Draußen nur Kännchen Kaffeehaus mit ♥

Archiv der Kategorie »Milchwölkchen«

Herbstgedanken

22. 10. 2014  •  14 Kommentare

Jetzt ist er da, der Herbst. Mit aller Wucht, mit Wind, Laub und Regen.

Gestern Abend lag ich im Bett, die Jalousien auf Schlitz, das Fenster weit geöffnet, die Wärmflasche im Rücken und hörte dem Haus und dem Garten zu, dem Blätterrauschen, dem Quietschen der Äste und dem Klappern der Rolläden.

Herbst ist eine Jahreszeit, mit der ich nicht viel anfangen kann. Die ich nur mag, wenn es stürmt und regnet, während ich selbst es warm habe. Ich bin ein Typ für warm oder kalt, ich bin einfach gestrickt, entweder A oder B, am liebsten 25 Grad, und nur wenn das nicht geht, dann bitte -10, aber nicht 15 Grad und Regen.

In meinem eigenen Garten sind die meisten Bäume und Büsche beschnitten und laubfrei. Aber der Nachbar hat fast einen Park, viele Quadratmeter Rasen mit Bäumen, Mauern und verwunschene Ecken. Dort summt und raschelt, fliegt und trappelt es das ganze Jahr über. Und wenn es jetzt stürmt, gibt es ordentlich Laub. Der ganze Rasen ist bedeckt, auf den vier Kompostboxen türmen sich bunte Blätterhaufen. Die Vögel sind aufgeregt, fliegen umher, sammeln und picken. Sie nehmen noch mit, was sie finden können.

Früher – natürlich -, da habe ich Kastanien gesammelt und Blätter geklebt. Wozu geht man sonst in den Kindergarten und in die Schule. Um Zeug zu basteln. Dabei war ich nie ein Bastelfreund, nicht einmal als Kind. Malen, das ging, das war okay, das habe ich gerne getan. Aber Gegenstände nehmen und daraus etwas modellieren, sie durchbohren, verkleben, besprühen – nein. Warum auch, die Dinge sind doch schön so, wie sie sind. Kastanien zum Beispiel sind sehr schön, so glatt und knallbraun, an denen muss man nichts tun. Überhaupt finde ich: Man sollte die Dinge mehr für sich stehen lassen. Sie nehmen, wie sie gedacht sind. Ebenso wie die Menschen.

Herbst also – die Jahreszeit, in der alles vergeht, damit aus Vergangenem Neues entstehen kann. In der das Alte schwindet, in der es fortgeweht, uns entrissen wird, auf dass es an anderem Ort zu etwas wird, dass es bislang nicht war. Ich würde melancholisch, wollte ich an dieser Stelle weiterdenken. Und doch kommt mir, ohne sie denken zu wollen, im Angesicht des allgegenwärtigen Verblühens die Idee, dass dieser Zyklus, dass das folgerichtige Werden auch auf mich zutrifft. Dass ich  alle und alles bin: die Menschen, die ich verloren habe, und die, die ich noch gewinnen werde; das, was ich erlebt habe, und das, was mich noch prägen wird. Weil beides unausweichlich ist; weil ich ich bin; weil die Zukunft aus der Gegenwart, aus der Vergangenheit erwächst, aus der eigenen und aus unser aller. Weil das Neue, das kommen wird, stets und bald zu Altem wird, das wiederum sein eigenes Neues gebiert.

So liege ich im Federbett, Wärme im Rücken und Sturm vor dem Fenster, mit der Melancholie des Sommers und der Vorfreude auf den Winter im Herzen. So schlafe ich ein und begegne im Traum denjenigen, die bei mir waren, mit einer Spur des Vermissens, aber ohne Schmerz.

Heidi und Geißenpeter haben Schluss

21. 03. 2013  •  33 Kommentare

Heute Nacht habe ich geträumt,

der Geißenpeter hätte mich besucht. Er war keine Zeichentrickfigur, sondern ein Mensch aus Fleisch und Blut. Nichtsdestotrotz habe ich ihn auf den ersten Blick erkannt. Im Vergleich zu seiner Schauspielzeit war er deutlich gealtert. Ich schätze ihn auf Anfang 40.

