Draußen nur Kännchen Kaffeehaus mit ♥

Sich erwachsen fühlen

18. 11. 2011 94 Kommentare Aus der Kategorie »Lebenslage«

Erst neulich sprachen wir darüber. Auf einer dieser privaten Partys, auf denen man irgendwann unweigerlich in der Küche oder auf dem Balkon oder auf einer Treppe sitzt, aber niemals auf einem Sofa oder an einem dekorierten Esstisch-Ensemble. Auf der die Jungs vor dem Haus neben einem schütteren Busch stehen, in einem Kreis, leicht hinabgebeugt, und konspirativ Gras rauchen. Auf der jeder einen Salat oder zwei Baguettes oder drei Tüten Chips mitbringt und auf der das Buffet schon nach drei Leuten irgendwie unappetitlich ausschaut, weil die Hälfte des Essens zwischen den Schüsseln liegt und die Papiertischdecke durchmatscht.

Wir sitzen also da, wir Anfang- und Mittdreißiger, und Kati sagt: Erwachsen – nein, das sei sie nicht. „Was ist überhaupt erwachsen?“ Sie finde es gut so, wie sie lebe, so frei und so. Ein bisschen arbeiten, mit den Freunden rumhängen, das sei echt ihr Ding. Sie zieht an der Zigarette, und ihre Lippen schmatzen dabei. Sie hat viel gejobbt und ein bisschen studiert und jetzt ihre Masterarbeit abgegeben. Sie ist 32, aber diese ganze Berufseinstiegssache, „das stresst mich total, das wird jetzt alles so ernst.“

Suse sieht das völlig anders. Suse ist seit Jahren Single, eigentlich schon immer, bis auf einmal kurz, sie ist Industriekauffrau mit drei Fortbildungen, sie hat ein Zertifikat als „Excel Power User 2009“ und kann den SAP-Abfragemanager bedienen, ihr macht man nichts vor, weshalb sie vor einem halben Jahr zur Assistenz der Geschäftsführung berufen wurde. Sie hat Liebschaften und One-Night-Stands, nach denen sie mich heulend anruft, und ihre Sehnsucht nach Liebe und Familie wird mit jedem Mann größer, der sie binnen weniger Stunden und Tage enttäuscht. „Der hing über mir und glotzte sich die ganze Zeit selbst auf den Trizeps, während er rammelte und rammelte“, sagt sie dann beispielsweise und schnäuzt einen großen Bach Rotz in ein Tempotaschentuch mit Verwöhnbalsam. „Das war genauso schlimm wie die Sache mit Matze, nur anders verletzend. Weißt du noch, dieser Volleyballer, der immer nur nachts bei mir klingelte, um mit mir auf dem Sofa zu hängen und fernzusehen und zu knutschen und dann wieder abzuhauen. Können die nicht einfach mal erwachsen werden?“

Sie guckt dabei auf die Jungs, die draußen im Kreis stehen und kiffen, die nicht nur an diesem Abend feiern und saufen, sondern die jeden Freitag und Samstag und Sonntag feiern und saufen und knutschen und ficken und dann fünf Tage hintereinander zur Arbeit gehen und am nächsten Wochenende wieder feiern und saufen, wie damals mit 16, dabei sind sie Mitte 30.

Ich selbst sitze da und sage nichts. Denn ich weiß es nicht. Ich verstehe es selbst nicht – wie es so viele Mittdreißiger nicht schaffen, irgendwo anzukommen, nicht einmal in sich selbst.

Kati sagt: „Wenn ich mich jetzt schon entscheiden müsste, das wäre wie sterben. Dabei weiß ich nicht mal, was es überhaupt zu entscheiden gibt. Da draußen gibt es so vieles, da kann ich jetzt nicht einfach schon erwachsen sein.“ Und Suse sagt: „Ich würde mir wünschen, dass sich einfach mal jemand für mich entscheidet, wenigstens für eine Zeit. Wenigstens das.“

Kommentare

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  1. Markus sagt:

    Hmm. Mit Mitte 30 noch so nirgendwo angekommen zu sein, stelle ich mir in der Tat extrem anstrengend vor. Mit Anfang 20 für eine Frau entschieden, unschlagbares Team geformt, Studium durchgezogen, akzeptablen Job gefunden, irgendwann zwischendurch geheiratet und jetzt seit fast 2 Jahren Eltern.
    „Aber du hast ja noch gar nicht die Welt gesehen und gelebt!“ werfen mir manche vor. Wir haben uns unsere Welt selbst gebaut. Und leben jeden Tag darin. Glücklich.

