Draußen nur Kännchen Kaffeehaus mit ♥

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Ach, November.

12. 11. 2014  •  14 Kommentare

Auch wenn es dieser Tage bisweilen sonniger ist als im August, ist der November für mich ein Monat, der aufs Gemüt schlägt. Morgens ist es schon grausig kalt, die Bäume werden kahl. Es ist dunkel, wenn ich aufwache, und es ist dunkel, wenn ich abends nach Hause komme.

Gehe ich morgens zum Sport und breche ich gegen 7.15 Uhr auf, stehe ich mit hoch gezogenen Schultern an der Bushaltestelle – müde, frierend, in den Dunst starrend. Im Fitnessstudio ist es morgens ohnehin eher leer; jetzt im November wehen Heuballen durch den Cardio-Bereich. Sogar die rüstige Rentnerkombo bleibt im Bett.

Da passt es nur zu gut, dass wir im Russischkurs derzeit Nachrufe lesen – Trauerreden, Beieleidsbekundungen – und Worte für Unglück, Schmerz, Leid und Weh lernen. Von denen haben die Russen viele, alle mit gleicher Bedeutung, nur zu unterscheiden durch die Abstufung des Leids: plötzliche Todesfälle, Unfällen mit Toten, unheilbaren Krankheiten, bittere Armut, Unfälle ohne Tote, schlimme, aber nicht tödliche Krankheiten, schlechte Noten, kein Geld für ein Handy, kleine Missgeschicke. Großer Gram, kleiner Gram, schweres und mittelschweres Elend, alltäglicher Kummer.

Russische Gramvokabeln in Textform

Komme ich aus dem Unterricht, möchte ich mich direkt in die Emscher stürzen, so fürchterlich bedrückt bin ich angesichts all des Jammers und der mitfühlenden Bekundungen, die ich erhielt und äußern musste.

Wenn es nach mir geht, können wir die Monate November bis Februar gerne überspringen und direkt mit dem März weitermachen. Wenn die ersten Schneeglöckchen aus der Erde kommen und Hoffnung auf Frühling besteht.

Eine Ausnahme mache ich nur, wenn dick Schnee fällt.

Den Haag

10. 11. 2014  •  22 Kommentare

Drei Tage Holland.

Die Niederländer mögen es mir nachsehen: Ich wohne kaum eineinhalb Fahrstunden von ihrem schönen Land entfernt, aber ich war erst zweimal dort. Zu meiner Verteidigung darf ich anführen, dass ich auch nur eineinhalb Fahrstunden von Bielefeld entfernt wohne und und sogar noch nie dort war. Oder sagen wir: Noch nie dort ausgestiegen bin.

Holland also. Vor allem: Den Haag. Das kennt man – irgendwie. Dort ist doch dieses Kriegsverbrechertribunal. Das war auch schon alles, was mir zu Den Haag einfiel. Ein guter Grund, um dorthin zu fahren.

Den Haag liegt am Strand, an der Nordsee, hat demzufolge Wasser, Sand und eine Promenade, auf der sogar ein Karussel steht.

 

Scheveningen: Karussel auf der Promenade

Scheveningen, Promenade.

 

Das alles genügt, um den ersten halben Tag zu verweilen. Denn Meer und Strand ist etwas, dem ich lange, sehr lange zuschauen kann. Wasser, wie es anlandet, wieder wegfließt, wieder anlandet, wie es Steinchen und Muscheln rollen lässt, wieder fortzieht, rollen lässt, wie es Schiffe trägt, große Schiffe, die nach Rotterdam in den Hafen wollen, wie es überhaupt einfach da ist, wie es Möwen und Menschen beschäftigt.

 

Scheveningen: Strand mit Muscheln, blauer Himmel

Scheveningen, Strand.

 

Die Menschen, sie laufen den Strand auf und ab. So wie ich selbst. Ich schaue sie an, schaue ihnen zu, wie sie ihren bettelnden Hunden Bälle werfen, wie die Hunde den Strand entlang stürmen, wie sie hart in die Bremsen steigen, wie sie den Ball fangen, ihn zurücktragen und wieder bettelnd vor ihren Menschen stehen. Wie die Menschen den Ball werfen, diesmal ins Meer, wie die Hunde hineinstürmen, wie sie feststellen, dass das Wasser tief und nass und salzig ist, wie sie schnaufend wieder herausschwimmen und warten, bis das Meer ihnen den Ball vor die Füße trägt, wie sie den Ball aufnehmen und wieder zu ihren Menschen tragen, auf dass diese ihrem Betteln erneut nachgeben und werfen.

