Draußen nur Kännchen Kaffeehaus mit ♥

Warum ich einen Hirsch kraulte und weitere Bemerknisse zur #aktuellenSituation

13. 11. 2020 5 Kommentare Aus der Kategorie »Tagebuchbloggen«

Hirsch kraulen | Hach ja. Herbst, ne. Wäre eine schöne Jahreszeit, wenn danach nicht diese ganzen usseligen Monate kämen. Wenn es nach mir geht, können wir ab Montag sechs Wochen Winter machen, knackig kalt, minus Zehn oder so. Ab dem 1. Januar machen wir ohne Umweg mit Schneeglöckchen und Krokussen weiter und überspringen die matschige, graue und dunkle Zeit.

#WegenderaktuellenSituation treffe ich Menschen weitestgehend draußen. Gestern fuhr ich nach Witten und traf eine Handballveteranin. Wir gingen im Wald umher, zum Wildgehege und drumherum. Ich streichelte einen Hirsch. Er hielt still und wirkte angetan.

Ich kannte den Ort nicht, obwohl ich praktisch nebenan wohne: Hohenstein in Witten. Es gibt ein Wildgehege und einen Streichelzoo, einen Spielplatz, es stehen ein Karussel und ein Büdchen mit Mandeln dort. Ich kenne mich ja mit Kindern bekanntermaßen nicht aus, bin ja nur Partytante, aber ich denke, dass es fetzt, gerade mit den kleineren.

Falls Sie sich fragen, was das für ein Phallus-artiges Denkmal ist: Das hat die Turngemeinde Witten für Louis Berger dort hingenagelt. Louis Berger war Mitbegründer des Vereins, Industrieller und Parlamentarier im Preußischen Landtag. Er setzte sich für die Eisenbahnverbindung von Wengerohr nach Wittlich ein, weshalb eine ehemalige Bahntrasse in Wittlich heute „Louis-Berger-Weg“ heißt.

So. Jetzt wissen Sie das. #bildungsblog


Walk & Talk | Heute habe ich auch zweimal Leute getroffen. Beide Male gingen wir um den See, weshalb ich insgesamt zehn Kilometer spazieren gegangen bin. #OhnedieaktuelleSituation hätten wir wahrscheinlich nur irgendwo gesessen, gegessen, Kaffee getrunken. Es ist also nicht alles schlecht. Das werde ich auf jeden Fall beibehalten.

Chronistenpflicht, Bild vom See:

Blick auf die Hafenpromenade am Phoenixsee: Im Vordergrund Schilf, dann See, in der Ferne moderne, weiße, kastenförmige Häuser

Konsum | Es zeichnet sich ja nun ab, dass ich mich auch in den nächsten Monaten entweder zuhause aufhalten oder durch die Gegend latschen werde. Deshalb habe ich Anschaffungen getätigt oder plane den Erwerb:

  • neue Jogginghose (heute bestellt, alte war löchrig)
  • neue Laufleggins; vielleicht wird es auch eine Sofaleggins, das wird sich erweisen (mit der Joggingbuxe bestellt)
  • Optimierung des Online-Meeting- und Webinar-Settings durch eine Ringleuchte, einen Stoff-Hintergrund und sechs Klemmzwingen zum Befestigen desselben am Billy (bestellt)
  • zwei Alltagsjeans (zwei vorhandene sind kaputt gegangen von zu viel Latschen und Fahrrad fahren; bestellt, anprobiert und passt, bezahlt)
  • Bücher für lange Winterabende (im Einzelhandel erworben)
  • neue Winterstiefel mit robuster Sohle zum Durch-die-Gegend-Gehen in matschigen Monaten (zeitnahe Sichtung im Einzelhandel geplant)
  • Erwerb eines Studiolink-Accounts zur Remote-Podcastaufnahme (beizeiten)

Falls Sie sich fragen, warum ich einen Stoffhintergrund kaufe; schließlich kann man in Zoom und MS Teams Hintergründe einstellen: Alles richtig, aber dolle ist das nicht. Je nachdem, wie man den Kopf bewegt, fehlt einem mal eine Gesichtshälfte oder es sieht aus wie in alten Filmen, wenn die Figuren Auto fahren.


