Draußen nur Kännchen Kaffeehaus mit ♥

Zehn unsortierte Gedanken

24. 2. 2022 13 Kommentare Aus der Kategorie »Tagebuchbloggen«

Gedanke I | Erster Gedanke heute Morgen: Das kann nicht sein. Ich verstehe es nicht, ich verstehe diese Invasion nicht. Wenn es rational nachvollziehbare Gründe gäbe, sich die Ukraine einzuverleiben, Gedankengänge, die man nachverfolgen könnte – nichts, was man gutheißt natürlich, aber Sie wissen schon, irgendeine Logik – , dann gäbe es einen Ansatzpunkt für eine kluge Reaktion. Ich verstehe nicht, welche Zukunft sich aus dem Einmarsch ergeben soll.


Gedanke II | Größenwahn. Auf Größenwahn gibt es keine Reaktion, die nicht in eine Katastrophe führt, weil der Größenwahnsinnige jede Handlung des Gegenübers willkürlich und cui bono interpretiert. Genauso wie der Unsichere und Gekränkte.


Gedanke III | Das Zusammentreffen vom Beginn eines Krieges mit dem Beginn des Straßenkarnevals macht die Geschehnisse noch verstörender – im Allgemeinen und im Speziellen als WDR-Hörerin.


Gedanke IV | Dabei ist Russland ein kulturell reiches Land mit wunderbaren Menschen. Das dürfen wir nicht vergessen. Trotz allem.


Gedanke V | Ich bin ja doch froh, die Regierung zu haben, die wir gerade haben. Man stelle sich vor, da säße jetzt Herr Laschet.


Gedanke VI | Vielleicht könnten Frau Baerbock und die Frau Bundeskanzlerin a.D. ab und an telefonieren. Kleines Soundingboard. Machen Sie bestimmt, sagen sie nur niemandem. Im Übrigen: Gute Arbeit dort im Auswärtigen Amt, so gut man das grad beurteilen kann, ich habe ja keine Ahnung. Herrje, Frau Baerbock hat sich ihre ersten 100 Tage im Amt sicher anders vorgestellt.


Gedanke VII | Ist das Ziel die Degradierung und Zerstörung der europäischen Demokratien? Der Historiker Kamil Galeev (Linked.In), Fellow on Human Rights and Conflict Resolution beim amerikanischen Woodrow Wilson Center schenkt uns zwei erhellende, lange, aber lesenswerte Ausführungen auf Twitter:

Ein Aufsatz aus seriöser Quelle wäre mir lieber als ein Twitter-Thread. Aber Herrn Galeev scheint es tatsächlich zu geben – auch als denjenigen, der er vorgibt zu sein. Also nehmen wir es mal so, wie es ist. Es schließt ein wenig mein Logikloch.


Gedanke IX | Angst – auch so ein Wort, das heute fiel. Das Gegenteil von Angst ist ja nicht, wie man zunächst denkt, Mut; der Mut zum Angriff oder der Mut zu starken Handlungen.

Das Gegenteil von Angst ist Vertrauen. Ich möchte vertrauen auf Europa, auf unsere Politikerinnen, auf die Weltgemeinschaft, auf diejenigen Russen, die nicht hinter diesem Krieg stehen, auf die Vernunft und auf den gemeinsamen Wunsch nach Frieden.


Gedanke X | Knapp eine halbe Million Corona-Neuinfektionen, 743 Verstorbene in den ersten drei Tagen dieser Woche laut Zeit Online. Und Klimakatastrophe natürlich, fortwährend. Nur halt nicht so offensichtlich. Vor der Kulisse der Marschflugkörper ein zartes Gefühl von Apokalypse.


Grundgefühl | „Ich möchte nicht weiter darüber nachdenken.“

Kommentare

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  1. Alexandra sagt:

    In den Achtzigern
    habe ich so eine ähnliche „Endzeitstimmung“ auch mal gesehen, sozusagen.

    Frustration, WARUM?!, Unverständnis und Angst, das war nicht anders als heute.

    Natürlich kann und will ich das, was da geschieht, deswegen nicht lapidar abtun, da sträubt sich mir alles.

