Draußen nur Kännchen Kaffeehaus mit ♥

Fluffiges Einleben, tolle Post und ein Ausflug ins Straßenverkehrsamt, außerdem eine Reminiszenz an Oberhenneborn

17. 1. 2023 4 Kommentare Aus der Kategorie »Tagebuchbloggen«

Nebenwirkungen des Umzugs | Ein Umzug bringt mit sich, dass man alle möglichen Leute anschreiben muss, dass sich die Adresse geändert hat. Ich war beim Bürgeramt in Haltern – ein freundlicher Ort. Man geht ins Rathaus hinein und dort ist es direkt, mit Online-Anmeldung, Kinderspielecke und freundlichen Menschen.

Außerdem war ich beim Straßenverkehrsamt in Marl und habe das Auto umgemeldet; wenn man über die Kreisgrenze umzieht, geht das nicht über das Bürgeramt, digital sowieso nicht; dann muss man zur Zulassungsstelle. Wenn ich „Marl“ sage und „Straßenverkehrsamt“, haben Sie vielleicht ein Bild im Kopf, auch wenn sie den Ort nicht kennen: irgendwas mit Ruhrgebiet, eine trostlose Straße mit bröselndem Bitumen, in der Ferne Schornsteine, eine Amtsstube in Braungrün, im Foyer Wartenummern, auf der Fensterbank ein verdorrter Kaktus. Tatsächlich ist alles so, wie Sie es sich vorstellen – gesäumt von Autowerkstätten und Schildermachern. Über dem Ort schwebt das Timbre einer Fernfahrerraststätte, und noch vor fünfzehn Jahren, vor dem Nichtrauchergesetz, wäre dieser Ort rauchverhangen gewesen. Man fühlt sie noch, die Atmosphäre von damals.

Ein weiteres To Do: Meine Grafikerin Claudia hat mein geschäftliches Briefpapier geändert und die neue Adresse eingeführt. Ich habe das PDF des Briefpapiers wiederum in mein Buchhaltungsprogramm gefummelt, als Dokumentvorlage. Claudia hat auch meine Visitenkarten überarbeitet; sie sind im Druck. Ich habe die Adresse auf meiner Webseite und hier im Blog geändert, im Impressum, in der Datenschutzerklärung und in meiner E-Mail-Signatur.


Einrichtung |  Mit der Einrichtung geht es voran. Alle Kartons sind ausgepackt und auch schon wieder verkauft. Es brauchte nur eine Anzeige auf Ebay-Kleinanzeigen und 36 Stunden. Offenbar ziehen die Menschen dieser Tage eifrig um.

Wir haben inzwischen Vorhänge und Bilder angebracht. Über dem Küchenbuffet hängen die Illustrationen des Patenmädchens. Über dem Herd hängt eine Erinnerung an die Radtour durch Dänemark bis nach Skagen.

So fluffig wie die Frau auf dem Poster fuhr ich damals nicht in Skagen ein. Mir tat gehörig der Hintern weh.

Wir haben außerdem Uhren aufgehängt. Es gibt im Haushalt zwei Schätzchen: Eine sauerländische Familien-Küchenuhr aus den 1960er/70ern, die ich wieder reaktivieren konnte und die nun in der Küche hängt. In der Küche, finde ich, braucht es unbedingt eine Uhr, weil man dort oft sitzt und weg muss – zur Arbeit, zum Schwimmen, zum nächsten Termin im Homeoffice oder ins Wohnzimmer zum WM-Spiel deutschen Handballherren.

Blick aus Terrassentür in den Garten, daneben eine graue, quadratische Uhr an der Wand.

In der Diele unterm Kronleuchter hängt nun meine Pendeluhr, die uns die Stunde schlägt (und die halbe Stunde). Der Reiseleiter hat bis vor kurzem neben einer Kirche gewohnt, deren Uhr viertelstündlich schlug. Wir sind das also gewohnt. Ich empfinde das auch als angenehm. Es gibt mir Orientierung.