Corona-Soforthilfe | Jetzt steht fest: Solo-Selbstständige sollen eine Einmalzahlung von 5.000 Euro als Corona-Soforthilfe bekommen. Menschen wie ich bekommen also – sofern sie keine Einnahmen haben – ab Dezember maximal 714 Euro pro Monat, für sechs Monate. Davon sind dann Krankenkasse, Miete/Immobilie, Strom, Heizung, Telefon, Lebenshaltung, Versicherungen und eventuelle Kredite zu zahlen. Nicht zu reden von einer Familie, für die man sorgt. Wer das nicht hinkriegt, kann Grundsicherung beantragen.

Die meisten Solo-Selbstständigen – insbesondere aus der Kulturbranche, aber auch viele Kolleg:innen, die vom Kontakt mit Menschen leben, Veranstaltungen moderieren oder Workshops geben – sind #wegenderaktuellenSituation ohne eigenes Verschulden in finanzielle Not geraten. Sie waren bis März erfolgreich am Markt tätig. Sie kommen derzeit an die Grenzen ihrer Ersparnisse oder haben sie bereits erreicht. Bei den meisten, Christian schrieb gestern darüber, ist immer noch nicht klar, ob sie die 9.000 Euro, die im Frühjahr flossen, behalten dürfen. Denn der Staat hat nachträglich festgelegt, dass das Geld nur für Betriebskosten ausgegeben werden darf; Solo-Selbstständige wie Christian oder ich haben aber kaum Betriebskosten, weil wir entweder zuhause am Schreibtisch oder bei Kunden arbeiten; wir unterhalten keine Büros und besitzen keine Lagerhallen oder Maschinenparks. Wir verkaufen unser Wissen und Können, keine produzierten Waren. Was also wegbricht, ist das komplette Einkommen. Einzelunternehmer dürfen das Geld aber nicht nutzen, um Essen zu kaufen oder Miete zu zahlen – im Gegensatz zum Arbeitnehmer, der Kurzarbeitergeld erhält.

Zur Klarstellung: Um mich geht’s hier nicht; ich bin safe, hatte und habe Einkünfte und Rücklagen. Trotzdem rege ich mich über die Ignoranz auf, mit der wir Einzelunternehmer behandelt werden – zumal Finanzamt, Krankenkasse und Kammern immer sofort auf der Matte stehen, sobald sie Geld wittern, und dabei in einem Tonfall kommunizieren, dass man sich in Nordkorea wähnt. Es scheint, als halte die Politik uns Solo-Selbstständige allesamt für Hallodris, die ein bisschen an ihrem Hobby werkeln, Gras rauchen und Mandalas ausmalen.

Warum kein Kurzarbeitergeld auf Basis eines Unternehmerlohns?


Geguckt | Du kannst alles sein, was du willst – auch ein Delfin

Kommentare

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  1. Stefan sagt:

    „Warum kein Kurzarbeitergeld auf Basis eines Unternehmerlohns?“

    Ich weiß, das klingt unemphatisch, das Kurzarbeitergeld ist eine Leistung, für die die Gemeinschaft der Versicherten durch eine jahrelange Einzahlung bereit steht. Ich als Angestellter zahle jahrelang in die Arbeitslosenversicherung ein. Das kann auf freiwilliger Basis auch z.B. ein Freiberufler. Ja, die Situation ist unerwartet und massiv, für genau solche Zeiten braucht man eine Versicherung. Wurde halt in guten Zeiten nicht für nötig gehalten.

    Ich bin dafür, dass geholfen wird, ein quasi Berfufsverbot ist was anderes als z.B. ein Unfall, möchte aber hier auch mal aufzeigen, dass die Medaille zwei Seiten hat.

