Hier im Kännchencafé passiert gerade nicht viel.
Im Hintergrund hingegen passiert eine ganze Menge. Denn ich habe Urlaub. In diesem Urlaub renoviere ich entweder – oder schlafe.
Sie denken nun bestimmt: „Oh je, in welch eine Bruchbude will Frau Nessy eigentlich einziehen! Sie renoviert doch schon seit Wochen!“ Das stimmt so nicht ganz, denn zwar renoviere ich tatsächlich seit Wochen, die Wohnung ist aber keine Bruchbude. Vielmehr ist es so: Je weiter man in die Tiefen einer Sache vordringt, desto mehr Details entdeckt man, die man verbessern kann. Und Sie kennen bestimmt die alte Renoviererweisheit: „Was du jetzt nicht machst, machst du hinterher niemals mehr.“
Oder würden Sie, wenn Sie einmal eingezogen sind, die Heizkörper abnehmen?
Dabei kann man mit abgenommenen Heizkörpern so viel machen. Man kann zum Beispiel Dämmplatten in die Nische hinter dem Radiator kleben und so dafür sorgen, dass die Heizung demnächst nicht mehr den Garten mitheizt. Man kann die Heizkörper reinigen und von Spinnweben befreien. Und man kann die kackbraune Farbe weiß überlackieren.
Servicetipp #1:
Polystyrol-Hartschaumplatten mit Waffelstruktur zur Dämmung. Die lassen sich nachher auch gut streichen.
Das Ganze ist eine elende Plackerei – nicht so sehr das Lackieren, sondern das Abnehmen. Deshalb haben das auch zwei kräftige Herren für mich getan, denen es nichts ausmacht, 40 Kilo Heizkörper mit 60 Liter Wasser drin zu heben.
Nun ja, fast nichts. Deshalb:
Servicetipp #2:
Gutes Catering hilft, die Motivation starker Männer hoch zu halten.
Nachdem die starken Männer Ihnen die Heizkörper aus der Wohnung getragen haben, nachdem die Heizkörper im Garten ausgelaufen sind (an dieser Stelle werde ich nächstes Jahr dreiköpfige, sprechende Tomaten ernten) und die Herren die Dinger auf einen Bock gehoben haben, können Sie sich an die dekorative Feinarbeit machen und die Heizkörper lackieren.
Servicetipp #3:
Meine Wagner-W-550-Sprühpistole hat ca. 70 Euro gekostet und war ihr Geld wert. Das Lackieren geht zigfach schneller als mit dem Pinsel und spart Farbe. Außerdem fühlt man sich wahnsinnig professionell. Achtung: Es gibt Sprühdinger für Lacke und Sprühdinger für Wandfarben.
So sieht dann hinterher das Ergebnis aus:
Nach dem Lackieren müssen die Heizkörper natürlich wieder ran an die Wand (vgl. Servicetipp #2). Wenn Sie in einem Nachkriegshaus wohnen, so wie ich es demnächst tun werde, kann es sein, dass Sie ganz komische Anschlüsse haben. Also nicht Halbzoll-Gewinde oder Viertelzoll, sondern 7/16, angesichts derer sich selbst der anwesende Heizungsbaugeselle rätselnd am Kinn kratzte. Der Baumarkt hatte passende Kappen und Stopfen natürlich nicht vorrätig, denn 7/16 : „Wer verbaut denn sowatt? Hamwa nich!“ Aber wir sind ja Checker:
Servicetipp #4:
Wenn Sie 7/16-Anschlüsse haben, dichtet ein 10-Cent-Stück, eingelegt in die Ventilkappe, passgenau ab.
Als die Heizkörper wieder dran waren, habe ich mich unten im Heizungskeller gefühlt wie in Wolfgang Petersens „Das Boot“:
Es fehlten nur die Echolot-Geräusche.
Servicetipp #5:
Wenn die Heizkörper wieder dran sind: Wasser nachfüllen und entlüften.
Als ich dann so herumstand und Wasser nachlaufen ließ und mich ein wenig umsah, denn das Ganze braucht reichlich Zeit und im Heizungskeller ist es schön warm und muckelig, habe ich mich sehr ruhrgebietlich gefühlt:
Wenn Sie also demnächst Zeit und Muße haben, nehmen Sie doch einfach mal Ihre Heizkörper ab. Ich garantiere Ihnen viele schöne Stunden, ein nachhaltiges Ganzkörpertraining und mindestens ein kniffliges Rätsel.
Kommentare
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Sehr schön. Ein Tip zum Sprühlackieren: Die Lackpistole immer in Bewegung halten, ansonsten trägt man auf eine Stelle zuviel Lack auf und das gibt unschöne Nasen. Über jede Stelle so drei-, viermal rübergehen, dann locker daneben weitermachen. Dabei nicht stehenbleiben, dann sieht man keine Übergänge. Protip: Atemmaske tragen.