    1. Markus sagt:

      Für den Kontext habe ich noch eine Information vergessen: Ich werde nächstes Jahr 30.

    2. Nessy sagt:

      Wobei ich mit „Ankommen“ nicht zwingend die Partnerschaft-Kind-Haus-Nummer meine. Man kann auch ohne Partner ankommen. Und ohne Kinder. Und auch ohne festen Job. Wenn man sich (für diesen Moment) dafür entschieden hat.

    3. Markus sagt:

      Absolute Zustimmung. Es gibt so viele richtige, gut funktionierende Lebensmodelle wie es Menschen gibt. Kati scheint ihres noch nicht gefunden zu haben, Suse hingegen scheint ein Mann zu fehlen der eins gefunden hat, das sich mit ihrem deckt.

  2. destello sagt:

    Ich bin gar nicht so viel älter (richtig Ende Dreissig), aber mir kommt es vor, als wäre das eine andere Generation. Ich lebe zwar schon seit 10 Jahren nicht mehr in Deutschland, aber ich habe das Gefühl, dass mein deutscher Freundes- und Bekanntenkreis schon vor 10 Jahren deutlich weiter war. Zwar fühlten sich schon damals viele noch nicht erwachsen, sie benahmen sich jedoch nicht so.
    Sind die jetzt alle so wie bei dir beschrieben oder ist das nur ein kleiner Teilausschnitt der jetzigen Dreissiger?

    1. Nessy sagt:

      Es ist ein Teil, aber mich hat erstaunt, wie groß der Teil ist. Und wie völlig getrennt er von der Welt der Pärchen und Familiengründer existiert.

    2. jpr sagt:

      Die Trennung der Welten finde ich eigentlich gar nicht so erstaunlich. Sie haben da zwei doch sehr unterschiedliche Entwuerfe von Leben. Dass zwischen solchen Gruppen eine natuerliche Separierung stattfindet passt eigentlich in die normalen Stroemungen, dass man sich mit Leuten umgibt, die einem liegen. Metallica-Fans gehen ja auch nicht auf’s Wolle Petri Konzert.

  3. destello sagt:

    Der Kommentar von Markus hat sich mit meinem überschnitten. Ich kann ihm da jedenfalls absolut zustimmen. Und Entscheidungen sind notwendig, sonst bleibt das Leben beliebig.

    1. Nessy sagt:

      Entscheiden kann man nur, wenn man weiß, was einem gut tut – und ein Gefühl für sich hat.

    2. Markus sagt:

      Aber hat man nicht etwas Fundamentales verpasst, wenn man nicht zumindest dieses Gefühl für sich hat?

    3. Nessy sagt:

      Ich würde mich fürchterlich verloren fühlen, wenn ich es nicht hätte.

    4. birrrd sagt:

      Liebe Nessy, ich muss dir hier kurz widersprechen:
      Sich entscheiden kann man auch, wenn man noch nicht genau weiss, was einem gut tut.
      Aber es erfordert Mut eine Entscheidung zu fällen, ohne das zu wissen. Man könnte scheitern. Und das macht den meisten Angst. Obwohl man durch dieses Scheitern vielleicht einen Schritt weiter wäre, indem man schliesslich wüsste, was einem nicht gut tut und sich selbst so schliesslich auch wieder näher kommt.

      Und übrigens: ich mag, wie du Menschen beobachtest und es dann auch noch so lebendig in Worten unter zu bringen schaffst!

    5. Nessy sagt:

      Danke.
      Manchmal muss man sogar entscheiden, ohne genau zu wissen, was das Richtige ist. Manchmal entscheidet man sich deshalb für das Falsche. Manchmal glücklicherweise für das Richtige.

      Oft ist es aber so, dass gar kein unmittelbarer Zwang zur Entscheidung besteht – wie bei Kati.

  4. Ein Phänomen unserer Zeit … sehr schön geschrieben!! :)

  5. Croco sagt:

    So als ob man alle Zeit der Welt hätte.

    1. Nessy sagt:

      Kati würde sagen. „Eben. Ich lebe jetzt.“

    2. Frau Vorgarten sagt:

      Susi würde vermutlich sagen:
      „Eben. Aber kann man die nicht auch zu zweit haben?“

    3. Croco sagt:

      Wenn man den richtigen sucht, kann man nicht die ganze Zeit mit den falschen verbringen. Suse macht das und sie spürt das auch. Und ist deshalb traurig, weil keiner bleibt. Sie vermittelt den Männern vielleicht auch, dass ihr das reicht. Wie sollen sie wissen, dass sie sich was Ernstes wünscht?
      Es gibt doch sicher genug Männer, die auch eine feste Beziehung suchen und sie nicht finden. Oder liege ich falsch?
      Männer, helft mir. Wie seid ihr?

