machen mich immer „etwas“ unaufmerksam.

    1. Nessy sagt:

      Einschränkend muss ich sagen: Freunde müssen sich nicht kurz fassen … wenn ich aber genauer drüber nachdenke … ich habe einfach nur unterhaltsame Freunde – daran liegt’s.

      Ich habe gerade das Sachbuch mit dem Schneckenstreicheln angefangen – großartig gelesen von Harry Rowohlt, gemischt mit zwei Österreichern von den Science Bustern. Das ist schon recht spitze. Auch wenn Rowohlts Stimme zugegebenermaßen sehr sonor ist.

  2. Kitty koma sagt:

    ich fand Hörbücher jahrelang blöd, weil ich sehr schnell kursiv lese. jemand, der mir etwas vorliest, würde mich unproduktiv dasitzen lassen.
    aber dann begann ich spitzentücher zu stricken und das war nichts für den Fernseher. seitdem höre ich mit Kopfhörern Hörbücher. für stundenlange laberpodcasts bin ich aber immer noch nicht zu haben. ach, und gute Stimmen sind ein Muss.

    1. Nessy sagt:

      Kann ich nachvollziehen: Tätigkeiten, die allein etwas langweilig sind, bei denen man aber nicht fernsehen kann. Ich höre auch Hörbücher beim Kochen und backen und manchmal beim Umtopfen. So Haushaltskram halt.

  3. Imke sagt:

    Ich liebe Hörbücher. Ich höre sie auch mal zum Einschlafen, aber eigentlich eher unterwegs. In der Bahn kann ich mich aufgrund von Nebengeräuschen nicht gut auf ein Buch konzentrieren, daher ist ein Hörbuch für mich ein großer Gewinn. Dazu kommt, dass ich auch viel Weg zu Fuß zurück lege, oder an Bahnsteigen stehe. Auch hier ist ein Hörbuch deutlich praktischer. Im Winter am Bahnsteig bleiben die Hände wärmer. Wenn ich etwas höre statt es zu lesen, kann ich mich deutlich besser in die Geschichte hinein versetzen und mir bleibt alles besser im Gedächtnis (egal ob Belletristik oder Sachbuch). Auch als nicht „visuell eingeschränkter Mensch“ empfinde ich Hörbücher definitiv als eine Bereicherung.

    1. Nessy sagt:

      Gerade, wenn ich am Bahnsteig stehe oder zu Fuß unterwegs bin, kann ich eher schlecht zuhören. Ich denke vielleicht zu viel über die Dinge nach, die ich sehe.

    2. Imke sagt:

      Ja, das kann ich mir vorstellen. Bei mir ist es so, dass ich mit dem Hörbuch steuern kann, ob ich nachdenke. Ich höre meist darum sehr gezielt. Manchmal will ich nachdenken und lasse die Kopfhörer in der Tasche. Wenn ich mich aber aus meiner Umgebung zurück ziehen will (mir werden gerade Menschenmengen schnell zu viel und ich habe eine Art „Überinformation“) dann kann ich das mit Hörbüchern am Besten. So kann ich stressfrei in völlig überfüllten Bahnen fahren oder mich durch Menschenmengen bewegen.

  4. Nihilistin sagt:

    Ich schlafe ebenfalls bei HörBÜCHERN sofort ein.

    Was ich sehr gern mag (aber zu selten schaffe), sind HörSPIELE. Früher (TM) war das ja eine sehr weitverbreitete Kunstform, heute pflegen hier in DE nur noch wenige öffentlich-rechtliche Sender diese Form. Theater/Kino für die Ohren, spannend und mitnehmend, die Phantasie anregend und mit meist 1- 1,5 Stunden Laufzeit auch gut machbar.

    Und ansonsten, ähnlich wie Frau Nessy, gern diverse DLF-Podcasts: Nachts bei Schlaflosigkeit, sonst gern beim Spazierengehen oder bei fusseligen Kleinkramräumarbeiten.

    1. Nessy sagt:

      Hörspiele finde ich nicht so dolle. Die verschiedenen Stimmen – das ist nicht meins. Ich kann mir dann nicht merken, wer wer ist, und schon nach 10 Minuten habe ich den Faden verloren.

  5. Ulrike sagt:

    Ich bin auch visuell keineswegs eingeschränkt und liebe Hörbücher. Ich höre sehr viel ich unterwegs bin und bei der Hausarbeit. Ich bin sehr glücklich mit dem Angebotbder Bücherei und finde sehr praktisch, dass ich jederzeit streamen kann. Podcasts mag ich auch und ich als Wienerin höre fast ausschließlich deutsche. Vor 6 Monate habe ich mein TV Gerät hergegeben, für Infos bevorzuge ich Radio und Podcast, Serien streame ich und ich lese immer noch sehr analog.

    Und ich mag diesen Bog sehr.

    LG ulrike

    1. Nessy sagt:

      Als Deutsche fand ich übrigensn den österreichischen Zungenschlag der „Science Busters“ im Hörbuch „Gedankenlesen durch Schneckenstreicheln“ sehr schön. Überhaupt mag ich es, wenn Dialekt eingestreut wird.

  6. energist sagt:

    Bei längeren Autofahrten wird in der Tat Musik irgendwann anstrengend, die Infoprogramme der ÖR-Radiosender wiederholen sich und Stille ist auch nicht so für dauerhaft… Meine Geheimwaffe ist dann (und beim Hemden bügeln) die Podcastreihe Chaosradio-Express (cre.fm) . Dort kann man sich in 2–4 Stunden langen Episoden spannende technische, gesellschaftliche oder geistige Dinge auf eine Art näherbringen lassen, daß unabhängig von der Einstiegshöhe immer etwas neues dabei ist.

