Draußen nur Kännchen Kaffeehaus mit ♥

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Disputation

9. 07. 2012  •  49 Kommentare

Heute habe ich Wein und Pralinen gekauft.

Der Wein ist für meinen Doktorvater: ein Château Grange Neuve Pomerol 2009. Die handgemachte Ruhrgebietspralinen sind für meinen bayerischen Zweitkorrektor. Allerdings bekommen die Herren die Geschenke erst nach der morgigen Disputation, sonst wäre es ja Bestechung und kein Dank für die Betreuung.

Drücken Sie mir bitte die Daumen. Früher Nachmittag.

Ach ja, und falls ich nicht bestehe: Dann kriegen die beiden natürlich nix. Mein Vater hat sich stattdessen aufopferungsvoll bereiterklärt, noch am gleichen Abend den sündteuren Wein mit mir zu versaufen und dabei alle Pralinen zu verdrücken. Wie tröstlich.

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9. 07. 2012  •  23 Kommentare

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An der Bushaltestelle

6. 07. 2012  •  35 Kommentare

„Sommergrippe?“, fragt er.

Ich sitze an der Bushaltestelle. Der dicke, alte Mann neben mir trägt eine Glatze mit Baseballkappe, dazu Polohemd, Goldkettchen und Joggingbuxe. „Hab‘ ich auch“, sagt er und hustet nachdrücklich. „Is‘ manchma‘ noch schlimmer als im Winter.“

Ich bejahe.

„Kommze vonne Schicht?“, fragt er. Er sitzt breitbeinig da. Seine rechte Hand stemmt sich auf seinen Oberschenkel, der schrundige Ellbogen ragt in die Luft. Der andere Arm ruht auf seinem anderen Oberschenkel, die Hand baumelt in seinem Schritt. Ich bejahe wieder.

„Ich mach‘ ja nur noch Nachtschicht“, sagt er. „Sonst sauf’ich zu viel. Weil, watt willze sonst machen, wennde um 14 Uhr nach Hause kommst. Kannste nix anderes machen, machste Pulle Bier auf und noch eine und noch eine. Kommste nur ans Saufen. Ich bin ja alleinstehend, woll, ich hab‘ keinen. Deshalb mach‘ ich nur noch Nachtschicht. Dann kann ich morgens pennen, und am Nachmittach is‘ nich‘ mehr lang bis Nachtschicht.“

Er nimmt seinen Arm vom Oberschenkel und reibt sich mit dem Handrücken laut schiefend unter der Nase entlang. „Dabei hab‘ ich schomma versucht, nochma‘ ’ne Frau kennenzulernen“, sagt er.  „Hab‘ sogar 80 Zuschriften gekricht. Hatte so’n Profil im Internet und inne Zeitung. Macht man ja getz nich‘ mehr, inne Zeitung, abba ich hab’s gemacht, weil, ich bin ja schon ’n gesetzteren Herrn, da kann man dat machen. Abba die woll’n alle nur mein Geld.“

Ich gucke wohl etwas ungläubig, denn, mal ehrlich, er sieht nicht aus, als habe er Reichtümer zu verteilen.

„Denkste, ich hab‘ keine Kohle, nä? Ich hab‘ dreitausend jeden Monat. Ich war auf Zeche, und dann Staublunge, schwerbeschädigt, lebenslange Rente. Dazu Nachtschicht in Sekuriti – abba nur, um unter Leute zu kommen. Ich kann Geld scheißen. Bis Februar hatte ich ’ne Geliebte, 35 Jahre jünger, nettes Mädken, Polin. Habse von oben bis unten eingekleidet. Im Januar war ich mit ihr auffe Kanaren, obwohl da schon Schluss war, abba egal, alleine is‘ ja auch Mist, also hab‘ ich sie nochma‘ ausgeführt. Abba ich hab‘ ihr gesacht: ‚Hömma‘, hab ich gesacht, ‚machen wa‘ nich‘ Mann und Frau, machen wa Vatta und Tochter, wenn jemand fragt, woll.‘ War mir sonst zu peinlich. Und weißte, watt passiert is? Weißte?“

„Die Typen am Pool haben sie angegraben.“

„Abba sowatt von! Dann bin ich zu denen hin und hab gesacht: ‚Hömma‘, hab ich gesacht, ‚lass deine Finger von mein Mädken, die geht verlobt. Die heiratet in zwei Monate.‘ Abba hat nich‘ geklappt mit der. Am Ende wollnse alle nur mein Geld.“

Hinten an der Ampel steht schon der Bus. Gleich wird er an der Haltestelle vorfahren. Ich stehe schonmal auf.

„Schade“, sagt er. „War schön, mit dir zu sprechen. Weißte, wennde nach Hause kommst und da is‘ niemand, datt is‘ schon scheiße. Aber wennde da sitzt und weißt, da kommt auch niemand, datt tut so richtich weh.“

Schnaufend hält der Bus. Die Reifen quietschen am Bordstein.
„Komm gut nach Hause, woll“, sagt er.
„Alles Gute“, sage ich.



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