    4. Nessy sagt:

      Ich glaube nicht, dass es genug Männer gibt, die eine feste Beziehung suchen – mit Verlässlichkeit und Verantwortung.

    5. Friederich sagt:

      Ich glaube nicht, dass es genug Männer gibt, die eine feste Beziehung suchen – mit Verlässlichkeit und Verantwortung.

      In den Kreisen, die hinterm Busch Kiffen — wahrscheinlich. Insgesamt: Kann ich mir schwer vorstellen. Ich denke eher, das Problem ist, daß die (meisten) Frauen immer versuchen, einen Mann in ihr Leben zu integrieren, statt bereit zu sein, sich in das Leben eines Mannes integrieren zu lassen. Auf die Art kann man nur solche Typen anziehen wie Suse.

    6. Nessy sagt:

      Sie meinen also, wenn Frauen sich an das Leben des Mannes anpassen, dann haut es auch mit dem Partner hin?

    7. Croco sagt:

      Und, Herr Friedrich, von Halbe-Halbe halten Sie nichts?
      Beim heutigem Scheidungsrecht kann man sich doch nicht mehr auf den Mann verlassen.
      Wenn er sich alles anders überlegt, sitzt man ohne Unterhalt ganz schön blöd da. Und dann hilft das nichts, wenn man sich voll in sein Leben intergiert hat.

    8. Friederich sagt:

      Sie meinen also, wenn Frauen sich an das Leben des Mannes anpassen, dann haut es auch mit dem Partner hin?

      Ich würde jetzt nicht sagen, daß das eine hinlängliche Voraussetzung ist, aber es ist eine notwendige.

      Wenn er sich alles anders überlegt, sitzt man ohne Unterhalt ganz schön blöd da. Und dann hilft das nichts, wenn man sich voll in sein Leben intergiert hat.

      Ein Mann, der eine Frau hat, die bedingungslos auf seiner Seite steht, überlegt es sich nicht anders. Jedenfalls kenne ich keinen solchen Fall.

    9. jpr sagt:

      Ich hoffe, dass es mit den Bedingungen bestenfalls genau anders herum ist: hinreichend (weil es Menschen gibt, die halt so leben wollen), aber nicht notwendig, weil man ja eigentlich sowas wie Gemeinsamkeit will, was Bewegung auf beiden Seiten voraussetzt.

    10. Buecherhase sagt:

      lieber würde ich mein leben lang alleine sein, als vollständig mein leben in das leben eines mannes zu integrieren. das ist bitte schön eine sache die von beiden ausgeht, jeder macht einen schritt auf den anderen zu.
      aber sehr interessant, dass es angeblich funktionieren soll, wenn die frau sich vollständig in das leben das mannes integriert, aber andersherum funktioniert’s anscheind nicht. nette gedanken… in welchen jahrhundert leben wir nochmal?!

  6. jpr sagt:

    Ich habe ja das Gefuehl, dass beide Damen noch nicht irgendwo angekommen sind. Die eine, weil sie noch nicht wollte, die andere, weil sie nach etwas sucht, dass noch nicht passiert ist.

    Wie Sie es zwischen den Zeilen richtig sagen muss man sicherlich nicht einem Traum hinterherlaufen (auch wenn das auch nicht verkehrt ist – ich habe mich das ums Abitur herum gefragt, ob die Leute mit den festen Vorstellungen aus dem Jahrgang nun die beneidenswerten oder die bedauernswerten sind), aber so voellige Ziellosigkeit kann ich mir auch schwer vorstellen.
    Wobei ‚Ziel‘ dann eher das unscharfe Verstaendnis von ‚geht es mir mit der Situation noch gut, will ich das noch?‘ ist. Aber genau vor dem Hintergrund: Ist arbeiten zum Finanzieren des Feierns und dann mal sehen was das Jahr bringt nicht auch ein Entwurf mit dem man sich genau wohlfuehlen kann? Da angekommen, wo man hinwill, zumindest im Moment?

