Draußen nur Kännchen Kaffeehaus mit ♥

Was das Renovieren angeht, kenne ich es so: Frauen reißen Tapete ab, Männer mauern, tapezieren, verputzen, streichen, legen Leitungen, Laminat und Parkett, bohren und schrauben. Die Frauen schmieren währenddessen Schnittchen. Am Ende machen sie den Dreck weg.

Mein Vater hat mich immer dazu erzogen, selbstständig zu sein. Das fing an, indem er mich ermutigte, hoch zu schaukeln, tief zu tauchen, über Baumstämme zu balancieren und überhaupt alles zu tun, wovor ich Angst hatte.

Kaum hatte ich den Führerschein, zeigte er mir am rechten Hinterrad unseres Autos, wie man einen Reifen wechselt. An den drei übrigen Reifen des Autos musste ich ihm anschließend vorführen, ob ich es verstanden hatte. Das war eine gute Idee, denn ich habe seither schon fünfmal einen kaputten Reifen wechseln müssen, meist irgendwo in der Pampa.

Er hat mir außerdem gezeigt, wie man einen Lkw lenkt. Deshalb bekam ich einen Sommer später einen Ferienjob im Messebau, bei dem ich mit einem 7,5-Tonner durch die Gegend fuhr. Seither kann ich Messestände aufbauen, mit Hubwagen und Ameisen herumfahren, ladungssicher beladen und alle Fahrzeuggrößen einparken.

Mein Vater hat mir nie etwas abgenommen, sondern mir stattdessen gezeigt, wie es geht. Ich komme daher gut im Alltag zurecht. Ich kann anstreichen, tapezieren, Lampen, Steckdosen und Klodeckel anbringen – und vor allem: Wenn ich etwas nicht kann, lerne ich es einfach. Ich denke mir nämlich: Die ganzen Typen um mich herum, die haben in der Regel ja auch keine dreijährige Lehre gemacht, bevor sie irgendein Werkzeug in die Hand nehmen. Die machen das einfach. Also mache ich es auch. Papa sei Dank. (Im Zweifel gibt’s bei Youtube ein Video dazu.)

Putz im Eimer

Kein Muffinteig, aber so ähnlich.

Am Wochenende habe ich deshalb das erste Mal in meinem Leben verputzt. Das ist nicht so schwierig, wie es sich zunächst anhört. Genaugenommen ist es überhaupt nicht schwierig. Nach einer halben Stunde, noch bevor der erste Putz im Eimer wieder trocken wurde, hatte ich einigermaßen raus, wie es geht.

Verputzte Kante

Argh! Zwei Putznasen!

Nach einem Tag war die ganze Sache dann leider auch schon wieder vorbei und das Zimmer war fertig. Schade.

P.S.: Auf das anschließende Abschleifen kann ich dann aber auch gerne verzichten.
P.P.S.: Ein Wochenende Hochleistungshandwerkern ist wie zwei Tage Bootcamp.

Kommentare

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  1. jpr sagt:

    Das wichtigste sagen Sie so mittendrin: Die meisten anderen haben es auch nicht vorher gelernt, sondern ueben macht’s (wuetende Vertreter des Handwerks, die an dieser Stelle auf Ausbildung, Qualitaet der Arbeit, Tempo und all die Widrigkeiten im Detail hinweisen wollen sind willkommen, aber selbstgemacht langt eben durchaus auch). Und das gilt gar nicht nur fuers Handwerken, sondern fuer quasi alles andere auch.
    //* Nur bei Strom ist es gut, wenn einem jemand vorher deutlich beibringt, dass man die Sicherung rausmacht. 220 Volt zeckt ordentlich, Schlimmeres bleibt vorbehalten. Naja, und vielleicht bei Gas.

    1. Nessy sagt:

      Sicherung vorher raus. Ja. Besonders, wenn man grad alleine ist und einen niemand wiederbeleben kann.

      Fliesen tue ich übrigens nicht. Das macht schön der Handwerker, vor allem schön gerade und eben. Heizung macht die Verwandtschaft (die richtige Verwandtschaft, nicht die – *zwinker! – „Verwandtschaft“).

  2. Einen tollen Vater haben Sie da abbekommen!
    Grüßen Sie ihn lieb von mir, ich werde mir ein Scheibchen von ihm abschneiden – so weit es meine Möglichkeiten zulassen. Auf manche Dinge hab ich aber auch nur einfach überhaupt keinen Bock! Ganz vorn dabei: Fahrradreifen flicken. Kann ich, aber laaaaangweilig! Da koch ich lieber als Dankeschön ein 5Gänge-Menü.
    Muss ja nicht jeder alles MACHEN, aber KÖNNEN, das ist schon was sehr Feines…

    1. Nessy sagt:

      So halte ich es natürlich auch. Manchmal. Hatte ich vergessen zu erwähnen. Hehe.

