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Bücher im Sommer

29. 09. 2015  •  2 Kommentare

In den vergangenen Monate habe ich zahlreiche Rezensionexemplare gelesen, aber natürlich auch selbst Bücher gekauft:

Buecher_Sommer_2015

Kai-Eric Fitzner. Willkommen im Meer.
Gekauft, als Johannes Korten die Aktion „Ein Buch für Kai“ ins Leben rief. Darum geht’s im Buch: Tim ist ein Lehrer mit Idealen. Er möchte seinen Schülerinnen und Schülern beibringen, die Dinge zu hinterfragen, selbst zu denken, sich eine eigene Meinung zu bilden. Als er an seiner neuen Schule anfängt, läuft die ganze Sache etwas aus dem Ruder: Plötzlich wohnt ein Schüler in seinem Haus, Schwiegermutter reist an und seine Frau heckt auch etwas aus. Die Geschichte ist eine temporeiche Komödie mit Hintersinn, etwas, das gut in einen Fernsehfilmabend im ZDF passt – und das meine ich nicht negativ: gute Unterhaltung, manchmal etwas holzschnittartig, hier und da ein paar Längen, aber alles in allem eine kurzweilige Sache.

Luca di Fulvio. Das Kind, das nachts die Sonne fand.
(Deutsch von Katharina Schmidt)
Der dritte Di Fulvio nach „Der Junge, der Träume schenkte“ und „Das Mädchen, das den Himmel berührte“. Offensichtlich wechseln sich die Geschlechter ab, denn diesmal geht es wieder um einen Bub: Der junge Marcus ist Sohn des Landesfürsten von Raühnval, einem Herrschaftsgebiet in den Ostalpen. Als die Burg seines Vaters überfallen wird, verliert er seinen Stand und muss sich verstecken. Er wird Mikael, der Leibeigene, und ist fortan der Willkür des neuen Fürsten ausgesetzt. So weit, so klassisch der Plot: Dem edlen Prinzen widerfährt Unrecht, und er muss sich Gerechtigkeit erkämpfen. Liebe kommt auch vor, das Ganze auf 832 Seiten – mindestens 300 Seiten zu viel, wenn Sie mich fragen. Die Story ist auch leider so platt, die Charaktere sind nichts als Stereotype für Gut und Böse. Den vierten Di Fulvio werde ich mir klemmen.

Tom Rachman. The Rise and Fall of Great Powers.
(Aufstieg und Fall großer Mächte)
Von Tom Rachman „Unperfekten“ war ich begeistert – ein leiser, relevanter Roman zur Zeitungskrise mit guten Charakteren und scharfer Beobachtungsgabe. Deshalb war es keine Frage, dass ich „Aufstieg und Fall großer Mächte“ direkt kaufte, als ich es in der Buchhandlung sah. Ich vermutete hinter dem Titel ein Gesellschaftsthema, etwas Franzen-haftes, eine ebensolche Studie wie „Die Unperfekten“. Stattdessen erzählt das Buch die Geschichte von Tooly Zylberberg, die einen Buchladen in Wales hat, früher auf der ganzen Welt wohnte und die keine richtige Beziehung eingehen kann. Der Aufbau, insbesondere der Charaktere, ist verworren; es wird erst nach und nach klar, wie Tooly zu den einzelnen Menschen steht, wer ihr Vater ist und wer ihre Mutter. Dazu die Zeitsprünge und ihr Charakter, der wenig Halt hat – nicht in sich selbst und nicht in Beziehung zu den Menschen. Das ist alles nicht meins, tut mir leid, Tom Rachman.

Fabio Volo. È una vita che ti aspetto.
Das erste Buch von Fabio Volo, das mich nicht begeistert hat – im Gegenteil: Es hat geradezu knausgårdsche Züge. Wie in vielen von Volos Büchern geht es um einen Mitdreißiger, diesmal ist es Francesco, der zufrieden-unzufrieden ist. Er hat einen job, wechselnde Beziehungen, ein schwieriges Verhältnis zu den Eltern. Im Gegensatz zu Volos übrigens Büchern, in denen es einen Spannungsbogen, eine Entwicklung des Protagonisten gibt, mäandert die Geschichte diesmal vor sich hin – viel Selbstreflexion, wenig Substanz. Lesen Sie lieber Volos andere Bücher, damit fahren Sie besser.