    1. Nihilistin sagt:

      @Stefan: Ich bin Angestellte, spreche daher von der „sicheren“ Seite. Drei Dinge zu Ihrem Kommentar:
      1) Soweit ich weiss haben Soloselbstständige keine Chance, in eine solidargemeinschaftliche Versicherung einzuzahlen (wie wir Angestellten), um so etwas wie Kurzarbeitergeld zu erhalten. Würden sie das privat tun, wäre die Versicherung derartig teuer, dass es nur millionenschwere Soloselbständige könnten (die es dann aber nicht brauchen)
      2) Ich beobachte in vielen Branchen nachgewiesenermaßen einen Missbrauch des Kurzarbeitergeldes: Mitarbeiter:innen werden auf Kurzarbeit 50 gesetzt, die Firma stockt auf 90% auf. Da frage ich mich: Wie schlecht geht es der Firma wirklich? (und dann zahlt man auch noch Dividende, siehe BMW). Lauter kann ein „Missbrauchs-Ruf“ nicht sein.
      3) Staatliche Zuschüsse ausserhalb von Kurzarbeitergeld ohne Pflichten der Firmen (Stichwort: Lufthansa) stehen ja auch noch im Raum. Da hat keine Arbeitnehmer:in für eingezahlt, da wird das Steuergeld von allen genommen (auch von Soloselbständigen)

      Also unterstütze ich als 100% beschäftigte und voll bezahlte Angestellte ebenfalls zu 100% den Unternehmerlohn für diverse Selbständigengruppen, bevor noch mehr Existenzen den Bach runtergehen und (KEINE 9 Milliarden zur Rettung ohne Gegenleistung bekommen)

    2. Vanessa sagt:

      Das Argument ist sicherlich nicht von der Hand zu weisen. Gleichzeitig sehe ich auch folgende Argumente:

      1.) Was die Nihilistin sagt: Die Abgabenmenge ist sehr hoch für Solo-Selbstständige, wenn sie sich wie Arbeitnehmer absichern: Krankenversicherung Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil, staatliche Rentenversicherung, Arbeitslosenversicherung, dazu Berufs- und Vermögenshaftpflichtversicherung, ohne zusätzliche private Rentenversicherung geht es auch nicht, Krankentagegeldversicherung für Absicherung gegen Verdienstausfall. Die Beitragssätze werden auf Basis vergangenen Einkommens berechnet – nicht auf Basis des tatsächlichen Einkommens. Kluge Pakete gibt es nicht; man hat den Eindruck, dass die Arbeitsform „solo-selbstständig“ nicht gewollt ist. Viele, auch ich, halten es in Sachen Arbeitslosenversicherung deshalb so: Wir sorgen privat für saisonal bedingte Einkommensschwankungen vor. Mein Ziel ist stets, mir von meinen Rücklagen ein Jahr lang Gehalt in Höhe von ALG I zahlen zu können. Das Risiko einer mehrjährigen Pandemie war in dem Plan bis dato nicht drin. Im Gegensatz zum Staat kann ich dafür auch nicht so einfach Schulden machen.

      2.) Die Frage ist auch: Ist die Alternative vielleicht deutlich kostspieliger? Will sagen: Gegebenenfalls ist es preiswerter einen Konzertpianisten eineinhalb Jahre lang aus Steuern zu subventionieren, ehe er wieder gutes Gehalt hat, als dass er seine gesamte Altersvorsorge aufbrauchen muss und keine finanzielle Kraft hat, nach der Pandemie sein Business wieder aufzubauen. Auch hier, was die Nihilistin sagt: In Anbetracht des Verteilens von Beitrags- und Steuergeldern an große Unternehmen und Konzerne scheint mir das durchaus eine legitime Überlegung.

  2. Nihilistin sagt:

    Danke für den Stoffhintergrund. Ich LEBE seit März in Teams-Videokonferenzen, und hasse die Hintergründe, egal wie witzig oder hilfreich sie sein sollen. Immer ist ne Hand abgeschnitten, oder die Haare sehen komisch aus.
    Daher bevorzuge ich in meinem Fall auch einen aufgeräumten „offenen“ Zimmerhintergrund (da meine Konferenzen fast immer mit altbekannten Kolleg:innen stattfinden, quasi Familie)

    1. Vanessa sagt:

      Für einfache Videotelefonate finde ich das nicht so dramatisch. Ganz im Gegenteil: Es ist doch ganz erfrischend und macht das Berufliche menschlicher. Für ein Webinar, bei dem ich als Referentin gebucht bin, empfinde ich es nun nach acht Monaten angebracht, in mehr Professionalität zu investieren.

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