    Ich habe gelegentlich das Gefuehl, dass es den gleichen, oder einen aehnlichen Bruch in der Wahrnehmung auch zwischen den Jungfamilien und den Kinderlosen gibt, wo sich die neuen Eltern dann als ‚weiter‘ in einem gewissen Sinne sehen und gerne auch mal diese ‚was weisst Du denn schon von Verantwortung/Aufopferung/Entscheidungen‘ Position einnehmen, die sich auf der anderen Seite so komisch anfuehlt.

    Letztlich wuerde ich es aber vielleicht auch nicht versuchen an einem Wort festzumachen. Schoen ist, wenn die Leute mit Ihrem eigenen Leben zufrieden sind, und ab einem gewissen Alter darf man dann weitere Faehigkeiten wie Zuverlaessigkeit oder aehnliches voraussetzen. Andererseits heisst das natuerlich auch, dass man dan fuer die Schattenseiten dessen was man gewaehlt hat einstehen muss.

    1. jpr sagt:

      Ok, der Punkt den ich übersehen habe ist der mit der eigenen Entscheidung, den würde ich schon gern noch mitnehmen. Gut ist, wenn man so weit zufrieden ist und sich selbst aktiv dafür entschieden hat und es nicht nur tut, weil man nichts besseres weiss.

    2. Frau Vorgarten sagt:

      ich find das immer grauenvoll, wenn mir Familienleute sagen, „was weißt du denn schon von…“ oder Paarhälften „Ja, du hast es ja gut, du musst immer nur deinen eigenen Dreck wegmachen!“ und so.

      Als ob das immer so die pure Freude wäre!
      Außerdem, was tun, wenn die Kerle im Bekanntenkreis
      a) zu vergeben
      b) zu jung
      c) zu alt
      oder
      d) zu seltsam
      sind und frau fürs erste Kind auch schon ein bisschen alt ist, davon abgesehen, dass frau sich das auch nicht aus den Rippen schneiden kann, und erst recht nicht von vornherein Alleinerziehen plant!

    3. Nessy sagt:

      Das ist natürlich auch ein Thema: Wenn man sich anderen überlegen fühlt, weil man einen festen Job hat, Frau/Mann, Kind, Reihenhaus und dieses ganze Zeug. Das gibt es auch, leider sehr oft. Das bürgerliche Ideal ist schon sehr verbreitet.

      Natürlich ist es legitim, in der Woche fürs Feiern zu arbeiten. Allerdings: Jedes Wochenende bewusstlos und bekifft – ist das feiern?

    4. jpr sagt:

      Fuer mich waere das nicht feiern. Fuer manche wird es nur das sein, was sie tun, weil sie nichts besseres zu tun wissen. Aber ich kann mir vorstellen, dass es fuer einige auch das Wunschdasein ist.
      Ich habe eigentlich nur versucht ein wenig den Grat auszuloten auf dem man sich bewegen kann, ohne in das gleiche Vorurteil abzudriften (ich hab’s gerafft und kann Dir darum sagen, dass Du’s nicht hast). Gar nciht so einfach.

      @Frau Vorgarten: So wie Sie das schildern koennten Sie den entsprechenden Personen antworten, dass sie zwar nur Ihr eigenes machen muessen, aber das dafuer eben *muessen* (weil nciht noch jemand einspringt).

  7. Buecherhase sagt:

    Die Beschreibung der Kati erinnert mich sehr an mein 16jähriges Ich. Als ich mir vorgestellt habe, ich müsste mir jetzt eine Ausbildungsstelle suchen und somit wissen was ich machen möchte und hätte nicht noch 3 Jahre Schule vor mir. Ich hätte es damals nicht gekonnt.
    Die Kati hier ist allerdings 32 und die Beschreibung klingt sehr nach Angst vor Verantwortung und Entscheidungen, weil man für sie einstehen muss. Unreif sage ich dazu. Vielleicht sehe ich das anders, wenn ich selber Mitte 30 bin ;)
    Man sollte Entscheidungen treffen können, sonst kommt man nicht vorwärts. Ich denke nicht, dass es so sehr darauf ankommt, dass die Entscheidungen sich als richtig erweisen. Aus Falschem lernt man oft besser, weil es deutlicher zeigt, was nicht gefällt.

    1. Nessy sagt:

      Ich glaube nicht, dass es nur Angst vor Erwartungen und Entscheidungen ist. Es ist auch Faulheit. Sie müsste sich ja bemühen, anpassen, Anforderungen genügen.

      Das alles braucht uns im Grunde nicht kümmern, ist ja ihr Ding. Wenn wir nicht später ihre Rente zahlen müssten.

