Draußen nur Kännchen Kaffeehaus mit ♥

Wie ich unversehens auf ein Spinning-Rad geriet und deshalb nun samstags immer früh aufstehe

16. 7. 2017 20 Kommentare Aus der Kategorie »Turnen«

Neulich hieß es in der Whats-App-Gruppe der Handball-Veteraninnen:

Hallo Mädels, wir haben für Samstag noch Räder frei. Mag jemand? Viertel nach neun ist Beginn.

Die Handball-Veteraninnnen sind Damen, mit denen ich allesamt Handball gespielt habe. In der Whats-App-Gruppe verabreden wir uns regelmäßig zum Essen und Klönen. Eine der Veteraninnen ist nun Trainerin, und ihre Mädels gehen in der Vorbereitung zum Spinning. Wenn Räder frei sind, können die Veteraninnen auffüllen.

Ich antwortete auf obigen Beitrag:

9.30 Uhr ist schmerzhaft früh. Möchte ich nur mal sagen.

Ich wollte damit lediglich auf die Abwegigkeit des Vorschlags hinweisen: Spinning am Samstagmorgen um 9:30 Uhr an einem Ort, der am anderen Ende der Stadt liegt. Das heißt nämlich: 7:30 Uhr aufstehen – vor solch absurd anstrengenden Sportarten muss man vorher ein Brot essen -, Kontaktlinsen ins Auge stecken, anziehen, durch die Gegend fahren (mit Autobahn!), um bei dröhnender Musik mit den Füßen auf ein Standrad gekettet zu werden. Eine bizarre Idee.

Los Nessa! Nicht lange zögern! Wir können anschließend bei mir frühstücken!

Frühstück! Bei der Veteranin mit der Schaumkaffeemaschine und den holländischen Schokostreuseln!

Ich sitze also am folgenden Samstag um kurz nach Sonnenaufgang mit Augen, verquollen wie Donatella Versace nach der achten Oberlid-OP, in einem winzigen Raum auf einem Standrad. Draußen scheint die Morgensonne. Hier drinnen dröhnt Musik. Ein Tüp mit Waden von der Größe eines Babypandabären brüllt: „Vier! Drei! Zwei! Und up!“

Und als ob das nicht genügt: Der Tüp hat eine Nebelmaschine.

„Wir bleiben im Rhythmus! Seid ihr alle wach?“
//*ppfffffffft

Chinareise im Jangtze-Delta, August 2005: 32 Grad, 97 Prozent Luftfeuchtigkeit, 100 Prozent Smog. So ist Spinning im Juli 2017, in einem Panic Room mit Nebelmaschine.

„Und jetzt eine schnelle Runde. Vier Minuten Sprint! Davon zwei Minuten aus dem Sattel! Vier! Drei! Zwei! …“

Sprints sind völlig ungeeignet für meine Beine. Meine Beine sind für langes Ausschreiten gemacht. Oder für schnelles Laufen an Land. Aber nicht für Roadrunner-artige Umdrehungen an einer winzigen Kurbel. Erstaunlich, wie schnell manche Menschen ihre Beine bewegen können. Diese kleine Person vor mir zum Beispiel – die Beine, eine rotierende Scheibe.

„Noch zwanzig Sekunden!“
Zwanzig?!
„Noch fünfzehn!“
Nebelmaschine, Lasershow, dazu AC/DC.
„Die hintere Reihe auch! Ein bisschen schneller.“
Ich geb dir gleich schneller. Mach mal die Augen zu, dann siehste, was schnell ist. Ich glaube, es hackt.
„Noch zehn!“
Für dich vielleicht.
„Fünf!“
Alta.
„Und setzen.“
Na endlich.
„Nicht langsamer werden!“
Nicht???
„Aktive Erholung!“
Wie das gehen soll, habe ich noch nie verstanden.
„Und nochmal! Vier! Drei! Zwei! Und up!“
Pass mal auf, du Kasper.
„Nochmal fünfzehn Sekunden Vollgas!“
Was halt so Vollgas ist, ne.
„Seid ihr bereit?“
Nee.
„Fünfzehn!“
Moment! Eben ware es fünfzehn! Jetzt müssen es zehn sein!
„Zehn!“
Du lügst doch.
„Fünf!“
Meine Oberschenkel sind das Fegefeuer.
„Setzen. Widerstand raus. Und erholen.“

Spining ist auch deshalb völlig absurd, weil ich bei keiner anderen Sportart so bizarr viel schwitze. Mir tropfen die Niagara-Fälle vom Körper.