  3. binolia sagt:

    Hihi, erinnert mich doch stark an meinen Papa. Zusätzlich wurde ich noch zu Studienbeginn mit einer recht beachtlichen Werkzeugauswahl ausgestattet. Allerdings kein Schlagbohrer, schließlich mussten Vattern und Bruderherz ja einen Grund haben, die lange und beschwerliche Reise vom Niederrhein in den Pott anzutreten um mir irgendwas an die Wand zu bringen.

    1. Nessy sagt:

      Gute Werkzeuge – welch ein wunderbares Geschenk. Auf den ersten Blick erkennt man das vielleicht nicht so, aber mit der Zeit … Wie oft habe ich mich schon geärgert, dass ich keine vernünftige Zange zur Hand hatte!

  4. Nicht nur wegen solcher Sachen, aber auch wegen solcher Sachen hätte ich gern einen Vater gehabt, der länger als 8 Monate meines Lebens am Leben bleibt.
    Aber da ich meinen lieben Ex immer mindestens 3 mal an eine anstehende Arbeit erinnern musste, habe ich sie dann letztendlich immer selbst gemacht und auf diese Weise auch sehr viel Erfahrung gesammelt. Ich handwerkele lieber als dass ich koche – weil ersteres hält länger und ich habe mehr Freude daran.

    1. Nessy sagt:

      Och – kochen tue ich auch gerne.

      Sie haben Recht: Darauf zu warten, dass andere etwas erledigen, kann manchmal ganz schön lange dauern.

  5. CeKaDo sagt:

    Ich habe in den letzten drei Jahren hauptberuflich junge, ausbildungssuchende Menschen mit aktivem Coaching in die Ausbildung begleiten dürfen. Anfangs belächelten sie mich, wenn ich ihnen sagte, dass mir mein Opa immer folgende Worte vermittelte:

    „Ein Mann muss alles können, was eine Frau kann. Wenn er nicht eines Tages abhängig sein will.“ Gleiches gilt für Frauen in Bezug auf Männer. Also kann ich als Mann selbstverständlich bügeln, waschen, kochen, nähen, flicken und alle anderen Dinge des Lebens.

    Und ich habe meiner Tochter alles gezeigt, was ein Mann kann. Damit sie niemals davon abhängig wird, dass ein Kerl ihr etwas erledigt. Außer sie will es. Zum Beispiel nachts um drei Uhr im Regen auf der Autobahn den Schirm halten, während ER den Reifen wechselt …

    1. Nessy sagt:

      In solchen Situationen kann man sich ruhig mal auf alte Rollenbilder berufen und ihm einreden: „Du willst es doch auch.“

      Sagen Sie Ihren jungen, ausbildungssuchenden Leuten auch : Wenn ein Mann Frauensachen kann, erhöht das seine Chancen beim anderen Geschlecht. Einen Mann, der sich nicht mal einen Knopf annähen kann, kann ich nicht ernst nehmen.

  6. „Kaum hatte ich den Führerschein, zeigte er mir am rechten Hinterrad unseres Autos, wie man einen Reifen wechselt.“
    Das ist toll !!! So hätte ich mir das gestern mit meiner Tochter, die seit 2 Wochen den Führerschein hat, auch gewünscht, als ich sie vom Praktikum abholte und sie nach Hause fahren ließ.
    Aber sie wollte keine Tipps, keine Ratschläge, noch nicht einmal zur Übung durchs Wohngebiet fahren. Das einzige, was ich zu hören bekam, war wieder: „Ich bin müde! Ich muß mir die Haare waschen! Ich brauche eine Pause! Ich will nach Hause! Ich kann das auch alleine! Ich weiß schon was ich mache! Ich habe Hunger!“
    Tja … man muß als Tochter auch der Typ dafür sein, etwas anzunehmen.

    1. Nessy sagt:

      Mmmh – wenn ich so überlege, hatte ich gar keine Gelegenheit, Widerworte zu geben. Ich wurde auch nicht gefragt, ob ich Sachen wissen will, sondern genommen und: „Hier, ich zeig dir jetzt, wie man einen Reifen wechselt …“ – und schon ging’s los.

      Zur Übung sind wir auch gefahren. Weil das Auto damals, anders als das Fahrschulauto, noch einen Choke hatte. Das war etwas frickelig.