    Die neuen Episoden erscheinen leider recht langsam, aber man kann sich ja erstmal im Archiv austoben

    1. Nessy sagt:

      Danke für den Tipp!

  7. Alwin sagt:

    Liebe Kommentatoren, hört mir bloß nicht auf hier weitere Empfehlungen zu geben! Ich lechze geradezu danach.

    Der @Nihilistin stimme ich zu, HörSPIELE finde ich auch gut, und wäre für Hinweise auf Hörspiele für Erwachsene sehr dankbar.

    Ansonsten scheinen Frau Nessy und ich uns ja etwa auf demselben Ast zu bewegen. Vielen herzlichen Dank, Frau Nessy, dass Sie sich die Mühe gemacht haben, meinem bescheidenen Kommentar einen eigenen Blogeintrag zu widmen, und, nein: Sie waren mir keineswegs etwas schuldig.

    Das „Schneckenstreicheln“-Buch werde ich mir wohl demnächst tatsächlich (auf Papier) kaufen, obwohl ich alle Folgen der „Science Busters“ gesehen habe, und teilweise sogar im ORF (bin extra wach geblieben), bevor es sie auf Youtube gab. Leider wird es die Science Busters so nicht mehr geben, da Prof. Heinz Oberhummer am 24. November 2015 verstorben ist.

    Vielen Dank für Ihre beiden weiteren Hinweise, Frau Nessy, ich werde sie mir zu Gemüte führen.

    Mit, wie stets, freundlichsten Grüßen und allen guten Wünschen,
    Ihr dankbarer Kaffehausgast,
    (usw.)

    1. Nessy sagt:

      Von den Science Busters werde ich mir noch mehr anhören. Das Schneckenstreicheln hat mir sehr gut gefallen.

    2. Nihilistin sagt:

      Hallo Alwin,
      da die Inhaberin ja einen Serviceblog führt, hier der Hinweis auf die Erwachsenen-Hörspiele des DLF.
      http://www.deutschlandfunk.de/hoerspiel-und-feature-vorschau.1815.de.html
      Viele sind, soweit ich weiß, aus rechtlichen Gründen nicht in der Mediathek nachhörbar. Aber der DLF selber bietet ja auch den D-Radio-Recorder an, mit dem man den Stream mitschneiden kann.
      Hörspiele käuflich zu erwerben ist, glaub ich, sehr schwierig, da sie nicht wirklich aktiv vermarktet werden (warum eigentlich? Das wär doch mal ne Geschäftsidee? Wir verkaufen keine Musik, sondern Hörspiele?)

  8. jpr sagt:

    Schlafen mit Ton im Ohr ginge mir gar nicht. Genausowenig, wie ich die Zeitgenossen verstehe, die gleichzeitig lesen und Kopfhoerer auf dem Ohr haben, wobei Ihr Beitrag natuerlich eine sinnvolle Kombination nahelegt: Das Hoerbuch hoeren und gleichzeitig den Text dazu lesen.

    Mit dem Hintergrund bleiben wirklich Hoerbuecher bei mir auch eher die Ausnahme, auch wenn einige Exemplare sich da einen Herzensplatz erarbeitet haben (Herr Rowohlt, wie er Harry Potter liest und man sich fragt, wie das um Himmelswillen alles eine Person sein kann). Dafuer koennen mir Podcasts nicht zu lang sein: zwei, drei Stunden oder auch mehr – endlich findet sich der Platz und die Gelegenheit Themen einmal in so viel Breite zu besprechen, dass ich mich hinterher wirklich informiert fuehle, oder doch zumindest meine einer umfassenden Diskussion zugehoert zu haben und nicht nur ein Versatzstueck, das zwingend nach maximal 3:30 hat fertig sein muessen, weil ‚der Hoerer‘ sonst ueberfordert ist.

    1. Nessy sagt:

      Letzteres finde ich auch gut, ist bei mir aber auch situationsabhängig. Es gibt durchaus Autofahrten, bei denen ich gerne Musik höre und meinen eigenen Gedanken nachhänge. Genauso oft mag ich es aber auch, etwas erzählt zu bekommen, dann auch gerne mit Detailtiefe.

    2. Alwin sagt:

      > Schlafen mit Ton im Ohr ginge mir gar nicht.

      Oh doch, das geht bei mir sehr gut. Mit entspannender Musik im Ohr (ich glaube, es war Bon Jovi) habe ich es morgens sogar mal geschafft, mit der Bahn bis zur Endstation zu fahren, bis der Schaffner mich weckte. Nur hätte ich 20 Kilometer früher aussteigen müssen.

      Nun ja, man hat ja diese modernen Funkkommunikationsmittel um seine Verspätung zu melden, und Frühstück in einer fremden Stadt ist stets ein Erlebnis.

    3. agatha sagt:

      Herr Rowohlt liest Herrn Potter? Echt? Wo?

    4. jpr sagt:

      Pardon, ich muss widerrufen. Es ist natuerlich Rufus Beck, der das liest. Ich bitte mein loechriges Namensgedaechtnis und die daraus entstehende Aufregung zu entschuldigen.

  9. Frau Vau sagt:

    Wie ist das Krone-Schmalz Buch?

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