Von dem Geld, das wir mit dem Verkauf von Möbeln, Ballkleidern und Hausrat aus unseren alten Wohnungen eingenommen haben, haben wir uns ein gebrauchtes Ruder-Ergometer gekauft, Concept 2. Ich war gestern drauf. Zu Beginn dachte ich: Geht doch! Nach vier Minuten war ich sicher, dass ich auf diesem Gerät verenden werde. Nach drei Kilometern hatte mein Körper sich mit der Belastung abgefunden, und es ging einigermaßen. Insgesamt eine deutlich ausbaufähige Performance, sehr schweißtreibend.

Das Arbeitszimmer ist schon eingerichtet und funktionsfähig. Es fehlt allerdings noch der zweite Schreibtisch und die passende Akustiktrennwand. Beides wird im Februar geliefert. Dann haben wir ein sehr komfortables Homeoffice (mit schnellem Internet, juchhu!) und eine gute Separierung an den Tagen, an denen wir mal zu Zweit im Raum sind.

Homeoffice: Schreibtisch vor blauer Wand mit Regalen

Am meisten liebe ich übrigens die Tageslichtlampe, in die ich seinerzeit investiert habe, blendfrei und dimmbar. Nach acht Minuten geht sie dank Bewegungssensor automatisch aus.

Noch ein Blick in eines der zwei Bäder: Das Erwachsenenschlafzimmer hat ein eigenes En-Suite-Bad. Mega.

Weiß gekacheltes Badezimmer mit Altrosa Anstrich, unter der ecke eine Holzlampe.

Broterwerb | Der Umzugsurlaub ist vorbei, und ich gehe wieder meinem Broterwerb nach. In den vergangenen Tagen habe ich Menschen beraten, mit denen ich in regelmäßigem Austausch stehe – eine Führungskraft eines IT-Unternehmens und ein Chefredakteur einer Regionalzeitung. Ich habe mein Seminar „Agiles Projekt- und Redaktionsmanagement“, das ich bislang nur digital gehalten habe, in ein Präsenzseminar umkonzipiert. Damit werde ich Anfang März beim WDR zu Gast sein. Außerdem gab es Ende vergangenen Jahres den Wunsch eines großen Aluminiumkonzerns nach Moderationstraining in Englisch und Deutsch. Zwei der drei Sessions habe ich in den vergangenen Tagen gehalten.


Oberhenneborn | Ich höre sehr gerne den Zeit Verbrechen-Podcast. Die neue Folge thematisiert zwei Morde in Oberhenneborn. Ich habe eine besondere Beziehung zu Oberhenneborn.

Oberhenneborn liegt bei Niederhenneborn, und beides befindet sich in the middle of nowhere im Sauerland zwischen Eslohe und Winterberg. Meine Familie hat dort Bekannte – oder besser gesagt: hatte. Denn es betrifft eher meine verstorbene Großelterngeneration.

Als sie noch lebte, fuhren wir mindestens einmal jährlich nach Oberhenneborn, um zu wandern und im dortigen Gasthof einzukehren. Dafür stiegen wir alle ins Auto, mein Vater und meine Mutter, meine Oma, die Tante und mein Onkel, der Großonkel und noch ein Großonkel, seine Frau, mein Cousin und die ganze Mischpoke. Die alten Herren trugen Hut. Der Weg führte uns erst durchs Hönnetal, über gewundene Straßen, die sich an Felswänden entlangziehen, später über ebenso kurvige Wege durch Felder und Fichtenwälder. Ich hockte auf der Rückbank und spätestens, wenn wir durch Volkringhausen durch waren, Estinghausen und Enkhausen durchquert hatten und der Sorpesee nur noch Erinnerung war, war mir kotzübel. Die Reise war unendlich und glich dem Weg nach Narnia. Als sich endlich die Tür öffnete und ich mit bleichem Gesicht aus Vatterns Audi 100 fiel, war ich an einem Ort, den die Menschheit nur durch das Wurmloch der Reiseübelkeit erreichen kann: Ich war in Oberhenneborn.

Das Essen im Gasthof wurde in Terrinen aufgetragen. Auf der Tafel standen Schüsseln voller Suppe, frische Brühe mit Eierstich und Markklößchen. Zum Hauptgericht lagen die Bratenscheiben auf großen Platten, in Schüsseln stapelten sich die Klöße. Es dampfte, es duftete, wir speisten wie die Könige.