  7. flyhigher sagt:

    BOAH, Frau Nessy! Selber verputzen ist schon grenzgenial! Und der Vergleich mit dem Bootcamp ist sehr treffend. Ich hab mal mit Freunden ein Dach abgedeckt. Werd ich nie vergessen, da hatte ich tagelang was davon. Hab in meinem Leben noch nie so schwer gearbeitet, und werde hoffentlich auch nicht mehr. Hilite dieses Tages war, mit der Hilti den Kamin abtragen. Oberaffengeil. Gibt’s Fotos davon. Sehe aus wie Rambo :-)!
    Im Zerstören bin ich ganz gut ;-). Beim Wiederaufbau lass ich dann lieber Profis ran, weil ich mich vielzuviel über mich selbst ärgere, wenn etwas nicht so aussieht, wie ich es gerne gehabt hätte. Dann muss ich das immer ansehen und der Ärger nimmt kein Ende. Da bin ich lieber auf den Professionisten sauer ;-).
    Und der Schneeleopard hat recht: Es gehören immer 2 dazu. Einer, der die Muße hat, einem was beizubringen, und einer, der auch was lernen will.

    1. Nessy sagt:

      Aufs Dach? Ui-jui-jui. Respekt. Das ist auch nicht ohne. Gar nicht.

  8. Oh ja, so war das bei uns auch!
    Mein Papa hatte ja zwei Töchter und aus dem ‚Halt mal hier fest!‘ wurde sehr schnell ein ‚Und jetzt kannst du mal, hast doch zugesehen!‘.
    Und da ich dann auch noch einen handwerklichen Beruf gelernt habe, trau ich mir auch so einiges zu. Und ausser LKW darf ich auch landwirtschaftliche Maschinen bewegen, also Traktor und Mähdrescher samt Dreschwerk in voller Action auf dem Feld. Großer Spaß!!!

    1. Nessy sagt:

      Landwirtschaftliche Maschinen … //*brummt versonnen

  9. jukefrosch sagt:

    Ich beneide Sie fast um Ihre Kennnisse.
    Mein Vater ist technisch sehr begabt und macht alles mögliche, aber beigebracht hat er mir leider nicht viel.
    Ich war allerdings auch nicht wirklich dran interessiert, als ich noch zu Hause wohnte.

    Immerhin, dank ihm habe ich anständiges Werkzeug und einen ordentlichen Schlagbohrer.
    Mein Mann hats handwerklich eher nicht so drauf, daher bin ich fürs Löcherbohren und Streichen o.ä. zuständig.

    Im Großen und Ganzen sehe ich es wie Sie: Man muss sich nur dranbegeben. So schwierig ist es meist gar nicht.

    Nur Lampen anbringen kann ich immer noch nicht…

    1. Nessy sagt:

      Irgendwas muss der Mann ja auch noch machen. Oder ist er bei Kampen auch nicht so firm?

    2. jukefrosch sagt:

      Nee, Lampen kann bei uns keiner anbringen. Werde es mir aber sicher irgendwann beibringen lassen. Und den Mann auch dazu zwingen, der hat nämlich schlicht kein Interesse an solcher Arbeit. ^^

  10. J sagt:

    Ich habe noch nie verputzt, aber seit dem letzten Wochenende kann ich sagen: Ich liebe das Verputzen! Ist ein bisschen wie meditieren.
    Das Abschleifen danach – wie Sie schon sagten – eher nicht. (Und alles, was mit dreilagigem Tapetenabkratzen zu tun hat, auch nicht, aber das nur so nebenbei.) Liegt auch an dem entstehenden Staub, der sich quer durch alle Ritzen in der Wohnung verteilt.

    1. Nessy sagt:

      Man kommt auch schnell voran und sieht das Ergebnis. Anders als bei Bürotätigkeiten. Das ist sehr befriedigend.

  11. Selber Verputzen würde ich nur empfehlen wenn man A) ziemlich geschickt ist oder B) später drübertapeziert.
    Bei meinem Schlafzimmer war leider beides nicht der Fall :((

    1. Nessy sagt:

      Ja, ich tapeziere drüber.

      Freunde haben allerdings verputzt, die Wand dann so belassen, und es sieht sehr schön aus. Scheint also kein Hexenwerk zu sein (so generell).

  12. Sabine sagt:

    die Bereiche Strom und Klempnerei überlasse ich gerne den Fachleuten, Tapezieren kann ich leider nicht, den Rest würde ich zumindest versuchen bzw. kann ich, aber ehrlich gesagt habe ich nicht viel Spaß geschweige denn Lust auf Heimwerkerei, deswegen läuft es eher auf ein Geben und Nehmen hinaus (Kuchen gegen Tapete oder so;-) Und ich kann Garten, das eignet sich auch als Tauschleistung.

