Draußen nur Kännchen Kaffeehaus mit ♥

Akklimatisierung und Bemerknisse zur Zeitungskrise

3. 2. 2020 6 Kommentare Aus der Kategorie »Tagebuchbloggen«

Auf Schicht | Damit ich mich von La Gomera erholen kann, habe ich nun erstmal eine Woche Urlaub. Nun ja, Semi-Urlaub. Ich akklimatisiere mich ins Arbeitsleben hinein. Die Erholung soll ja nicht gleich wieder fort sein.

Heute also Umsatzsteuervoranmeldung. Mein Buchhaltungsprogramm hat Dinge umgestellt, eine grundsätzlich gute Idee. Sie erfordern jedoch etwas andere Arbeitsabläufe bei mir. Das war fummelig. Lag aber an mir.

Ich sah meine Post der vergangenen Wochen durch, bildete dank frischen Elans aber keine Stapel, sondern heftete ab. War sehr beeindruckt von mir selbst.

Das Ehrenamt beim Ladies‘ Circle erforderte einen Bericht und Kommunikation. Dank frischen Elans habe ich das auch gleich erledigt.


Superbowl | Gestern Abend Superbowl in sehr netter Gesellschaft. Ich hielt bis zur Halbzeit durch, verabschiedete mich dann ins Bett und schaute die Highlights heute Morgen auf Youtube.

Das war ausgesprochen mitreißend, und diese Spielzüge – also, Hut ab. Ich entwickle noch Freude an dieser Sportart.


Neuerungen | Am Wochenende war ich im Fitnessstudio. Das Bergwandern hat mir eine positive Grundfitness verschafft. Ich crosstrainere nun alles in Grund und Boden.

Das Fitti hat außerdem umgebaut und sich erweitert. Es gibt nun eine zweite Halle mit martialischen Geräten, dazu ein Käfig, in dem man kompexe koordinatorische Dinge tun kann, und Matten mit Zahlen drauf zum Sprinten. Ich werde das dieser Tage nochmal inspizieren.

Eine Folgeerscheinung ist jedoch schon eingetreten: Ich habe zwei neue Geräte ausprobiert und nun veritablen Muskelkater. Fühle mich gleichzeitig enorm gestählt.

Sonst keine Neuerungen in der nächsten Umgebung: Alle Baustellen und Umleitungen existieren noch, und auch sonst scheint im Januar nichts passiert zu sein. Der Beweis, dass man einfach mal einen Monat weg sein kann, ohne dass man etwas verpasst.


Sonstiges | Ich habe für Gäste gekocht. Sie waren zufrieden, es gab keine Beschwerden.

Es gab eine Vorspeisen-Brotzeit mit kanarischem Käse, Chorizo, Gazpacho, Tomatensalat und Palmhonig, dazu Brötchen nach Herrn Grün und Haferfluffis. Danach Penne Rigate Lucinda und zum Schluss Grießpudding und kleine Napfkuchen. Alle wurden satt.


Bemerknisse zum Thema „Zeitungen“ | Thomas Knüwer stellt die Frage „Haben Zeitungsleser für Journalismus jemals gezahlt?“ Seine These: Nein. Hintergrund ist die seit ungefähr zwei Jahrzehnten vorhandene Jammerhaltung von Verlagshäusern, niemand wolle für guten Journalismus zahlen.

Ich möchte zwei Ergänzungen dazu machen:

1. Die Qualität ist auf zwei Ebenen unbefriedigend

Ich schließe mich Thomas Knüwer insofern an, als dass man tatsächlich zwischen Inhalten und Darreichungsform unterscheiden muss. Der eine Leser bezahlt für den Inhalt – die Nachricht als solche, die gute Reportage, die Hintergrundinformationen. Die andere Leserin für die Art und Weise der Vermittlung, Darreichung, Distribution: handlich auf Papier, morgens per Newsletter oder in Form von Infografiken; wie man es halt mag.

Wenn wir nun darüber sprechen, dass Menschen kein Geld für Journalismus ausgeben, dann müssen wir die Frage stellen, an welcher Stelle das Defizit ist: Inhalt oder Distribution. Oder beides.

Wenn ich mir meine Regionalzeitung in Dortmund ansehe, sind 98 Prozent der Inhalte für mich uninteressant, unwichtig, nicht tiefgehend genug oder durch andere Quellen ersetzbar. Diejenigen Inhalte, die ich rezipieren würde, erhalte ich in einer Form, die mich abschreckt: Weder mag ich ein Monatsabo in Höhe von 15 Euro für schlechte Usability und Bannerwerbung abschließen, noch mag ich einen Kilometer zum nächsten Kiosk laufen und mir eine gedruckte Zeitung kaufen. Geschweige denn, für knapp 42 Euro pro Monat ein Print-Abo zulegen, um dann auch noch Papier zu entsorgen.

