Draußen nur Kännchen Kaffeehaus mit ♥

Der Testsieger ist tot – und weitere Gedanken

7. 4. 2021 9 Kommentare Aus der Kategorie »Tagebuchbloggen«

Neues Lockdown-Lifegoal | Mein Rasenmäher ist gestorben, Herzinfarkt. Erst machte er dröhnende Geräusche. Dann wurde er für immer still. Ich habe ihn noch in die Klinik gebracht, aber dort konnten sie nur noch seinen Tod feststellen. Im Debriefing sagte der Notarzt, es handele sich um „ein billiges Baumarktmodell“. Ich war zart entrüstet, denn der Baumarkt pries meinen Rasenmäher seinerzeit als „der Testsieger“ an.

Sei es drum. Ich habe fürderhin viel über Rasenmäher gelernt, insbesondere was das Schnitt- und Mulchverhalten betrifft, die – //*grunzt leise – Mähpower sowie die Preisspannen, die alles Drei mit sich bringt. Der Neue wird ein Akku-Rasenmäher sein, das kleinste und wendigste Modell seiner Klasse mit sechs Schnitthöhenpositionen, Fangkorb, Soft-Griffen, Mulchfunktion und einer schmalen Taille. Mein Anwesen ist überschaubar; es braucht vor allem gutes Handling. Ich erfuhr vom Rasenmähermann, dass das Westfalenstadion mit Geräten dieser Marke gemäht wird. Ich werde fortan also im BVB-Trikot mähen, als Platzwärtin meines Gartens. Lifegoal: Streifenmuster, um die Abseits-Position vor dem Gemüsebeet besser zu erkennen.


Die Fahrradfrage | Hier lesen viele Menschen mit. Auch meine Kunden lesen mit – und Mitarbeiter und Dienstleister meiner Kunden. Wäre dies tatsächlich ein Café und träfe man sich bei Waffeln und Gebäck: Es wären charmante Kaffeerunden.

Nachdem ich letztens über meine miese Laune schrieb, die unter anderem von einer noch mieseren Fahrradberatung herrührte (ich bin heute noch entrüstet angesichts dieser Nichtleistung), meldete sich ein Kollege, mit dem ich derzeit beim Kunden in einem Thema zusammenarbeite und fragte, was ich denn brauche, er verkaufe in seinem Zweitjob Fahrräder. Leider wohnt er in Süddeutschland, so dass ich nicht einfach bei ihm vorbeifahren und mich beraten lassen kann. Wir machten das also fernelektrisch. Er bestätigte mir, was ich bereits ahnte, nämlich dass mir ein Fahrrad von der Stange nicht helfen wird, weil ich lange Beine und im Vergleich dazu kurze Arme habe, so dass ich auf Standard-Abmessungen entweder gestaucht oder gestreckt werde, was beides unergonomisch und ungemütlich ist. Das Umgekehrte, also Dackelbeine und Krakenarme, sind offenbar weniger ein Problem.

Wir brauchen für Dich einen Rahmen mit möglichst langem Steuerrohr (also das Rohr zwischen Gabel und Vorbau) und kurzem Oberrohr bzw. sehr kurzem Vorbau. Leider baut man derzeit eher Rahmen mit langem Oberrohr.

Idee: Man suche ein Bike mit großem Rahmen und tausche die Sattelstütze gegen eine solche, die nicht nach hinten geht und montiere einen sehr kurzen und nach oben abgewinkelten Vorbau. 

Er nannte mir zwei Beispielräder. Das war sehr hilfreich. So weiß ich nun, worauf ich beim Testfahren achten sollte, dass die Testfahrt also nicht perfekt sein muss, sondern dass ich selbst etwas verändern und mir diese Veränderung dazudenken beim Ausprobieren muss.