John Williams. Butcher’s Crossing.
John Williams ist einigen von Ihnen womöglich bekannt durch „Stoner“. Das Buch at mir außerordentlich gut gefallen: Es ist leise, mit einem guten Gefühl für Zwischentöne. „Butcher’s Crossing“ ist ein früheres Werk; es spielt 1870, und es geht um den jungen Städter Will Andrews, der im Wilden Westen das Abenteuer sucht. Er schließt sich eine Gruppe Cowboys an, um Büffel zu jagen, und erlebt die Härten der Natur und die Unerbittlichkeit des Tötens. Leider fehlt der Geschichte ein Spannungsbogen. Die Beschreibungen der Natur, der Landschaft und der Gemeinschafts der Cowboys reichte nicht aus, um mich fesseln.

Mir fällt gerade auf, dass ich bis auf Kai-Eric Fitzner keinen Autor und keine Autorin das erste Mal gelesen habe. So auch Pia Ziefle, von der ich im Sommer das zweite Werk las:

Pia Ziefle. Länger als sonst ist nicht für immer.
Den Erstling „Suna“ habe ich im Andalusienurlaub gelesen; er war wunderbar stimmungsvoll. Die Erwartungen ans zweite Buch waren also hoch. Die Handlung: Es ist der Sommer 1976. In Ostberlin kommt der 9-jährige Lew in eine neue Familie, nachdem seine Eltern Republikflucht begingen. In einer schwäbischen Kleinstadt wird ein Mädchen namens Ira geboren. In Jugoslawien begibt sich der 4-jährige Fido mit seinem Großvater auf die Reise nach Deutschland. Die Protagonisten finden zusammen oder auch nicht – einiges bleibt vage. Ich bin leider nicht so richtig in die Geschichte reingekommen: Viele Figuren, aber keiner komme ich nahe; die Geschichte ist für mich nicht schlüssig. Es gibt bislang kein Buch, über das ich das behauptet habe, dies ist das erste: Mehr Seiten hätten der Geschichte gut getan.

Hier auch nochmal die Rezensionsexemplare:

Nickolas Butler. Shotgun Lovesongs
Eine Geschichte über Freundschaft in der Provinz.

Patricia Cammarata. Sehr gerne, Mama, du Arschbombe
Das Buch zum Nufblog: Geschichten aus dem Familienleben, fernab von Perfektion.

Einzlkind. Gretchen
Eine schrullige alte Dame reist zwangsweise nach Island.

Esther Verhoef. Gegenlicht
Ein Beziehungsdrama: Frau, Ehemann, Geliebter – Lebenskrise.

Pieter Webeling: Das Lachen und der Tod
Auschwitz, ein Komiker – der Gegensatz macht das Grauen noch unfassbarer.

 

Kürbis, Kanallauf, Kampfmaschinen

28. 09. 2015  •  13 Kommentare

Die Handballmädels haben gespielt, ich saß am Kampfgericht zum Knöpfedrücken. Die Saison läuft noch nicht rund. Auch am Wochenende lagen sie zur Halbzeit 8:17 zurück, eine Riesenklatsche bahnte sich an. Ich summte schon, am Zeitnehmertisch vor und zurück wippend, kathartisch in meinen Ärmel. Am Ende haben die Mädels mit 29:28 gewonnen. Ich weiß nicht, was sie in der Pause bekommen haben, eine Ich-föhn-euch-sowas-von-die-Haare-weg-Ansage oder eine Flasche Sekt: Sie kamen aus der Kabine und waren Kampfmaschinen. In der 59. Minute dann der Siegtreffer. „Mit neun Toren führen und dann verlieren – wie gut, dass das auch mal anderen passiert“, meinte die Rechtsaußen. Ich bin immer noch verzückt.

Blutmond, Mondfinsternis – pfff. Um 4 Uhr nachts befinde ich mich im Kernschatten meines Bettes, da kann kommen, was will. Die einzige Ausnahme: Das Aufstehen dient dem Zweck des In-den-Urlaub-Fliegens und ich kann mich in den darauffolgenden 336 Stunden umfänglich und ganzheitlich von diesem chronobiologischen Irrsinn erholen, dann meinetwegen. Ansonsten vertraue ich auf die Dokumentationspflicht professioneller Medien und auf den Eifer von Twitterern. Ich wurde nicht enttäuscht.