Wenn wir wanderten, trugen die alten Männer Lodenjacke und Kniebundhose, auf ihren Stöcken klebten Plaketten. Aus dem Handgelenk und mit forschen Schwung hob mein Großonkel erst die Spitze seines Stocks, tat einen Schritt und ließ ihn dann zu Boden hinabsinken, rammte ihn in den Boden und stieß sich ab. Der andere Onkel war im Sauerländischen Gebirsverein und kannte jeden Weg. Kundig führte er uns über Stock und Stein und durch Gehölz. Rückblickend können es keine langen Märsche gewesen sein, eher Spaziergänge von wenigen Kilometern. Mir kam es jedoch jedesmal wie eine zünftige, alles abfordernde Wanderung vor.

1983 und 1985 wurden in Oberhenneborn zwei Frauen getötet: eine nach einem Schützenfest auf einem Hof, eine andere in ihrem Auto in Niederhenneborn. „In Oberhenneborn wurden ja diese zwei Frauen getötet“, sagten die Erwachsenen jedesmal auf der Hinfahrt, auch als es schon lange keine Neuigkeit mehr war, „den Täter haben sie immer noch nicht“. Und zu meiner Reiseübelkeit gesellte sich jedesmal ein gehöriger Schauder, so dass mir beim Ankommen nicht nur schlecht war, sondern ich mich auch zart gruselte.


Leserinnenpost |  Dieser Tage erhielt ich schöne Post, elektronisch, begleitet einem Foto und der Erklärung: „Ich hatte mir Dein Buch gekauft und es um Sommerurlaub gelesen, danach an meinen Opa (Jahrgang 1929, aber sehr fit – geistig wie körperlich) weitergegeben. Mittlerweile schreibe ich ihm immer ein paar Zeilen zu den weiter gereichten Büchern, oft schreibt er mir mit seiner alten Schreibmaschine eine Antwort.“

Ein mit Schreibmaschine geschriebener Brief auf meinem Buch "Die Frau, die den Himmel eroberte". Text:  Liebe ..., mit Dank zurück. Klasse! Guter Anschluss an mein letztes Buch aus der Büchere, Abteilung Pholosophie, "Auszeit im Café am Rande der Welt von John Strelecky. Für alle mit einem Wendepunkt im Leben und den Fragen "Warum bist Du hier? Hast Du Angst vor dem Tod? Führst Du ein erfülltes Leben?" Gut lesbar und keine schwere Kost. Gruß Opa 11/22

Gelesen | Ich las bei Christian, der wiederum auch gelesen hat – zu Anpassung, zu Gefühlen. Ich brauche das hier nicht wiederholen, er hat das gut kuratiert.

Gehört | Macht & Millionen, Folge 31: Boris Becker – Absturz eines deutschen Helden

Kommentare

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  1. Lo sagt:

    So ein Nestbau macht einfach Spaß. Sieht geschmackvoll, knuffig, praktisch und gemütlich aus.
    So ein Bild des des beschriebenen Mittagessens im Sauerland mit dem Eierstich und dem aufgeschnitten Braten habe ich auch noch aus fernen Zeiten im Kopf… Viel Glück im neuen Nest!

    1. Vanessa sagt:

      Ich bin sowohl erstaunt als auch ein bisschen erstaunt, vor allem beruhigt, dass wir es so schnell gemütlich gekriegt haben hier.

  2. Marl. Heimat meiner Großeltern, im zweiten OG eines Mehrfamilienhauses direkt an einer Ein- und Ausfallstraßen. Ganz charakteristischer kalter Rauchgeruch im Treppenhaus. Und bei Oma gab es Essen aus Terrinen und im Schirmständer Opas Wanderstöcke mit Plaketten. Und eine Uhr, die vernehmlich die halbe Stunde schlug (und abgestellt werden musste, wenn wir Kinder über Nacht blieben). Danke für die Zeitreise und gutes Einleben in einer großartig aussehenden Gegenwart!
    Herzlich: Charlotte

    1. Vanessa sagt:

      Danke auch! Sehr gerne.

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