Botanischer Garten | Blüten im Park:

Rosa Blüte in einem flechtenbewachsenen Baum

Mischmaschine | Bisweilen erscheint es, als gäbe es eine Wörter-Mischmaschine, die alle Pandemiewörter immer wieder neu mischt. Impfoffensive und Brückenlockdown, ein Kurswechsel, hart, soft, konsequent, eine Notbremse, Evidenz-basiert, unausweichlich, Wellenbrecher und schärfere Maßnahmen, drastisch, für Hot-Spot-Versager, eine polarisierende Priorisierungsdebatte, kopflos, aber auch Niedrig-Inzidenz, vielleicht dank Meldeverzug, die große Welle nach der Delle, allgegenwärtige Hoffnungsrhetorik, Shutdown, Kontaktbeschränkungen, und wenn die Impfrakete zündet, eine Exitstrategie, Lockerungen, private Treffen, bundeseinheitlich, aber Ländersache, light, mit hoher Dynamik, Herdenimmunität, in der Breite, heftig und exponentiell. Man kann die Wörter schütteln und neu würfeln, man kann einzelne herausangeln, man kann sie willentlich kombinieren oder unwillentlich verwechseln – es ergibt immer alles irgendwie Sinn. Wie heißt nochmal dieses Spiel, in dem man Begriffe pantomimisch darstellen, malen oder kneten muss?


Schulterzucken | Dass in den Schulen kaum Ansteckungen stattfinden, werte ich als ein statistisches Artefakt. Kinder gehen zur Schule. Kinder haben oft keine Symptome. In der Schule wird gleichzeitig nicht getestet*. Plötzlich ist der Papa positiv. Papa steckt Mama an, beide das Geschwisterkind. Woher haben sie es? Sie waren nirgends, nur im Homeoffice. Vielleicht Supermarkt? Oder von dieser einen Begegnung letztens draußen? In die Statistik geht ein: Infektion im privaten Bereich. Die Schule taucht nirgendwo auf, außer in lokalen Berichterstattungen. Ergo: In den Schulen finden kaum Infektionen statt. Das ist übrigens klassische Managementschule: Was man nicht messen kann, kann man nicht lenken. Also lässt man es laufen.

*oder unzureichend, nur einmal pro Woche oder weniger; wer nicht will, muss nicht

Es sind übrigens nicht Kinder, die das Infektionsgeschehen beeinflussen. Das setzt den falschen Schuldfokus. Es ist das System der unveränderten Präsenzschule mit seiner Kontakt- und Netzwerkfunktion. Ohne Virus ist diese Funktion so gewollt, mit Virus leider tödlich. Würde man die Realität als solche anerkennen, könnte man über die Anschaffung von Luftfiltern, die Anmietung zusätzlicher Räume, einen entschlackten Lehrplan und weitere Lösungen, z.B. Projektunterricht draußen und Anwerbung geeigneter Menschen aus aktuell geschlossenen Branchen nachdenken. Es gibt doch sicher Musiker, Künstlerinnen, Bühnenbildner, Bühnenbetriebstechnikerinnen, Tonmeister, Maßschneiderinnen, Dramaturgen und andere Veranstaltungsmenschen, die pädagogisches Geschick haben und vorhandene Lehrkräfte mit ihrem Know-how unterstützen wollen. Was gäbe es alles zu vermitteln über Schall und Geschichtenerzählen, über Bühnenbau und Elektrik, übers Darstellen und Täuschen, über Holzverarbeitung und Licht, über Orchester und Töne! Die Theater sind leer und groß, ebenso die Stadt- und Messehallen, und im Wald gibt es ausreichend Platz.

Es existieren Konzepte von Pädagog:innen dazu, auch in Zusammenarbeit mit der Naturwissenschaft. Zugegeben, dazu müsste man noch die Verwaltungsdenke ablegen und Budget freigeben.