Währenddessen weht der Wind, zerzaust die Haare der Menschen und der Hunde. Die Haut prickelt, kleine Sandkörner pieksen, und alles ist perfekt.

Auf dem Weg nach Den Haag kommt man, wenn man möchte, durch die Provinz Utrecht, am Paleis Soestdijk in Baarn vorbei. Dort gibt es keinen Sand, keinen Strand, kein Meer. Dort gibt es Parks und Wälder, große Bäume, alte Bäume.

 

Soesterdijk: Baumbestandene Allee, Frau mit Hund

Baarn, nahe Paleis Soestdijk.

 

Ich besuche gerne Schlösser und Burgen. Ich mag es, mir vorzustellen, wie die Menschen dort leben und gelebt haben. Ich mag mir vorstellen, wie kleine Prinzen und Prinzessinnen in diesem Park gespielt haben. Wie sie dieses Dinosaurierskelett entdecken haben und hinaufklettern. Doch Vorsicht! Der Riese ist noch nicht ausgestorben. Er lebt noch, er atmet und Achtung! Er erhebt sich! In Deckung! Wir müssen ihn bekämpfen! Holt euch Waffen!

 

Soesterdijk: Liegender Baum im Park

Soestdijk: Ein Dinosaurier im Park des Paleis.

 

Äste und Stöcke werden zu Speeren und Gewehren. Der Feind ist gefährlich, er kann Feuer spucken und hat giftige Stachel. Deshalb nähern sich die Jäger von hinten. Vorsichtig pirschen sie sich an und – waaaaah! Auf ihn! Erlegt ihn!

Oben an der Küste, in Den Haag gelange ich dann tatsächlich zum Internationalen Gerichtshof. Ich weiß nicht, was ich erwartet hatte, aber er ist genau so, wie ich ihn mir nicht vorgestellt habe: alt, kirchlich, Big-Ben-haft.

 

Internationaler Gerichtshof Den Haag

Internationaler Gerichtshof

 

Mit großen Orten ist es ja so, dass sie in Wirklichkeit sehr klein sind. Dass man sie gar nicht als das erkennt, was sie sind: bedeutend und voller Geschichte. Wenn ich an all die Orte denke, an denen ich bereits gewesen bin, an denen Menschen starben und Schlachten geschlagen wurden, an denen Entscheidungen fielen und jemand Leben rettete – diese Orte alle sind Jahre später nichts weiter als Wiesen und Gebäude, als Straßen und Plätze wie andere Straßen und Plätze.

 

Überlebensgroße Statue Nelson Mandelas in Den Haag

Nelson und ich.

 

Am letzten Tag aber traf ich, in der Nähe von Europol und der OPCW, der Organisation für das Verbot von Chemiewaffen, einen großen Mann, dem ich seine Größe ansehen konnte.

The Hague. Mit dem Zug vom Ruhrgebiet aus über Duisburg und Utrecht. 3 Stunden Fahrzeit. Sparpreis in der 1. Klasse: 59€ pro Strecke. Novotel The Hague World Forum: 90€/Nacht. Speculaasmoppen: 3,75€. Sonne, Strand und Wind: unbezahlbar.

Opa kriegt nichts mehr zu trinken!

7. 11. 2014  •  5 Kommentare

Es wird Zeit, dass hier im Kännchencafé Weihnachtsstimmung aufkommt. Bei mir im Büro werden schon die ersten selbstgebackenen Kekse verteilt.

Im Buchhandel gibt’s ab sofort ein zauberhaftes Werk zu kaufen – und ich bin dabei.

 

Weihnachtsbuch: Opa kriegt nichts mehr zu trinken

Dietmar Bittrich (Hg.):
Opa kriegt nichts mehr zu trinken!
Neue Weihnachtsgeschichten mit der buckligen Verwandtschaft

 

Worum geht’s?
Natürlich um Weihnachten. Und um die Mischpoke. 21 Autoren erzählen in 21 Geschichten von ihrem Weihnachten mit  der Sippe. Zum Lachen, zum Weinen, manchmal auch zum Melancholischwerden. Auf jeden Fall sehr kurzweilig.

Mit dabei sind unter anderem Nora Gantenbrink, Renate Bergmann und 11-Freunde-Autor Dirk Gieselmann. Ich habe eine Familiengeschichte beigesteuert und erzähle, wie Weihnachten bei uns im Sauerland ablief, als die schönste Großmutter noch lebte und wir uns alle bei ihr trafen.

Hier gibt’s eine Leseprobe (pdf).

Kosten und Darreichungsform:
Auf Papier im Buchhandel oder als eBook beim Händler der Wahl. Für 9,99€ gehört das Ding Ihnen.