In der Theorie ist das natürlich klar mit den Nasen, locker aus dem Handgelenk und so, in der Praxis gelingt das nicht immer so ganz perfekt. Aber mal ehrlich: Wer kriecht hinterher schon mit der Lupe vor dem Heizkörper herum?
Niemand. Ich habe das an Ruderbooten gelernt, und da sieht man die Nasen leider sehr wohl. Das heisst dann: Schleifen.
Ich dachte bei Servicetipp 4 eher an „Geben sie mir Ping, Vasily. Aber bitte nur ein Einziges.“ :)
*googlegoogle, aaah, „Jagd auf Roter Oktober„.
Wieso komm ich nie auf sowas? Menno!
Und das, wo der gute Tom Clancy gerade kürzlich verstorben ist. <3
7/16 scheint übrigens früher eine durchaus übliche Größe für Überwurfmuttern. Man trifft an allen möglichen Enden auf diese Zahl. Ich vermute den Ursprung in einer Sitzung des Normenausschusses, bei der die falschen Getränke gereicht wurden.
Bowle bestimmt. Oder Aufgesetzter. Selbstgebrannt.
Vielleicht ist das ja eine 1. April Norm, so wie es das bei den RFCs auch gibt? Und irgendjemand hat das ernst genommen und 10 Millionen Schrauben produziert und dann gibt es halt kein zurueck?
Ihr seid nah dran: 7/16 sind 11,11 mm.
Ohnein, das traumhafte Braun gegen ein gewöhnliches Weiß eintauschen… Späßken! Ich stehe ja auf Männer wie Frauen, die beim Arbeiten keine Angst haben dreckig zu werden (oder Dreck zu machen),.
Auf einen redseeligen, dreiäugigen Thorsten freue ich mich jetzt schon!
Dreckmachen kann ich. Mich selbst dreckig machen auch. Ich saß auch schon im Büro und entdeckte auf der Rückseite meiner Arme noch einen dicken Streifen Farbe. Aber nun ja.
Da gibt es dann vermutlich in Kürze News von der Bildungsbandscheibe. (Es sei denn, es wird auch der andere Kram delegiert.) ;)
Ich hoffe doch sehr, dass mir das erspart bleibt! Immerhin hebe ich nichts Schweres mehr von unten hoch (was nicht heißt, dass ich nichts tragen kann, es muss nur eben schon irgendwo oben stehen).
Das sieht sehr erfolgreich aus! Wir ziehen ja bei Gelegenheit auch um, die Vermieter spendieren aber freundlicherweise gleich ganz neue Heizkörper. Glück gehabt. Andererseits kann ich mir dann keine Lackierpistole kaufen … und dabei wäre dann so viel Platz im Keller!
Weiterhin gutes Gelingen, auch beim Umzug! Die starken Männer lassen sich da bestimmt nochmal sinnvoll einsetzen – weiter gut verpflegen tut also Not :)
Es grüßt,
der Ponder
Es gibt diese Pistolen ja auch für Wandfarbe. Sie haben bestimmt etwas zu streichen, oder?
Aber ja, zu streichen gibt’s eine ganze Menge – wobei wir da noch überlegen, einen Profi ranzulassen (dank sehr begrenzter Resturlaubsmengen allerorten). Ob das im Falle von „DIY“ mit einer Pistole auch schneller und schöner geht als klassisch mit einer Rolle? Ich bin unschlüssig.
Ich denke allerdings grade über einen schönen Profi-Akkuschrauber nach :)
Es grüßt,
der Ponder
Auf glatten Flächen ist die Pistole bestimmt nicht schneller, aber es ist sicherlich ratsam, ein solches Ding im Haus zu haben. Man weiß schließlich nie; es ist immer gut, gutes Werkzeug zu haben. Außerdem müssen Sie bestimmt auch Decken streichen.
Das Verrückte an der ganzen Sache ist ja:
ich fahr zu meinen Eltern und trag Tiefgrund auf den abgekloppten und neuverputzten Sockel ihres Hauses auf.
Oder irgendwas anderes.
Wenn Sie sowas tun, wird immer eine Geschichte draus.
Eine lustige noch dazu.
Dabei tun Sie ja auch nix anderes als ich.
Hm!
ach ja, und dann auch noch TELEKOLLEG statt Do-it-yourself.
Zum Küssen.