Präventiv oder inklusiv | Interessante Gedanken übrigens von Politikberater Erik Flügge, der die zwei Handlungsstrategien für die Corona-Politik beleuchtet und Armin Laschets Handeln einordnet. Möglichkeit Eins sei, vorausschauend auf die Pandemieentwicklung zu reagieren: Durch frühe und scharfe Maßnahmen bleibt die Katastrophe aus. Damit laufe man allerdings ins Präventionsparadoxon: Die Maßnahmen sind wirksam, das Schlimme tritt nicht ein, in der Folge werden die Maßnahmen als überzogen und falsch kritisiert, Politiker werden unbeliebt. Möglichkeit Zwei sei, sozial inklusiv zu handeln: präventive Momente verstreichen zu lassen und, wenn das Schlimme dann eintritt, auf die Unterstützung aller zu bauen. Die Chance, dass alle mitmachen, ist dann groß, weil die Menschen im Angesicht der Katastrophe, der kranken Angehörigen und toten Menschen die Maßnahmen verstehen. Armin Laschets Taktik sei ein toxisches Hybrid aus beidem: Er rede das Problem groß („brauchen Brückenlockdown“) und gleichzeitig klein („Zahlen gehen gerade runter“). Er kündige eine präventive Strategie an („Jetzt in den Brückenlockdown!“), gestalte sie aber nicht so, dass sie geeignet sei, präventiv zu wirken (Kitas offen, Schulen offen, freiwillig Homeoffice, keine Testpflicht).

Er kombiniert die Schwächen beider Ansätze: Er spaltet die Gesellschaft und lässt die Katastrophe zu.

Erik Flügge auf Twitter

Gehört | Das Zeitzeichen über Arnold Marquis, der die ganz Großen des Kinos synchronisierte: John Wayne, Robert Mitchum, Kirk Douglas, Yves Montand, Bud Spencer oder den Butler Max aus der Serie „Hart aber herzlich“. | Eine kurze Geschichte des Ballonfahrens und Fallschirmspringens. Wenn Sie, schon bevor Sie mein Buch lesen, etwas über Käte Paulus erfahren möchten: Ab Minute 26:28 sprechen Daniel Meßner und Richard Hemmer über sie und ihren Partner Hermann Lattemann.


Gelesen | I’m speaking:

Ich wollte einen langen Beitrag über den Talkshow-Auftritt von Melanie Brinkmann schreiben, aber ich habe keine Lust. Nach 20 Jahren im Job habe ich keine Lust mehr. Ich habe zig solcher Situationen erlebt, ich habe gegengehalten, ich habe jahrelang geübt, wie man ruhig das Wort behält, ich habe mich fulminant gegen alte Männer in Diskussionsrunden verteidigt, um dann hinterher in der Mittagspause am Buffet zu stehen und zu hören, dass hinter mir darüber diskutiert wird, ob ich wohl im Bett auch so feurig sei, bin „Mädchen“ genannt worden, bin ironisch „Frau Professor“ genannt worden, bin abfällig „die junge Kollegin“ genannt worden, bin von Berufungskommissionsvorsitzenden gefragt worden, wie ich mich als Frau denn durchsetzen wollen würde, und alles in allem macht mich das nur noch müde. Mit 25 habe ich noch vehement behauptet, dass das Problem vermutlich bald erledigt sein wird, weil die Fossile ja jetzt aussterben, aber jetzt bin ich 44, und die Situation ist unverändert. Schade.


Gesehen | Safe Space Großraumbüro:

Kommentare

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  1. So sagt:

    Hallo,
    die Leute mit den Tipps für die Klamotten in Überlänge fahren natürlich auch Fahrräder, die nicht „normal“ sind.
    Mein Rad sollte ein „Damenmodell“ also ohne obere Querstange sein, zu meiner Größe – vorallem den langen Beinen passen und eine schöne Farbe haben.
    Der Fahrraddealer meines Vertrauens ist ebenfalls über 1,90m und hat das Problem direkt erkannt.
    Er hat mir dann ein Rad aus dem Hause Böttcher verkauft. Wenn ich die genaue Bezeichnung des Rahmens raussuchen soll, bitte um kurze Rückmeldung.
    Herzliche Grüße, So

  2. MBM sagt:

    Man kann bei Fahrrädern an Lenker und Vorbau und Sattelabstand (letztere müssen dafür natürlich einstellbar sein) so lange selbst herumschrauben, bis man sich mit dem Abstand und der Sitzhaltung absolut wohlfühlt. Ich bin begeisterte Amateur-Fahrradschrauberin und habe das meinen Rädern immer so gemacht – it’s not exactly rocket science!