Ich persönlich gebe nur Geld für Journalismus aus, der mich in Inhalt, Art und Weise der Darreichung, Preis-Leistung und Einfachheit der Bezahlung abholt. Das sind momentan vier Angebote: Zeit online, New York Times und Correctiv – und die öffentlich-rechtlichen Sendern, für die ich gerne Rundfunkbeitrag bezahle.

2. Der Auflagenniedergang von Zeitungen hat ein komplexes Ursachengeflecht

Im und unter dem Artikel diskutieren Knüwer und seine Kommentatoren überdies, dass der Niederggang der Auflagen bereits in den 80er Jahren begann – und damit mitnichten die Digitalisierung als alleinige Ursache hat. Das ist richtig. Allerdings diskutiert der Artikel nur die medialen Einflussfaktoren, die den Zeitungen schon früh das Wasser abgruben – zum Beispiel das Aufkommen des Privatrundfunks.

Variablen, die Knüwer und Kommentatoren unerwähnt lassen, sind gesellschaftliche und demographische Einflüsse: Seit den 80er Jahren hat die Frauenerwerbsquote zugenommen. Ebenso die Pendlerquote, die Verkehrsdichte, die Abiturientenquote, die Anzahl der funktionalen Anaplhabeten, die Scheidungsquote, die Zahl der Menschen mit Migrationshintergrund, der Anteil befristeter Arbeitsverhältnisse.

All das trägt dazu bei, dass Menschen weniger Zeitungen abonnieren: Die Zeit fürs Lesen fehlt, weil die Leute morgens nicht mehr ausgiebig frühstücken. Sie müssen früher zur Arbeit, weil sie mehr und länger pendeln. Menschen mit Migrationshintergrund sind in der Berichterstattung nicht hinreichend berücksichtigt (außer, wenn über sie berichtet wird, oft problematisierend). Das Bildungsniveau der Deutschen ist gestiegen, gleichzeitig gibt es mehr Leute, die selbst einfache Texte nicht gut lesen und verstehen können: Regionalzeitungen verlieren beide Seiten, weil sie den Einen eine zu leichte und den Anderen eine zu schwere Kost servieren. Die höhere Abiturientenquote führt außerdem zu höheren Studierendenquoten, was wiederum heißt, dass immer mehr Menschen weniger örtlich gebunden sind: Sie bleiben in geringerer Anzahl in ihrem Heimatort, ziehen aufgrund mehrstufiger Ausbildung, höheren beruflichen Chancen und vertraglichen Befristungen öfter um; sie fühlen eine geringere Bindung zu ihrem neuen Wohnort. Das alles senkt die Tendenz, eine Regionalzeitung zu abonnieren. Dass Leute später heiraten, sich öfter scheiden lassen, trägt ebenfalls dazu bei (weniger Sesshaftigkeit, Umzüge, geringeres Haushaltseinkommen).

Es gibt also eine Reihe von mittelbaren und unmittelbaren Variablen, die das wirtschaftliche Ende von Zeitungen beeinflussen und die bei der Entwicklung neuer Produkte berücksichtigt werden müssen – sowohl auf Ebene des Inhalts als auch auf Ebene der Darreichung. Viele Verlage, gerade regionale, verweilen aber in einem ausschließlich medialen, vertriebsgetriebenen Gedankenkonstrukt, ohne den Gesamtkontext zu betrachten. Tatsächlich aber muss regionale und lokale Berichterstattung komplett neu gedacht werden.

Kommentare

6 Antworten: Bestellung aufgeben ⇓

  1. Johanna sagt:

    Danke, u. a. für die Anregungen zur Fitness, und Gratulation zur gesteigerten Fitness. Und Neid, dieser allerdings meine Sache.

  2. Neli sagt:

    Auch ich lese immer weniger Zeitung auf Papier. Ich habe schon immer viel Tageszeitung und monatliche Zeitschriften gelesen. Aber ich lese manchmal eine ganze Woche nicht unsere abonnierte Regionalzeitung, weil nach dem „Relaunch“ nicht mehr so viel lokale Berichte und Termine zu finden sind, die mich interessieren. Politik ist auch nur noch das übliche Blabla, wenig Wirtschaftsnachrichten.
    Also suche ich gezielt nach regionalen Nachrichten, gehe ich auf die Seiten der regionalen Fernseh- und Radiosender. Kino, Theater, Museum, Konzerte alle Termine sind im Internet zu finden. Deshalb bin ich auch sehr traurig, das Frau Kaltmamsell jetzt eine lange Blogpause macht. Sie hat mich auch oft auf andere interessante Themen neugierig gemacht.

  3. Berit sagt:

    Danke für die klugen Gedanken zum Thema Regionaljournalismus. Diese Punkte hatte ich nie so auf dem Schirm.

    1. Vanessa sagt:

      Gern.
      Ja, es ist kompliziert.

  4. Chris sagt:

    „funktionalen Anaplhabeten“
    Absicht? ;-)

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