Draußen nur Kännchen Kaffeehaus mit ♥

Eine Reise nach Belgien. Die Schlacht von Waterloo. Ehrlich Brothers. Lektüre. Und eine Blindschleiche.

22. 5. 2023 10 Kommentare Aus der Kategorie »Tagebuchbloggen«

Nicht das Schatöchen | Langjährige Follower erinnern sich: Einmal im Jahr fahre ich gemeinsam mit Freunden auf ein französisches Landschloss – hier die Erzählung aus dem vergangenen Jahr. Ein verlängertes Wochenende lang gibt es kein Programm. Jeder tut, was er möchte. Wer Auflüge machen möchte, tut dies; wer nicht, der nicht. Wir kochen gemeinsam, trinken gemeinsamen, plaudern – und wer grad keine Lust hat, zieht sich in sein Schlafzimmer oder zu einem Spaziergang zurück. Ein gutes Arrangement.

Das Schatöchen zeigte im vergangenen Jahr deutliche Spuren eines Renovierungsstaus. Nach einem Besitzerwechsel haben die neuen Schlossherren den Mietpreis überdies um sechzig Prozent erhöht. Das war uns Anlass zu sagen: Andernorts ist es auch schön!

Das Ergebnis: ein Landhaus in der Wallonie.

Landhaus aus Backstein mit geöffneten Fensterläden, davor bunte Blumen.

Besondere Kriterien zur Auswahl des Ortes gab es nicht: Es musste hübsch sein, ausreichend Schlafzimmer für die Reisegruppe haben und preislich passen. So landeten wir in der Nähe von Rebecq, dreißig Kilometer südlich von Brüssel. Wir fühlten uns sofort heimisch, denn es roch genauso wie auf dem Schatöchen: zart angestaubt, nach alten Dielen und schweren Polstern.

Rebecq, so lasen wir, habe zehntausend Einwohner. Wir sahen uns um, blickten über die Felder, und fragten uns, wo. Wir flanierten durch unsere Nachbarschaft, die Gegend wirkte zersiedelt: Entlang kleiner Straßen und Wirtschaftswege reihten sich Häuser, neue und renovierte Backsteinhäuser, große Anwesen. Wir fragten uns, ob man hier wohnt, wenn man in Brüssel arbeitet.

Beim Abendessen entdeckten wir, dass wir in der Nähe von Waterloo sind; jenes Waterloo, an dem die Napoleon in die Schlacht zog; weniger Geschichtsaffinen aus dem gleichnamigen ABBA-Song bekannt. Ich zog sämtliche Schubladen in meinem Gedächtnis auf, fand dort allerdings keine Erinnerung an Unterrichtsstunden, weder in Musik noch in Geschichte, und stimmte dafür, diesen Ort am nächsten Tag zu besichtigen.

Seit ich keine Schule mehr besuche, interessiere ich mich für alle Dinge, die ich dort langweilig fand. Physik zum Beispiel – oder eben Geschichte. Beides wurde mir von Lehrer:innen dargebracht, die zwar nett waren, die sich didaktisch aber eher am unteren Ende der Skala aufhielten.

Waterloo hatte ich bislang immer mit Großbritannien assoziiert, aus unbekannten Gründen auch mit einer Seeschlacht. Als wir jedoch dort ankamen, sah ich weder Meer noch Schiffe, sondern eine wellige Landschaft und einen hohen Hügel.

Auf den Hügel kann man hochsteigen: Es sind vierzig Höhenmeter, 226 Stufen, und wer dort nicht täglich hochstapft, muss zwischendurch mal anhalten. Von oben hat man dann eine wunderbare Aussicht über das Schlachtfeld.

Blick über eine wlelige Landschaft mit Feldern und Wiesen, im Vorgergrund ein rundes Gebäude.

In dem runden Ding unten befindet sich ein Panoarama der Schlacht, handgemalt aus den 1920er Jahren. Es roch dort genauso wie im Landhaus.

Die Schlacht selbst ist inzwischen besser dargestellt, museumsdidaktisch einwandfrei. Neben dem Gebäude gibt es eine unterirdische Ausstellung. Deren Herzstück ist ein 3D-Film der Schlacht. Ich stand inmitten der kämpfenden Truppen, die Kavallerie rannte auf mich zu, Napoleon piekte mir mit seinem Fernglas in den Körper. Sehr eindrücklich.

Auch der Rest der Ausstellung ist prima. Ich habe viel verstanden und mich gefragt, wie wir wohl leben würden, wenn Napoleon in Waterloo gewonnen hätte. Wahrscheinlich hätten wir besser Croissants.

Lebensgroße Soldatenpuppen in einem Schaukasten

Neben dem Löwenhügel gibt es eine Brassiere Brasserie, und in der Brasserie gibt es einen Burger, benannt nach General Wellington, der die englischen Truppen anführte. Wir bestellten einige Generäle, um uns ganz den geschichtlichen Ereignissen hinzugeben.


Ehrlich Brothers | Gemeinsam mit dem Reiseleiter musste ich einen Tag früher aus Belgien abreisen. Aufgrund nicht mehr nachvollziehbarer Planungsmängel gab es eine Terminkollision: Wir hatten Karten für die Ehrlich Brothers, ein Weihnachtsgeschenk für die Kinder. Also fuhren wir am Samstag von Beglien nach Haltern, sammelten dort die Kinder ein, und fuhren weiter in die Dortmunder Westfalenhallen.