Mehr Druck. Seit etwa fünf Monaten arbeite ich in der Nähe des Datteln-Hamm-Kanals. Das ist sehr idyllisch, wenn man die Kulisse des nahen Kohlekraftwerks großzügig ignoriert. Es gibt Auen und Spazierwege, Felder, Wiesen und seichtes Wasser, herumstehende Pferde, Binnenschiffe und eine Schlossruine – eine geradezu bezaubernde Kulisse, um joggen zu gehen. Nur, dass ich schon länger nicht mehr joggen war und dramatisch außer Form bin; Yoga alleine genügt nicht, trotz aller Herausforderungen. Also nehme ich jetzt Sportklamotten mit zur Arbeit, ziehe mich dort um und laufe direkt nach Arbeitsende los: bloß nicht erst nach Hause fahren. Ich habe das einer Kollegin erzählt: „Oh, gut, dann gehe ich demnächst abends am Kanal walken, das setzt uns gemeinsam unter Druck.“ Verdammt nochmal, das wird es tun.

Fünf Kilo. Kürbis. Habe ich am Wochenende geerntet. Sie ahnen ja nicht, wie viel fünf Kilo Kürbisfruchtfleisch sind. Das reicht für eine Fußballmannschaft. Mit Auswechselspielern. Und Trainerstab. Und Spielerfrauen. Diese Woche steht also nicht nur im Zeichen des Joggens, sondern auch im Zeichen des Kochens: Kürbis mit Kartoffel, Kürbis mit Nudeln, Kürbis mit Feta. Ich werde selbst aussehen wie ein Kürbis, meine Mitte wird ein Kürbis, mein Kopf wird ein Kürbis. Die Rezepte demnächst im Gärtnerinnenblog.

Alltagsschnipsel

23. 09. 2015  •  4 Kommentare

Viel Arbeit. Ich spüre erste Urlaubsreife. Drei Monate noch bis zum Weihnachtsurlaub. Das ist, wenn ich es so aufschreibe, eine ziemlich lange Zeit. Andererseits ein Zeitraum mit vielen kleinen Meilensteinen, der verfliegen wird.

Außerdem sind die Bürowolken immer sehr schön.

Der Himmel über dem Industriegebiet

Viel Freude. Die Arbeit, sie macht Freude. Ein ausgefüllter Tag, gut zu tun, kein Leerlauf, aber auch nur wenig Stress, der zehrt. Dafür tolle Kunden, interessante Projekte und ein klasse Team – ein wirklich grandioses Team. Sagte ich schon, dass meine Kollegen super sind?

Wild und gefährlich. Beim Yoga verunglückt, auf der Fußmatte der Yogalehrerin ausgeglitten. Supinationstrauma! Außenbandeskalation! Aber alles im Rahmen, nichts im Vergleich zu einem Männerschnupfen. Dennoch: ein weiterer Grund, diese brutale Risikosportart nicht zu unterschätzen.

Bewegungstherapie. Erneut mit den Kalendergirls trainiert. Den Juni und den Juli kennengelernt. Tempogegenstöße gelaufen. Oder sagen wir: Zeitlupenstöße. Aber hey: So kann der Zuschauer meine … uhmm, Ästhetik länger genießen.

Pflaumen döppen. Am Wochenende habe ich den ersten Pflaumenkuchen des Jahres 2015 gebacken. Nur lecker mit Quark-Öl-Teig.

Ich sollte allerdings besser im eigenen Blog recherchieren, denn ich habe das falsche Rezept genommen. Außerdem ist mir der ganze Haufen Quark in die Schüssel gefallen. Fluffigkeitsfiasko! Ich werde die Backung wiederholen müssen, so ein Ärger.

Geschmack: 2-, Boden: 5+, Optik immerhin: sensationell.

Pflaumenkuchen mit Quark-Öl-Teig

 

Aufgeschnappt:

Gehirne von Kreativen haben eine erhöhte Anfälligkeit für Verzweiflung, da sie pausenlos Probleme höchster Komplexität lösen.*

Ich empfinde es eher als das Gegenteil: Weil ich ständig Fragen von hoher Komplexität vor mir habe, ist meine Verzweiflungstoleranz enorm gestiegen. Et hätt noch emmer joot jejange.

Das Nufbuch: Sehr gerne, Mama, Du Arschbombe

8. 09. 2015  •  2 Kommentare

Beginnen wir einmal ganz von vorn, quasi bei der Erfindung des Blogs:

Es gibt in diesem Internet ein Blog – ich möchte behaupten: Dieses Blog ist die Mutti aller Muttiblogs. Es besteht seit 2004, einer Art paläodigitalem Zeitalter, in dem wir mit Klapphandys telefonierten und unsere Rezepte im Dr.-Oetker-Schulkochbuch googelten, in dem wir mit gewaltsam gegen den Knick gefalteten Falk-Plänen durch Städte gingen und es noch zwei Jahre dauern sollte, bis Twitter erfunden wird.