    Meine unsortierten Gedanken dazu:

    Ey, dieses Land hat elf(?) Zeitzonen, wir soll da irgendwas auf unter einen Hut kommen!? Geschweige denn, sich über einen Kamm scheren lassen …

    Uh, Laschet – erinnern Sie mich nicht an den!

    Ja, Baerbock – nicht zu beneiden.

    Jedenfalls, wenn das tröstet – gemachte Erfahrungen mit solchen Szenarien lassen trotz aktueller Empörung und „nicht-abtun-wollen“ bei mir etwas mehr Platz für Zuversicht entstehen. Etwas.

  2. Alexandra sagt:

    P.S.: Mit etwas Abstand betrachtet – vielleicht ist das ja zyklisch!?

    1. Ellen sagt:

      Historiker:innen zucken nur mit den Schultern. Längere Friedenszeiten sind das Außergewöhnliche.

  3. mareibianke sagt:

    Ich hatte ähnliche Empfindungen, als damals die Flugzeuge in die Türme krachten.
    Warum überhaupt noch irgendwas planen? Die Welt, wie wir sie kennen, fliegt in Stücke.
    In großer Sorge…

    1. Ina sagt:

      Oh ja, daran musste ich gestern auch denken! Ich war damals 2001 auf einer Fahrt durchs einsame Wendland, einzige Infoquelle das Autoradio. Ich kann mich heute noch sehr gut an diese Ohnmacht und die Angst vor einem Krieg erinnern. Es war furchtbar.

  4. Ich kann Ihren Gedanken sehr gut folgen.

  5. Alex sagt:

    Philosophischer Steigbügel: Morgen existiert gar nicht. Kann also auch keiner Einfluss drauf nehmen.

  6. Lena sagt:

    Danke, ich dachte, ich bin zu müde und zu uninformiert um diese Gedanken zu irgendwas logischem zu Ende zu denken. Ich verzichte im Moment tagsüber auf Nachrichten. Apokalypse in homöopathischen Dosen, quasi.

  7. Beate sagt:

    Gestern fuhr ich hier durch die weitgehend abgeholzten Wälder (Sauerland, Sie kennen das) und hörte ebenfalls WDR.
    Also akustisch abwechselnd Krieg, Karneval, Corona – optisch alles grau in grau, Abforstung und Sturmbruch.
    Endzeitszenario.
    Ich möchte eigentlich auch nicht darüber nachdenken, aber ein Gedanke kam mir doch: Wenigstens ist Trump jetzt nicht gerade US- Präsident.

  8. Chrissie sagt:

    Guten Morgen, kann Deine gestrigen Gedanken alle so unterschreiben. Es ging mir ähnlich. Noch einen dazu: Wenn er, wie er behauptet, die Sanktionen aussitzen kann, weil er darauf vorbereitet ist und die marode Wirtschaft seines Landes locker am laufen halten kann – wie lange hat er dann das Ganze schon vorbereitet?

  9. Al CiD sagt:

    Man hat Putin über all die Jahre seine Spielchen ohne Konsequenzen („Finger heben“ gilt nicht als solche) spielen lassen, sei es in Syrien, in Nordafrika, oder eben in der Ukraine (Krim, Luhansk und Donezk)…

    Die Wirtschaftsinteressen waren ja immer zu groß, als dass man mehr „gewagt“ hätte als den Finger zu heben (für die Presse!), ansonsten wurde alles toleriert.

    Man hat auch ohne weiteren Kommentar weggeschaut, als Putin sich mit der Türkei gegen die NATO/EU verbrüdert hat. Das Gleiche gilt für den offensichtlichen Schulterschluss mit China…

    Beide Aktionen galten in meinen Augen schon als Schachzug für die jetzige Invasion in die Ukraine, braucht er sich um die weiteren Flanken (China, Türkei) nicht zu sorgen, sogar ein NATO-Mitglied (Türkei) wird meines Erachtens im Moment eher diese aufs Spiel setzen und kündigen als sich gegen Putin zu erheben.

    Das Spielchen ist erst der Anfang, fürchte ich
    .

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