„Wo hast du Heidi gelassen?“, fragte ich ihn. Er machte eine wegwerfende Geste und sagte: „Ach, Heidi.“

Wir gingen spazieren, immer nur bergauf, das war sein Wunsch. Er sei schließlich in den Bergen aufgewachsen, sagte er. Die 30-Jährigen, denen wir begegneten, erkannten ihn sofort. Die Frauen schlugen, halb ehrfürchtig, halb verliebt, die Hände vor den Mund. Kinder hingegen fragten ihre Eltern, wer der Mann sei.

„Das, mein Kind“, antworteten die Mütter mit zittriger Stimme, „ist der Geißenpeter.“

Geißenpeter stapfte unermüdlich weiter. Wir waren jetzt im Wald. Schließlich sagte er mir, Heidi habe Schluss gemacht. Er setzte sich auf einen umgekippten Baumstamm. Ich setzte mich neben ihn.

„Aber“, sagte er und schaute mich an, „mein Herz hat sowieso immer dir gehört.“

Dann war der Traum zu Ende.

Glen Hansard

1. 09. 2012  •  7 Kommentare

Bird of Sorrow

[youtube http://www.youtube.com/watch?v=hfxokBEN260&w=480&h=270]

[gefunden bei Frau Reindke]

Even if a day feels too long
You feel like you can wait another one
You’re slowly givin‘ up on everything
Love is gonna find you again

Love is gonna find you, you better be ready then

You been kneelin‘ in the dark for far too long
You’ve been waitin‘ for that spark, but it hasn’t come
Well I’m callin‘ to you, please, get off the floor
Love is gonna find us again
Love is gonna find us, we gotta be ready then

[Hook]
Tethered to a bird of sorrow
A voice that’s buried in the hollow
You’ve given over to self-deceivin‘
Your prostrate bowed would not be leavin‘
You’ve squandered more than you could borrow
You’ve bet your joys on all tomorrows
For the hope of some returnin‘
While everything around just burnin‘

Come on, we gotta get out, get out of this mess we made
And still for all our talk, we’re both so afraid
Well will we leave this up to chance, like we do everything?
A good heart will find you again
A good heart will find you, just be ready then

[Hook]

But I’m not leavin‘ you yet
I’m not leavin‘ you yet
I’m not leavin‘
I’m not leavin‘, yeah, yeah
I’m not leavin‘
I’m not leavin‘, yeah, yeah
I’m hangin‘ on
I’m hangin‘ on
What’s gonna come?
I’m hangin‘ on now
Hangin‘ on (x6)
With the faith full
I’m with the faith full
I’m hangin‘ on
What’s gonna come?
What’s gonna come?
Hangin‘ on
Hangin‘ on
The faith full
The faith full

Strandbüdchen

31. 07. 2012  •  31 Kommentare

Heute Nacht habe ich geträumt, ich besäße ein Strandbüdchen.

So eins wie in Italien, direkt am Meer, nur mit einer Promenade und einem Streifen Sand zwischen mir und dem Wasser. Von der Deckel baumeln Luftmatratzen, aufblasbare Delphine und Softball-Sets. Draußen unter einer Markise stehen Postkarten- und Sonnenbrillenständer. Im hinteren Teil des Landes befindet sich außerdem eine Eistruhe.

Ich möchte gerade Feierabend machen, da kommt Thomas Gottschalk herein und sagt, er käme gerade von der Aufzeichnung des Superstar-Recalls – ob ich ihm einen aufblasbaren Delphin verkaufen könne. Außerdem wolle er einen Classicburger aus der Heißen Hexe. Ich hole ihm den Delphin von der Decke und erkläre ihm, dass es keine „Heiße Hexe“ mehr gebe – nur Eis. Er sagt, dass er von Eis Durchfall bekomme, bezahlt den Delphin und geht.

Traum

30. 04. 2012  •  25 Kommentare

In aller Regel träume ich großen Quatsch.