Vor elf Jahren also, als Gerhard Schröder Bundeskanzler war und die Gartenbohne das Gemüse des Jahres wurde, setzte sich die Mutter der Mutti aller Muttiblogs an einen Schreibtisch und begann zu bloggen.

Diese Frau, die Pionierin des Erzähltippens, heißt Patricia Cammarata, formally known as Das Nuf. Und Patricia hat nun ein Buch veröffentlicht.

Patricia-Cammarata-Mama-Arschbombe

Endlich!, möchte man sagen, nach so vielen Jahren. Denn ich mag Patricias Schreibstil: entspannt und selbstironisch, satirisch und humorvoll – das passt alles wunderbar. Insbesondere zum übergeordneten Thema des Blogs passt es gut: Leben mit Kindern.

Patricias nicht vorhandene Leidenschaft für Brotdosen, ihr ebenso engagierter wie erfolgloser Versuch als Bastelmutti, ihr nimmermüdes Engagement in Sachen Aufwachteller – das alles macht sie unglaublich sympathisch (ein Eindruck, der sich übrigens besätigt, wenn man sie trifft). Darüber hinaus bloggt Patricia auch über Nicht-Eltern-Themen – ein großes Qualitätsmerkmal eines Elternblogs, wie ich finde.

Ein Buch also. Es heißt „Sehr gerne, Mama, Du Arschbombe“ – ein Titel, der den Inhalt treffend zusammenfasst.

Eigentlich bräuchte ich nun nicht weiter fortfahren, denn hey! Ein Nufbuch! Außerdem hat  Christian vom Familienbetrieb bereits alles über das Buch gesagt. Trotzdem ein paar Worte meinerseits:

Das Buch bündelt Beiträge aus dem Blog; es ist eine Art Kurzgeschichtensammlung. Manch einer mag das kritisieren, ich halte das für ein Format, das seine Berechtigung hat. Schön kompakt zum Durchblättern die Höhepunkte aus elf Jahren Blog (und ungefähr so vielen Jahren Familienleben), in mundgerechten Häppchen und handlich verpackt zum Immer-wieder-in-die-Hand-nehmen, zum Aufs-Klo-legen und Beim-Bahnfahren-Lesen. Und natürlich zum Verschenken – für all die vielen Menschen, die Blogs noch nicht für sich entdeckt haben.

Ich selbst kannte übrigens nur rund ein Drittel der Beiträge und habe mich gefreut, die anderen zu lesen.

Am Ende noch zwei Kritikpunkte, die aber eher in Richtung Lektorat gehen. Zuerst zur Sortierung der Geschichten, denn die Chronologie ist irreführend:  Mal ist Kind 1.0 klein, in der nächsten Geschichte ist es Teenager, dann wieder klein; das hätte man besser machen können – hängt aber möglicherweise mit der Untergliederung in Kapitel zusammen, die sich mir nicht erschlossen hat. Einfach chronologisch hintereinander weg, ohne künstlische Themeneinteilung, das wäre besser gewesen. Zweiter Wehrmutstropfen ist der Untertitel „Tiefenentspannt durch die Kinderjahre“. Die Erzählerin (von der Autorin weiß ich es nicht) ist mitnichten immer tiefenentspannt – das macht es doch gerade so gut! Warum also dieser Mainstream-Untertitel?

Insgesamt: schöne Lesefreude mit ein paar wirklich herzlichen Lachern und vielen Schmunzlern. Ich habe das Buch schon dreimal verschenkt.

*

Das Buch wurde mir zur Rezension zur Verfügung gestellt. Ich hätte es mir aber auch so gekauft, als alter Nufgroupie. 

Septembersonntag am See

7. 09. 2015  •  6 Kommentare

Wenn es stürmisch ist, mag ich den See am liebsten.

Phoenixsee_Panorama_September_01x

An warmen Tagen, wenn die Sonne scheint und der Himmel wolkenlos ist, flanieren Mann und Maus um den Phoenixsee, die Strukturwandelpfütze Dortmunds. Der See liegt da wie im Wasserglas, die Wiesen und Wege sind voll, ein träges Spaziergehwieweitnochichwilleineisgefühl wabert ums Ufer.