Es ist ja mehr eine Service-Geschichte, geradezu höhepunktarm. Aber ich sehe mich dem Servicegedanken dieses Blogs verpflichtet.
mit den Styroporplatten hab ich schlechte Erfahrungen gemacht, die sind nämlich atmungsundicht, soll heissen, der Taupunkt wandert zwischen Außenwand und Styropor und der Schimmel kommt irgendwann an den Seiten raus. Außerdem haben die Heizkörper eh nur 20% Strahlungsanteil und wenn der die Wand von innen etwas aufheizt, ist das nicht das schlechteste, da wandert besagter Taupunkt nämlich weiter gen Fassade raus – aber ich will üüüüüüüüüüüüberhaupt nicht Angst einjagen. Da meiste beim Bauen ist eh „Try and Error“ und „Das Haltbarste ist eh das Provisorium“
Mmmh – Sie mögen Recht haben. Allerdings findet man dazu verschiedene Meinungen. Ich werde das also gut beobachten. Es soll ohnehin nicht für die Ewigkeit sein. Irgendwann kommen die alten Radiatoren raus, dann wird umgerüstet.
Selbiges lief bei mir am letzten Wochenende :-)
Aufgrund der Einschränkung „only Badezimmerrenovierung“ belief sich die Anzahl der Heizkörper aber auf 1. Und den konnte ich (nach nen kräftigen Schluck Jever Pilsener) dann auch alleine in den Schuppen tragen und lackieren.
Allerdings habe ich Lack aus der Sprühdose verwendet. Eine einzig wegen einem Heizkörper gekaufte Sprühpistole wäre mir dann doch zu überdimensioniert vorgekommen.
Aaach, Sie wollen nur keine Spruehpistole. Fuer eine Ausrede ist doch kein Projekt zu klein.
@Herr jpr: Einself!!
@Herr URi: Der Lack aus der Sprühpistole funktioniert auch gut, allerdings nur auf Weiß. Sonst kommt man mit einer Dose nicht weit. Außerdem habe ich das Gefühl, dass die Anwendung und das Einatmen mich mindestens drei Monate meines Lebens kosten.
@jpr
Erwischt :-)
Hm. Ja. Also Glasbausteine auf der Terrasse sind ja auch ‚was Schönes.
Nicht wahr? Ganz entzückend!
Ein Text voller Erkenntnisse:
bei Bild 1 hatte ich Sie noch vor dem Auge, wie Sie – den Heizkoerper laessig ueber die Schulter geschwungen – gen Gartentuer schlendern, nur um gleich darauf enttaeuscht zu werden.
Dafuer dachte ich bei Bild 2 „Mensch, so glatt gestrichen, klasse Ding, das haette ich gesprueht und es haette haesslicher ausgesehen“ – und wir sehen: Liebe zu Werkzeug hat man, oder eben nicht. Der naechste Abschnitt lehrt, dass Gewindemasse das Characterencoding des Sanitaerbereichs ist (Ich mein, Masse in Zoll? Hallo? Wir haben 2013!).
Sorgen mache ich mir nur ein wenig, wegen Ihrer intelligenten Tomaten. Nachdem Sie ja nun schon diesen Sommer eine rechte Thorsten-Invasion hatten muessen wir im kommenden Sommer mit Schreckensberichten aus dem Pott rechnen, in denen Staedte von Tomaten systematisch ueberwachsen werden? Fangen Sie besser fruehzeitig mit dem Wombatkochen an…
Ich verrate Ihnen jetzt mal was: Ich plane nicht nur eine neue Thorsten-Invasion, sondern auch den Bau eines Gewächshauses. Mit einer durch eine Solarzelle betriebene Pumpe, die ein Warmwasserheizsystem in Gang hält! Das gibt Thorstis – damit kann ich das ganze Viertel ernähren!
Und zur Herstellung adaequater Mengen an Suppe gibt es ausserdem eine doppelt so grosse Knoblauch-Farm?
Ein selbstgebautes Gewächshaus. Mit Warmwasser-Heizung. Und Solarantrieb.
Frau Nessy, ich erblasse vor Neid und Bewunderung! Ich hoffe Sie lassen uns hier im Blog an all den wunderbaren selbstgebauten Gartenereignissen teilhaben. Und ich fühle mich herausgefordert, selbst DIY-mäßig tätig zu werden – das wäre dann auch eine tolle Begründung, ganz viel neues Werkzeug zu kaufen!
Es grüßt,
der Ponder
Sie wissen . Wir wissen es. Sie werden für all die Schinderen hoch belohnt werden !
Jaaaaaaaaa.
//*seufzt zart
Gratulation! Selfmade macht einfach mehr Freude, ich weiß. Ihre Motivation ist einfach beeindruckend!
Klasse ! Ich erblasse vor Neid, bei soviel handwerklichem Geschick ! :-)
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