Draußen nur Kännchen Kaffeehaus mit ♥

Bücher im Juni und Juli

23. 7. 2012 8 Kommentare Aus der Kategorie »Lektüre«

In den vergangenen eineinhalb Monaten gelesen:

Bücher im Juni und Juli

Markus Beckedahl, Falk Lüke. Die digitale Gesellschaft.
Untertitel: „Netzpolitik, Bürgerrechte und die Machtfrage.“ Beckedahl/Lüke reißen alles mal kurz an: Freiheit, Terrorismus und Internet; Schule, Wissen und Internet; Geld, Wirtschaft und Internet; Netzpolitik, Urheberrechte und Internet. Das Buch ist eine gute Zusammenfassung, bleibt aber rein deskriptiv und steigt nirgendwo tief ein. Es ist nützlich, um den Eltern mal zu zeigen, warum so vieles Mist ist, was übers Internet gesagt und geschrieben wird. Wer das bereits weiß, findet nicht viel Neues.

Paul Beldt. Wollmann widersetzt sich.
Bernd Wollmann ist Hausmann, Blumenliebhaber, verheiratet mit Jutta und zeltet seit Neuestem im Garten des gemeinsamen Hauses. Wie es dazu kommt, erzählt Paul Beldt in einer kleinen Geschichte – launig und kurzweilig. Die Story selbst ist nicht tiefschürfend und manchmal etwas übertrieben, prima ist aber, dass der Autor Bernds Charakterstudie bis zum Ende durchhält. Ich hab’s gern gelesen – eine gute Zug- und Liegestuhllektüre.

Rebecca Hunt. Mr. Chartwell.
1964. Die Bibliothekarin Esther Hammerhans möchte ein Zimmer untervermieten. Einziger Bewerber ist ein großer, schwarzer Hund, der sich als „Mr. Chartwell“ vorstellt und vorgibt, aus beruflichen Gründen in der Stadt zu sein. Esther findet ihn äußerst unangenehm, nimmt ihn aber trotzdem bei sich auf. „Der schwarze Hund“ – so hat Winston Churchill seine Depression genannt. Ihn nennt Mr. Chartwell auch als seinen Auftraggeber. Der Ausgangspunkt des Buches ist gewitzt; die Geschichte selbst nicht immer. Beim Lesen dachte ich mehrmals: „Da muss doch jetzt noch ein Höhepunkt, eine Pointe kommen!“ Kommt aber nicht. Trotzdem kann man das Buch gut lesen.

Margaret Mazzantini. Non ti muovere. (Geh nicht fort).
Timoteos Tochter Angela hat einen Unfall und wird ins Krankenhaus eingeliefert. Während sie in Lebensgefahr schwebt und operiert wird, legt Timoteo Rechenschaft über sein Leben ab und erzählt die Ereignisse rund um Angelas Geburt, als er eine Geliebte hatte, sie schwängerte, seine schwangere Frau verließ und … nein, ich verrate nichts weiter. Die Geschichte klingt nach Klischee, ist jedoch vorsichtig, hintersinnig und und mit feinem Gespür für Timoteos Charakter erzählt. Ich wusste während des Lesens nicht, ob ich ihn verachten oder verstehen soll. Ein überaus gutes Buch.

Klaus Hoffmann. Philipp und die Frauen.
Ich gebe zu: Ich neige momentan dazu, Bücher über Männer in mittleren Jahren zu lesen. Die Story diesmal: Ein Schauspieler fährt auf eine Nordseeinsel, wohnt in einem Haus mit drei Frauen und rekapituliert sein Liebesleben. Diesmal ist die Geschichte jedoch fahrig erzählt, nichts findet zueinander, und auch der Stil ist wenig erhebend.

Moritz Rinke. Der Mann, der durchs Jahrhundert fiel.
In Worpswede droht sein Elternhaus im Moor zu versinken. Paul Wendland-Kück macht sich deshalb auf, um sein Erbe zu retten, und kehrt zurück an den Ort seiner Kindheit, der Künstlerkolonie mitten im Teufelsmoor.  Die Figuren sind herrlich verschroben, die Geschichte einfallsreich und die Atmosphäre dicht. So wird Pauls Onkel, der das Haus seit dem Fortzug der Familie allein bewohnt, allgemein „Nullkück“ genannt, weil er angeblich kein richtiger Kück ist. Von seinem Trecker aus hat der wortkarge Nullkück den Frauen in seiner Jugend Liebesbriefe zugeworfen; heute bewahrt er die übergroßen Bronzemenschen im Garten des Künsteranwesens vor dem Absinken. Das Buch hat ein paar Längen, alles in allem aber trägt die Geschichte und nimmt zum Ende hin noch einmal Fahrt auf.

Maarten ‚t Hart. Das Wüten der ganzen Welt.
Als Kind beobachtet der Komponist Alexander Goudveyl den Mord am Polizisten Vroombout. Das Verbrechen lässt ihn nicht los; während seiner gesamten Jugendzeit, sogar bis ins Studium hinein, sucht er immer wieder nach dem Mörder, sammelt Indizien und landet in Sackgassen. Das Buch verknüpft geschickt die Geschichte Alexanders mit der Geschichte einer Kleinstadt, in der sich wiederum die Geschichte der Niederlande nach dem Zweiten Weltkrieg spiegelt. Ein gutes Buch, das unaufdringlich und leise erzählt.

Kommentare

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  1. Ich wollte einfach mal nur danke sagen, weil ich hier immer so gute Buchtipps für meine Frau bekomme (Geschenke!) – da ich selber nie Romane oder Erzählungen lese, bin ich immer ganz dankbar, aus -wie ich finde- berufenem Munde Rezensionen zu lesen.

    1. Nessy sagt:

      Sagen Sie mir gerne, was Ihrer Frau gefallen hat. Wenn ich das Buch kenne, kann ich vielleicht Ähnliches empfehlen.

  2. crocodylus sagt:

    Ich liebe Maarten ‘t Hart.
    Ich LIEBE Maarten ‘t Hart.

    1. Nessy sagt:

      Ich habe bislang zwei Bücher von ihm gelesen. „Das Wüten der Welt“ gefiel mir gut, „Der Schneeflockenbaum“ war so mittel.

    2. crocodylus sagt:

      Die neuen kenn ich nicht, es fing an mit dem Schwarm Regenbrachtvögel. Und danach die folgenden, sehr gut beobachtet, mit langsam beschriebenen aber spannenden Handlungen. Ich mag die Situationen, gesehen aus der Sicht eines Kindes, und die Zwänge, unter denen es leidet.
      Seine Sprache hat einen Klang, eine Melodie.

  3. Mascha sagt:

    Ja, solche Tipps sind toll. Ich lese meist nur Klassiker und es kommt nicht immer gut ein 5 Kilo schweren „Krieg und Frieden“ Wälzer zu verschenken ;)

    1. Nessy sagt:

      Meistens kommt die leichtere Literatur besser an, oft sogar im doppelten Sinne.

  4. Filinchen sagt:

    Die beiden letzten Bücher sprechen mich an; ich werde sie gleich bestellen.
    Aber: Wo ist Ihr Bücherhund? Ist er etwa ohne Sie in Urlaub gefahren?

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