Ist es aber regnerisch, sind die Spazierwege leer. Nur ein paar unerschrockene Hundebesitzer zerren ihren Fiffi ums Gewässer, zügig, zügig, nicht zu lange schnuppern, damit sie bis zum nächsten Schauer wieder am Auto sind. Der Wind weht in Böen über die Fläche. Bäume biegen sich, Haare wehen ins Gesicht, werden wieder herausgestrichen, wehen wieder vors Auge.

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Der See mag den Wind und der Wind mag den See. Das Wasser kräuselt sich, es klatscht an die Stege, das Schilf wiegt sich, Enten schunkeln auf den Wellen, Möwen werden durch die Luft gepustet, Wolken türmen sich über dem Ufer.

Ein Luftballon weht über das Wasser, rot, mit einer Botschaft am Geschenkbändchen. Er sinkt hernieder, mitten auf dem See, das Papier berührt das Wasser, einmal, zweimal, dreimal, dann kommt eine Böe und trägt ihn wieder empor, über den See, über das Ufer und fort.

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Das ganze Panorama wirkt zerzaust, und vielleicht ist genau das der Grund, warum ich den See bei Sturm mehr mag als bei schönem Wetter: Die Natur sorgt für Unaufgeräumtheit in der reißbrettgeplanten Naherholungsidylle.

Esther Verhoef: Gegenlicht

5. 09. 2015  •  Keine Kommentare

Gelesen:

Ersther Verhoef: Gegenlicht

Darum geht’s:

Vera ist Ende 30 und verheiratet mit Lucien. Doch die Ehe steht auf der Kippe: Lucien und sie leben nebeneinander her. Vera hat bereits seit einiger Zeit einen Liebhaber. Sie ist rastlos und kann nicht mit ihrer Vergangenheit abschließen: Ihre Mutter erkrankte an Depressionen, als Eva etwa 10 Jahre alt war. Sie verbrachte die meiste Zeit in psychiatrischen Kliniken. Veras Vater und Großmutter schwiegen die Mutter daraufhin tot. Zudem wurde Vera in der Schule gehänselt.

So war’s:

Das Buch wechselt kapitelweise von der Gegenwart in die Vergangenheit, so dass es zwei Handlungsebenen gibt: die der Vera im Alter von Ende 30 und die im Alter von ungefähr 10 Jahren. Die Vergangenheit erkärt Veras Verhalten in der Gegenwart, wo Vera dabei ist, sich, ihre Ehe und ihre Vorstellungen vom Leben zu finden.

Dem Handlungsstrang in der Gegenwart mochte ich gerne. Esther Verhoef zeichnet die Paarbeziehung mit ruhiger Hand. Das lässt sich gut verfolgen und flüssig runterlesen – auch wenn ich mir ein etwas differenzierteres Bild gewünscht hätte, vor allem von den Nebenfiguren: dem Ehemann Lucien als auch von Liebhaber Nico. Die Beziehung zu letzterem kam mir bei der Lektüre deutlich zu kurz; in ihr finde ich auch die Figur der Vera nicht schlüssig.

Nicht glücklich bin ich mit dem Handlungsstrang in der Vergangenheit. Ich hatte den Eindruck, Esther Verhoef versucht sich sowohl sprachlich als auch im Denken auf die Ebene des Kindes zu begeben. Das wirkt sehr bemüht. Die Gefühlswelt des Kindes ist mir dabei zu eingeschränkt und deshalb nicht authentisch; ein innerer Widerstreit findet kaum statt; die Figuren sind mir zu holzschnittartig.

Nichtsdestotrotz kein schlechter Roman – ein solides Werk.

*

Das Buch wurde mir zur Rezension zur Verfügung gestellt. Ich rezensiere nur Bücher, die ich mir auch gekauft hätte.

Sodbrennen in Sankt Georg

3. 09. 2015  •  8 Kommentare

Hamburg-St. Georg. Ich fotografiere das Schild.

Schild in Hamburg-St. Georg: Homophobie ist kacke

Ein älterer Herr kommt herangeschlappt.

„Was heißt’n das – Homophobie?“
„Das ist Angst vor Homosexuellen.“
„Kann ich mir nicht leisten. Hab schon Sodbrennen.“
„Ach“, sage ich und schaue ihn an.
„Nehm‘ zehnmal am Tag ne Pille dagegen. Nützt nix!“
„Oh je.“
„Hier“, er deutet auf seinen Hals. „Brennt wie Feuer. Aber letztens hat mich ne Wespe da reingestochen. Ein Rie-sen-flatschen! So dick!“
„Huch.“
„Aber wissen’se was? Seitdem hab ich kein Sodbrennen mehr.“

Dann schlappt er weiter.



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