Heute Nacht war ich mit dem Auto unterwegs. Als ich auf dem Weg kurz anhalte, austrete und danach die Tür wieder schließen möchte, sehe ich im Augenwinkel etwas ins Auto fliegen. Ich denke, es sei ein Vogel, suche, blicke mich um, aber finde nichts. Ich bin mir sicher, dass ich mich geirrt habe, steige ein und fahre weiter.

Wieder auf der Autobahn, bewegt sich plötzlich etwas im Auto. Ich entdecke einen kleinen, rosa Elefanten, so groß wie ein Fußball, mit üppig bemessenen Ohren und murmelblauen Augen. Er kommt unter dem Beifahrersitz hervor, legt den Kopf schief und blickt mich an. Er ist so rosa, dass er fast durchscheinend ist. Gut gelaunt hüpft er durch den Fußraum.

Irgendwo nehme ich mir ein Hotel. Es ist ein Haus mit engen Fluren und dicken, rotbraunen Teppichen. Die Rezeptionistin fragt, ob ich Haustiere mit mir führe. Ich sage: „Nur einen rosa Elefanten.“ Sie lacht, sagt: „Also nein“, und gibt mir meine Zimmerkarte. Der Elefant und ich steigen in den Aufzug und fahren in den vierten Stock. Er geht mir nur bis zum Knöchel und wippt wildvergnügt zur Fahrstuhlmusik.

Als die Fahrstuhltür aufgeht, erschreckt der kleine, rosa Elefant – ich weiß nicht, warum. Er galoppiert hektisch den Flur hinunter, schlägt links gegen die Wand, rechts gegen die Wand, wie ein Flummi, und verschwindet am Ende des Flurs in ein Treppenhaus. Ich lasse meinen Koffer stehen, bin in Sorge. Ich laufe durchs Treppenhaus, laufe hinunter, wieder hinauf, durch Gänge, in Abstellkammern, zurück ins Erdgeschoss, durch weitere Gänge, hinaus auf den Vorplatz und suche den Elefanten.

Aber er ist weg und kommt nicht wieder.

Gelernt

2. 04. 2012  •  45 Kommentare

In den vergangenen Wochen gelernt:

  1. Mein Schwerpunkt ist zu weit oben.
  2. Was weg ist, ist weg.
  3. Man ahnt gar nicht, wie gut Pflaumenschnaps schmeckt.
  4. Bevor man die Armatur aufschraubt: Wasser abdrehen.
  5. Kürzer ist besser.
  6. Je mehr man fühlt, man sei angekommen, desto eher muss man wieder gehen.
  7. Loslassen.
  8. Tortenboden backen.
  9. Es geht weiter.
  10. Auf dem Balkon ist es am schönsten.

Über Liebe und Angst

24. 11. 2011  •  22 Kommentare

„Er fürchtet sich ein bisschen vor mir, genau wie du.
Er hat Bammel. Und genau so soll es sein.
Wer sich fürchtet, verliebt sich.

Frederica in „Der Schneeflockenbaum“, S.52

Nein, möchte man antworten. Liebe, das ist doch dieses umfassende Gefühl von Nähe, von Zuneigung und Zärtlichkeit. Liebe, das ist das Gegenteil von Angst. Liebe bewahrt uns vor Angst. Wenn wir lieben, sind wir frei von Furcht. Wir lassen uns fallen und vertrauen.

Ja. Und Nein. Liebe ist Bewegung. Liebe ist ein sich ständiges Neu-Anschauen, ein Neu-Entdecken, ein Sich-Neu-Auseinandersetzen.

Je größer die Angst, die ich vorab hatte: die Angst, nicht gemocht zu werden, die Angst, nicht erkannt zu werden, die Angst, entlarvt zu werden; je größer die Angst, desto größer die Anspannung; je größer die Anspannung, desto größer die Entspannung, desto größer die Erleichterung, desto größer die Liebe, die erwuchs.

So ist es zugleich das Größte und das Schwierigste, das Geheimnis und der Klebstoff der Liebe, wenn wir angespannt bleiben; wenn wir nicht alles vom anderen wissen. Auch nicht wissen wollen. Damit wir unsere Ängste kitzeln. Damit wir Abgründe vermuten können. Damit wir uns neu verlieben können. Damit wir fortwährend lieben können.



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