Die Kinder fanden die Show super. Ich fand sie durchwachsen. Die Großillusionen waren gut gemacht, wengleich die Tricks maximal durch den Fleischwolf gedreht wurden, um auch den letzten Gag rauszuholen. Zwischendurch boten die Brothers Close-up-Magie. Ich war viele Jahre lang mit einem Zauberer verheiratet; er hat bei seinen Auftritten in der Studentenzeit, irgendwann Anfang der 2000er Jahre, schon genau die gleichen Tricks aufgeführt. Ich war hart unterwältigt. Zwischendurch Geschlechterklischees. Nun ja.


Schlauer werden | Das Tolle an meinem Job ist, dass ich selbst sehr viel lerne. Meist geschieht das mit Fragestellungen, die knapp neben dem liegen, was ich schon weiß und kann. So kam ich seinerzeit zu meiner Mediations-Weiterbildung: Ich arbeitete mit Teams und fand, dass ich mehr Werkzeuge brauchte, um Konflikte zu klären. Oder zu meiner ITIL4-Foundation: Ich war bei einem IT-Kunden unterwegs, hatte auch die ITSM-Prozesse verstanden, wollte aber eine Grundbesattelung, um mit meinen Fähigkeiten besser an die interne Logik des Unternehmens anzudocken. Oder Verhandlungsführung: Mehrere Kunden standen vor entsprechenden Herausforderungen, ich wollte besser unterstützen.

Aktuelle Lektüre:

Fachbücher zu den Themen "Vergütungssysteme" und "New Pay", "Stufenentwicklung in der Praxis" "OKR" und "Umgang mit schwierigen Zeitgenossen":

Bereits gebuchte Weiterbildungen in 2023: Kanban System Design. Ich arbeite zwar schon mit Kanban (und vermittle mit großer Begeisterung den Mehrwert von WiP-Limits, um gleichzeitige Arbeit zu begrenzen), möchte mich aber dazu austauschen. Außerdem: Organisationsentwicklung kompakt. Auch hier kenne ich schon Einiges, möchte es aber vertiefen. Außerdem ist der Austausch mit den anderen Teilnehmer:innen ja meist genauso spannend wie die Weiterbildung selbst.


Wanderung | Ich war im Wald, und es war schön.


Angeguckt | Ralph Caspers, das Konzerthaus Dortmund und die Orgel – nur begrenzte Zeit online.

Gelesen | Der Gesang der Flusskrebse von Delia Owens, aus dem Englischen von Ulrike Wasel, Klaus Timmermann. Ein angenehmes Buch: Interessante, sich langsam (aber nicht zu langsam) entwickelnde Geschichte, die mehr und mehr ein Kriminalfall wird und schließlich in einem Gerichtsprozess endet. Ich mochte die verschiedenen Zeitebenen und dass mir die Protagonistin auch mal unsympathisch war.


Schweine | Aktuelles Insight:

Drei Meeschweine aus der Vogelperspektive, die erwartungsvoll nach oben schauen

So sieht das aus, wenn die Schweine auf Erbsenflocken hoffen. Stellen Sie sich ein wildes Quietschen dazu vor. V.l.n.r.: Mittagessen, Abendessen, Frühstück.


Und sonst | Heja BVB!

Kommentare

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  1. DIE MEERSCHWEINEEEEEE!
    (Vielen Dank auch für #DailyMeerschwein)

    1. Vanessa sagt:

      Gern. Es kristallisiert sich eine gewisse Schweine-Fan-Community heraus. :)

    2. Die Meerschweinchen sind auf jeden Fall süßer und kuschliger als die kleine Anaconda, die ich schnell überblättert habe.

  2. Johnny Chicago sagt:

    Brasserie! Nicht Brassiere! Arg sinnentstellender Tippfehler :)

    1. Vanessa sagt:

      Habe den Fauxpas umgehend korrigiert!

  3. speybridge sagt:

    Hallo,
    letztens habe ich einen spannenden Artikel zu Waterloo gelesen – echt ein bisschen spooky, aber ich halte das Geschilderte für realistisch:
    https://andreas-moser.blog/2023/01/10/waterloo/

    1. Aber hallo, natürlich ist das realistisch. Sogar real.
      Dafür bürge ich mit meinem Allerweltsnamen.

      Vielen Dank für die Empfehlung meines Reise- und Rechercheberichts!

    2. Vanessa sagt:

      Gerne gelesen! Ich fürchte, ich werde für weitere Berichte folgen müssen.

  4. Fujolan sagt:

    Hehe, Brassieren sind auch gut und nützlich aber satt wird mensch nur in der Brasserie.

    Darf ich um ein Emailchen bitten, falls das Haus getaugt hat? Biete im Gegenzug das nächste mal eine Stadtführung 30km nördlich von Rebecq, alternativ eine Wanderung im Hallerbos

    1. Vanessa sagt:

      Das Haus kann ich hier auf öffentlich teilen: Voilà! Fazit: Insgesamt tauglich. Es ist nicht mehr alles niegelnagelneu, um es vorsichtig zu sagen; man muss es als Teil des Konzepts sehen. Insgesamt empfehlenswert.

      Falls es uns im kommenden Jahr wieder in die Gegend verschlägt, komme ich gerne darauf zurück!

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