„Jetzt kommt ein schöner, langgezogener Berg. Ein Berg, der euer Herz erfreuen wird.“
Moment. Ich dachte, wir erholen uns.
„Widerstand rein.“

Das Problem mit Spinning, besonders mit Spinning morgens um 9:30 Uhr ist: Danach fühle ich mich zwar wahnsinnig straff. Ich möchte aber auch umgehend ein kleines, mit Crème fraiche gefülltes Schwein essen. Auf Toast. Überbacken mit einer Käsekruste. Zum Glück gibt es Frühstück mit Schaumkaffee. Und Schokostreusel.

Nächste Woche wieder.

Kommentare

20 Antworten: Bestellung aufgeben ⇓

  1. lanieya sagt:

    Eine großartige Beschreibung, die mich zum Lachen gebracht hat. Viel Spaß nächste Woche.

    1. Vanessa sagt:

      Werde ich wahrscheinlich sogar haben.

  2. Kvinna sagt:

    Hab‘ mitgeschwitzt, ich schwör‘! Und es beschleunigt offenbar auch die Postingfrequenz …

    1. Vanessa sagt:

      Naja … es beschleunigt ungefähr in dem Maße, wie ich Radfahre. Also eher mäßig.

  3. Der Hagelslag ist hier das Eichhörnchen.

    1. Kvinna sagt:

      Sonst ist doch immer der Teufel ein Eichhörnchen. Und gegen Hagelslag könnte ich mich wahrscheinlich auch nur schwer wehren … Gruß, Erklärbär

  4. Thomas sagt:

    … fast hätte ich eingewandt, ein Klon-Zwilling meines inneren Schweinehundes hat die Seiten gewechselt, um um stramme Handballerinnen- Waden zu buhlen….
    Aber,- kann ja nicht sein!
    Innere Schweinehunde sind beratungsresistent und ortsgebunden!
    Aber wieder mal brillant geschrieben

    1. Vanessa sagt:

      Mein Schweinehund ist im Moment ziemlich agil und dynamisch. Er verfällt nur manchmal in eine schwere Lethargie. Das kommt dann ganz plötzlich. Dann schafft er es für zwei, drei, vier Wochen nicht aufzustehen.

  5. hin & weg sagt:

    Bin vor einem Jahr auch unter die sporttreibende Bevölkerung im Fitnessstudio gegangen. Ich mach´s wegen der Schulter. Und damits nicht einseitig wird trainier ich das andere halt auch alles mit… Aber… Ein Hobby wird das zuleb´ Tag nicht…

    1. Vanessa sagt:

      Ich find‘ ja: Die Abwechslung macht’s. Jetzt im Sommer bin ich wenig im Fitti: Draußen ist es schöner, ich gehe laufe. Dann das Kalendergirltraining. Am Wochenende mal Testspiele oder Turniere. Dann noch die ein oder andere Fahrradtour. Im Winter gehe ich wieder mehr ins Fitnessstudio, dann freue ich mich auch darauf.

  6. flyhigher sagt:

    Wie immer – Kompliment! Hervorragend ge- und beschrieben. Nur das mit den verquollenen Augen wie nach Donatellas 8. Lidstraffung kann ich dir leider nicht glauben, da ich grade eine derartige OP hinter mir habe, und weiß, wie man danach aussieht – so schlimm kannst du gar nicht ausgesehen haben!!! Und ich sah noch recht gut aus für die Verhältnisse!

    Ich mach ja grad https://www.youtube.com/watch?v=v9aQWKt934c (=strong by Zumba). Ich kann deine Beschreibung des Spinnings aus eigener Erfahrung beim Spinning und jetzt beim Strong by Zumba sehr gut nachvollziehen! :-D! Da müssen wir durch! Und den Heisshunger auf das Schwein, den kenn ich auch nur zu gut!

