Tapeten abreißen
Da war ich also wieder und riss Tapeten ab.
Ich habe ihn schon vermisst, den Duft frisch eingeweichter Tapete. pic.twitter.com/FOtuislG1O
— Vanessa Giese (@dieliebenessy) January 31, 2015
Wir erinnern uns alle noch an mein Renovierungsbootcamp. Erst legten die Handballmädels Hand an, dann nur noch ich selbst, mal alleine, mal gemeinsam mit Freunden. Meine Wohnung, in den 1960er Jahren erbaut, hatte pro Jahrzehnt eine Tapetenschicht konserviert; außerdem zwei Schichten an Bodenbelag. Eine archäologische Fundstätte, das Troja Dortmunds. Nach dem Abtragen aller Schichten war sie zwei Quadratmeter größer als gekauft.
Tapeten abreißen also.
Ich sage es direkt vorweg und in aller Deutlichkeit: Ich möchte keine Ratschläge. Sparen Sie sich Tipps. Tapetenlöser, Tapetentiger, Dampfreiniger, Nagelroller, Elektroschaber – wenn ich eines dieser Worte in den Kommentaren lese, kommen Sie auf die Blacklist. Ich will nichts hören, gar nichts.
Denn der ganze Scheiß nützt nix.
Nullkommanix.
Ich habe es ausprobiert. Alles. Und ich weiß eins: Derjenige, der als erster ein wirksames Mittel zum Tapetenabreißen erfindet, quasi die sich auf Knopfdruck selbst lösende Tapete, ist ein gemachter Mann. Oder Frau. Wenn ich Sie wäre, würde ich meine gesamte Energie auf diese Fragestellung fokussieren. Danach können Sie auf Ihren Geldbergen Schlitten fahren, dann sind Sie Dagobert Duck und der Welt rettende Heiland in einer Person.
So stand ich aber am Wochenende da, mit Spachtel, Spüli und Spritzpistole und weichte Tapeten ein. Nicht in den eigenen vier Wänden, diesmal war ich ausgeliehen. Die erste Lage ging prima ab, dann aber kam eine zweite zum Vorschein, eine Art Seidentapete, vielleicht war’s auch chinesisches Reispapier, keine Ahnung. Den hauchfeinen, widerstandsfähigen Belag, eins mit der Wand, konnte man entweder trocken abknibbeln oder eingeweicht zentimeterweise runterschaben.
Ihnen gruselt es? Ich setze noch einen drauf: unter der Decke.
Sie stellen sich nun sicher die Frage: Konnte man die nicht dranlassen? Einfach wieder Raufaser drüber – feddich. Nein, so einfach ist das nicht. Nicht, wenn man Wände und Decke danach tapetenlos weiterverarbeiten möchte, mit Farbe oder Strukturputz. Alles musste runter.
Das Positive: der Trainingseffekt. Nichts ist wirkungsvoller gegen Winkfleisch, als einfach mal sechs Stunden über Kopf zu arbeiten. Um anschließend die Haare zu waschen, kriegt man die Arme zwar nicht mehr hoch, dann reibt man den Kopf leise wimmernd an der Duschwand. Aber sonst: eine super Sache.
Deshalb bin ich beim nächsten Termin auch wieder dabei. Weil’s so schön macht.
(Beitrag beim Masseur diktiert)