    1. Nessy sagt:

      Garten ist total entspannend. Abgesehen von Rasenmähen.

  13. jule sagt:

    Bravo! Genau so halte ich es auch. Ich habe meinen Vater auch gebeten, mir zu zeigen, wie man Reifen wechselt und mir den Akkuschrauber gemoppst. Ich will nicht von Männern abhängig sein und warten, bis sie mir endlich das Regal an die Wand schrauben. Ich will es selber machen und zwar gleich. Liebe Frauen, es ist wirklich nicht so schwer und Männer können es auch nicht perfekt ;)

    Liebe Hrüße

    1. Nessy sagt:

      Ich bin schon froh, wenn ich es nicht selbst machen muss. Aber schön zu wissen, dass ich es selbst machen kann.

  14. Matthias sagt:

    Eigentlich will ich ja garnicht den Klugscheißer geben, aber:
    Ziemlich sicher meinen alle hier wenn sie sagen „Reifen wechseln“ eigentlich „Rad wechseln“. Also das schwarze Gummiding zusammen mit dem Metalldingens in der Mitte (Felge) am Auto ab- und wieder dranschrauben.
    Beim Fahrrad wechsel ich auch den Reifen, aber beim Auto reicht es mir, wenn ich weiß wo die nächste Werkstatt ist.

    1. Nessy sagt:

      Was würden wir nur ohne Sie machen! Beim nächsten Mal hätt‘ ich doch glatt das Gummi von der Felge gezogen.

    2. Matthias sagt:

      Genau so wollte ich ja eigentlich nicht rüberkommen.

      Wenn ich von Strafwürfen und roten Karten beim Handball reden würde, käme vielleicht auch eine Anmerkung von Ihnen.

      Oder wenn mir jemand erzählt, er hätte alle Schränke in seinem Zimmer selbstgebaut – dann frage ich auch schon mal nach, ob er tatsächlich mit Kreissäge, Fräse und Leim in der Werkstatt gestanden hat oder ob er einen Ikea-Bausatz aufgebaut hat.

      Ich finde Frauen, die selbst anpacken, toll und wünschte mir, Mädchen würden nicht vielerorts von Eltern und Erziehern in das typische Rollenverhalten gedrängt. Ich kenne übrigens auch eine Frau, die wirklich Reifen wechselt.

  15. Blogolade sagt:

    Handwerkliches Geschick und Bierflaschen an Kisten, mit Feuerzeugen und mit allen möglichen anderen Gegenständen öffnen (zB einer Zeitung) das gehört zum Großwerden im Sauerland auf jeden Fall dazu. (Hoffentlich auch anderswo)
    Glückwunsch zur verputzten Wand!

    1. Nessy sagt:

      Bierflaschen an Fensterbänken öffnen: kann ich. Mit einer Zeitung, das kriege ich nicht hin. Abgesehen davon lese ich auf dem iPad, was in dem Fall natürlich ein ziemlich Nachteil ist.

  16. crocodylus sagt:

    Mir hat leider keiner was beigebracht.
    Was ich kann, habe ich abgeguckt.
    Mein Vater hatte zwei linke Hände, alles Daumen.
    Meine Mutter dagegen ist die Handwerkerin, hat uns aber weggescheucht und wollte alleine werkeln. Kochen und Schneidern habe ich abgeschaut von ihr, alles andere eben von anderen.
    Tapezieren kann ich , streichen, und alles Nähzeugs eben.
    Und abgucken ;)

    1. Nessy sagt:

      Nähzeugs geht bei mir dafür gar nicht.
      Beim „Textilen gestalten“ habe ich in der Schule total versagt. Seither belasse ich es beim Knöpfeannähen.

  17. Lily sagt:

    Mein Vater, der Handwerker ist, hat uns (Mädchen) nicht mitmachen lassen, aber zuschauen war nicht verboten. Meine Brüder hingegen, die durften auch selbst ans Werk. Mutter macht alles lieber allein, beide zusammen haben bei mir genug Zorn erzeugt, dass ich die meisten Dinge selbst kann. Tapezieren, Dübeln, ein bisschen Holzarbeiten, Anstreichen sowieso, Verputzen, Schlitze stemmen, Trockenbau… Nur von Strom und Wasser, davon lass ich die Finger. Aber es ist prima, wenn man auf niemanden warten und auch nicht betteln muss um Hilfe und Unterstützung. Das war den ganzen Muskelkater, die Blasen, Schürfwunden und das Klingeln in den Ohren nach Bohr-Aktionen allemal wert.

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