    1. Vanessa sagt:

      Vor Zumba habe ich ich ja irgendwie keinen Respekt. Vielleicht sollte ich es mal machen, damit ich ihn kriege.
      (Und dann darüber bloggen.)

    2. Verena sagt:

      Ich fände eine Zumba-Testeinheit und dazugehörigen Blogeintrag großartig! Serviceblog und so :-)

    3. flyhigher sagt:

      Ich kann das nicht beurteilen, weil ich Zumba nicht kenne, sondern eben dieses „strong by Zumba“ und habe mir sagen lassen, dass das mit Zumba kaum etwas gemein hat. Wie gesagt, ich weiß es nicht. Ich kanns nur nachsagen.

    4. Vanessa sagt:

      @Verena:
      Ich nehm’s mit auf meinen Zettel. Eine ergebnisoffene Annäherung an das Thema „Zumba“ hat sicherlich Charme. Am Ende geht’s mir wie beim Yoga, wo meine Erwartungshaltung war: nur liegen und atmen. Hat sich als bedauerliches Missverständnis herausgestellt.

      @flyhigher:
      In die Spitzfindigkeiten tauche ich dann später ein. Das scheint ja eine Wissenschaft zu sein.

  7. Alwin sagt:

    Liebe Nessy,
    vielen Dank für die erheiternde Beschreibung.

    Habe vor so ca. einem Jahr auch mal rumgesponnen (oder was ist die Vergangenheitsform von spinnen?), wg. Überredung durch Freundin, wissenschon. Uhrzeit und Entfernung etwa dieselbe, dafür wochentags und Berufsverkehr auf der Bundesstraße. Und leider ohne AC/DC, dafür mit plumpem Technogedröhns und einer Trainerin, die ich insgeheim „Maggie Thatcher“ nannte. Die „iron lady“, man erinnert sich vielleicht.

    Danach tat ich etwas, was ich sonst nie tue: McDrive. Und ich sag’s dir, nach so viel Gesundheit am frühen Morgen sich gemeinsam mit der Freundin im Auto zwei riesige Burger und ’ne Coke reinziehen, es gibt nichts Schöneres!

    1. Vanessa sagt:

      Hehe. Maggie Thatcher. Ich kann es mir lebhaft vorstellen.

      So direkt nach dem Sport habe ich meist Hunger auf was Gesundes (verrückte Sache!). Legt sich dann aber schnell wieder.

  8. Sandra sagt:

    Nessa…..GROßARTIG!!!!!!
    Und nun grübeln alle Mädels, wer denn die kleine Person mit den schnellen Beinen vor Dir war… ;-)
    JEDE will es gewesen sein….. :-)

    Und wenn man sich einmal an dieses Gestrample gewöhnt hat macht es ja tatsächlich Spaß!
    Um es mit den Worten von Rammstein zu sagen:
    “ ICH WILL…..ICH WILL…..ICH WILL WIDERSTAND!!!!!!!“
    :-)

    1. Vanessa sagt:

      Vielleicht waren es mehrere. Vielleicht sammeln sich in der Figur „Die Kleine mit den schnellen Beinen“ alle, die schnellere Beine haben als ich. Tipp: Das trifft auf alle zu, die sich gemeinsam mit mir im Raum befinden.

      Seltsamerweise macht es tatsächlich Spaß.

Die Kommentare sind geschlossen



In diesem Kaffeehaus werden anonym Daten verarbeitet. Indem Sie auf „Ja, ich bin einverstanden“ klicken, bestätigen Sie, dass Sie mit dem Datenschutz dieser Website glücklich sind. Dieser Hinweis kommt dann nicht mehr wieder. Datenschutzerklärung

Die Cookie-Einstellungen auf dieser Website sind auf "Cookies zulassen" eingestellt, um das beste Surferlebnis zu ermöglichen. Wenn du diese Website ohne Änderung der Cookie-Einstellungen verwendest oder auf "Akzeptieren" klickst, erklärst du sich damit einverstanden.

Schließen