Mein 1998

4. 11. 2014  •  23 Kommentare

Post aus dem Jawl – beziehungsweise von Christian via Facebook. Er hat mich gebeten, ein paar Stichworte zu meinem Jahr 1998 aufzuschreiben. Ich mache das mal hier im Blog.

1998 also.

Alter:
20 Jahre

Aufenthaltsort:
Essen, Düsseldorf und Menden/Sauerland

Beruf:
Studentin. Psychologie, Medienwissenschaft und Verlegenheitssoziologie. Schlimme Kombination, es sei denn, man strickt gerne. Ich hatte die NC-Zulassung für die beiden ersten Fächer erhalten, und die Studienordnung ließ, verbunden mit meiner Interessenslage, nichts anderes als das Hauptfach Soziologie zu. Das war mittelprächtig schrecklich. Im Jahr 1998 änderte die Uni die Studienordnung, und ich konnte eine Sprache als alleiniges Hauptfach wählen. Ich habe sofort gewechselt und im Hauptfach fortan Italienisch studiert.

Neben dem Studium habe ich gearbeitet. Diese Studiererei musste finanziert werden; außerdem bedurfte es angesichts der Fächerkombination einer Vorbereitung auf meine Taxifahrerkarriere Anschlussverwendung. Am Wochenende war ich als Freie für die Tageszeitung in Menden unterwegs, habe über Schützenfeste, Orgelkonzerte und Wellensittichzucht geschrieben und Fotodienste gemacht. Das war damals noch Analogfotografie mit Film entwickeln in der Dunkelkammer – die Älteren unter Ihnen erinnern sich. Unter der Woche habe ich Nachhilfe gegeben. In den Semesterferien habe ich in einer Buchbinderei gearbeitet und für eine Messebaufirma Messestände aufgebaut.

Beziehung:
Status: „Es ist kompliziert.“ Im Laufe des Jahres bin ich aus der gemeinsamen Wohnung aus- und in ein eigenes Ein-Zimmer-Appartment gezogen.

Haare:
Gute Frage. Ich glaube: lang. Und ich fürchte, ich hatte einen Pony.

Urlaub:
Insel Pag (Kroatien)

Bemerknis #1:
Mit dem Umzug habe ich mir mein erstes Modem gekauft und hatte fortan Internet in meinem Zuhause. Ich habe es nur eingeschaltet, wenn ich es brauchte, denn wir hatten damals ja nix, nicht einmal eine Flatrate. ICQ war der letzte heiße Scheiß.

Bemerknis #2:
Ich konnte fünf Fernsehprogramme empfangen: ARD, ZDF, WDR, RTL und einen niederländischen Sender. Wenn ich nachmittags von der Uni kam, habe ich gerne Hans Meiser zugehört. Sehen ging nicht, denn RTL war voller Schnee. Leider ging RTL irgendwann verloren, und ich hatte nur noch Eins, Zwei und Drei. Und den Holländer.

Weiterführende Literatur:
Ich bin mal ins Blogflöz hinabgestiegen und habe mein Teenietagebuch abgestaubt. Das ist zwar nicht aus 1998, sondern von 1995, dafür aber mit Special Audio Feature. Falls Sie also nichts vorhaben:

22. April 1995: Gestern PUR-Abend bei Tanja.
6. Mai 1995: Hervorragende Nachrichten!
10. Mai 1995: Die Lösung der Montagssache.
11. Mai 1995: Die Ereignisse überschlagen sich.
13. Mai 1995 (besagter Samstag): O-ber-pein-lich.
14. Mai 1995 (Sonntag nach besagtem Samstag und vor besagtem Montag): Dann doch lieber eine scheiß Taufliege sein.
15. Mai 1995 (besagter Montag): Geredet. So richtig.
23. Mai 1995: Schluckauf.
30. Juni 1995: Ein Leben wie auf einer Galeere.
3. Juli 1995: Der Brief.

Falls Sie gerne mitmachen und ein Jahr von mir haben möchten, schreiben Sie es in die Kommentare. Ich schüttel dann den Kalender für Sie.

 

 

Die Lieblingstweets im Oktober

3. 11. 2014  •  4 Kommentare

Twitter-Lieblinge 10/2014:

https://twitter.com/mackielsky/status/519544834541891585

https://twitter.com/derVossi_/status/519825712648572928

https://twitter.com/dandyliving/status/520102243056771072

https://twitter.com/_ungenau_/status/521066659474587648

https://twitter.com/wortuose/status/521602783179730944

https://twitter.com/grindcrank/status/525360031555153920

https://twitter.com/e13Kiki/status/526468883969220610



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