  3. Al CiD sagt:

    Tach auch,

    also die Statistik des RKI zeigt durchaus regelmäßig auch den drastischen Anstieg in der Altersgruppe unter 20 Jahren seit der Schulöffnung in der KW08…

    „Jeden Dienstag werden im Situationsbericht die altersspezifischen Anteile als 7-Tage-Inzidenz pro 100.000 Einwohner nach Meldewoche dargestellt.“

    https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Daten/Altersverteilung.html

    .

    1. Andreas sagt:

      Um die 7-Tage-Inzidenz zu berechnen, braucht es insgesamt zwei Angaben: Die Zahl der Neuinfektionen innerhalb der vergangenen sieben Tage sowie die Einwohnerzahl der Stadt oder des Kreises. Die Zahl der Neuinfektionen wird addiert, den Wert teilt man durch die Einwohnerzahl einer Stadt oder eines Kreises und multipliziert das Ergebnis mit 100.000.
      Angenommen wir haben zwei Städte mit 50000 Einwohner in der 1% wirklich neu angesteckt werden,.
      Stadt A testet 5000 Personen und findet ca. 50 Fälle ergibt sich daraus ein Inzidenzwert von 100.
      Stadt B testet 2000 Personen und findet ca. 20 Fälle ergibt sich daraus ein Inzidenzwert von 40.
      Ca 10% sind Schulpflichtig ~ 5000 Schüler, davon 25% im Präsenzunterricht mit 2x Schnelltests ergibt 2500, Womit nach PCR nachtest 25 zusätzliche Fälle auftauchen (Annahme 1% werden angesteckt)
      Stadt A testet 5000 Personen und findet 50+25 Fälle ergibt Inzidenzwert von 150
      Stadt B testet 2000 Personen und findet 20+25 Fälle ergibt Inzidenzwert von 90
      Wenn wir jetzt noch 10000 Arbeitnehmer zusätzlich per 2x Schnelltest testen,, wieder 25% Präsenz, zusätzliche PCR Nachtests ergibt 50 neue Fälle womit Stadt A auf 250 kommt und Stadt B auf 190 kommt.
      Wo war nochmal die Falsch Positiv Fehlerrate bei PCR Tests?

  4. Tine sagt:

    Dackelbeine und Krakenarme…danke für das neue Selbstbildnis und das Lachen! (Ganz ehrlich auch Danke für die immer gute Zusammenfassung der Corona Themen. Ich bin nur so Müde über alles damit im Zusammenhang, dass ich schlicht keine Meinung mehr haben möchte)
    In Essen gibt es einen Fahrradladen bei dem man auf so eine Art anpassbaren Gestell die Sitzhaltung überprüfen kann (ist ja nicht immer jedes Modell vor Ort vorrätig). Kann gerne den Namen erfragen, da ich selbst noch nicht da war

  5. Alexandra sagt:

    Ein Fahrrad von der Stange nützt niemandem.

  6. Die Schulleiterfreundin musste seit Beginn der Pandemie immer wieder Klassen dicht machen (in Q. schicken), oft mehrere nebeneinander.

  7. Kai Schueler sagt:

    Der Loddar gibt bestimmt Webinare im Greenkeeping, Frl. Nessy!

  8. martin III. sagt:

    Im Dezember hatte sich die gesamte Familie mit dem „neuartigen Virus“ infiziert. Also, offiziell laut Test die Erwachsenen zumindest, die beiden Neunjährigen hatten einen Nachmittag kurz über Kopfschmerzen bzw. Bauchweh geklagt und waren fortan nur noch unbeteiligte Beobachter ihrer sich im Krankenlager fiebernd wälzenden Eltern und Großeltern. Wir hätten die beiden beruhigt in die Schule schicken können, keiner hätte gedacht dass sie infiziert sind und sie hätten wunderbare Superspreader werden können. -> Meiner ganz persönlichen, völlig unfachlichen Meinung nach sind Kinder scheinbar einfach weniger anfällig für Symptome der Seuche und können sie quasi nebenher übertragen, weshalb man sich dann einredet dass Schulen nicht relevant für das Infektionsgeschehen sind. Dazu passt dass im Frühjahr 2020 die Erfolge des Lockdowns so gut waren weil damals auch die Schulen geschlossen wurden, im Gegensatz zum Herbst 2020.

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