  8. An Katis Modell würde mich vor allem das ewig pleite sein stören. Ich bin ganz froh endlich ein Einkommen zu haben und mich nicht nur Studiumsbedingt von Monat zu Monat hangeln zu müssen.

    Was die Familienplanung angeht. Es geht auch ohne großartig. Das Reihenhaus mit Hund Kombi und Kind wäre für mich auch gar nichts.

    Und Suse scheint zu viel von Männern zu erwarten, die diese Erwartungen eh nicht erfüllen wollen. Oder warum setzt sie Hoffnungen auf Menschen, die sie so schnell enttäuschen? Ist der Mann da nicht eher Mittel zum Zweck? Nämlich der Familienplanung? Und ist es da nicht beliebig, wen sie dafür findet?
    Da würde ich als Mann auch nicht mitmachen.

    1. Nessy sagt:

      Suse empfindet Druck, weil sie keine Kati sein will. Sie möchte ein Ideal erfüllen, das sie sich irgendwann mal überlegt hat: Beruf, Mann, Kind, Status. Es gibt Männer, die das mitmachen. Die haben aber schon eine andere.

    2. Da kann man jetzt fragen wie erfolgreich ein model ist, in das man sich aus selbst auferlegtem druck hinein pressen lässt. Ich glaube nicht besonders.
      Wenn ich mit jemandem zusammen bin, dann doch, weil ich jemanden gefunden habe, ohne den ich, zumindest für eine zeit, nicht sein will.
      Aber doch nicht, damit ich ein häkchen auf der strichliste lebensplanung machen kann.

  9. I. sagt:

    Hallo!
    Also… ich bin jetzt 27 und finde es fürchterlich, wenn ich mich auf Leute nicht verlassen kann. Wenn sie immer noch so tun müssen, als wären sie 16 und Mami und Papi regeln noch alles um’s Feiern herum. Oh man.
    Das ging mir mit 21 übrigens auch nicht anders, wahrscheinlich war’s mit 18 auch schon so. Was nicht zwingend heißt, dass ich in gebügelten Blusen nach dem Herrn Ausschau halte, der mir hilft, die gebügelte Bluse gegen Umstandsmode einzutauschen.

    Ich krieg nur immer ein doofes „Ich-steh-außen-vor“-Gefühl, wenn ich auf Partys die letzten Jugendwörter, 3.klassige-Garagenbands und Handy-Gadgets NICHT kenne. Dass das aber heißen soll, dass ich „erwachsen“ bin, und dass das was uncooles ist, hm, das ist ein Stempel von außen.
    Leider mit den inneren Nebenwirkungen. Denn natürlich wäre ich gerne so ein junges Flippie-Girlie, und nicht die meistens am machbaren orientierte, ich-will-endlich-mein-eigenes-Gehalt-und-bin-darum-strebsam-Studentin.

    Hmmm….

    1. Croco sagt:

      Erst steht man außen und dann ist man cool. Das schlägt plötzlich um.
      Warten Sie es ab, das kommt noch. Versprochen.

    2. Nessy sagt:

      Seien Sie sie selbst. Wenn Sie keinen Bock auf drittklassische Garagenbands und Handy-Gadgets haben, ist das so. Nur weil Sie eigenes Gehalt verdienen möchten und sich darum ranhalten, sind Sie nicht uncool. Solange Sie Spaß am Leben haben.

    3. Iche sagt:

      Mir geht es genauso.
      Ich mache gerade meinen Studienabschluss mit wirklich guten Noten und bin da auch sehr stolz drauf (war schließlich auch Arbeit). Mehrere Jobangebote liegen auf meinem Tisch und ich kann mir aussuchen, wo ich arbeiten möchte. Aber ich bin „uncool“, weil die Bands und die Parties mir egal sind. Es gibt wichtigeres…
      Ich habe einen Mann, der in seinem Job ebenso wirklich gut ist und mit dem ich „alt werden“ möchte.
      Aber ein Haus und Kinder haben wir nicht. Wir wohnen in einem Wohnwagen und haben 2Boote. Erwachsen sein wollen wir nämlich noch nicht ;) – auch wenn wir angekommen sind.
      Wir würden aber auch nie über andere Lebensstile richten. So lange ich sehe, das jemand glücklich ist mit seinem Leben, kann ich auch für ihn glücklich sein. Egal wie sehr sich unsere Lebenswelten unterscheiden.

    4. Iche sagt:

      Vergessen: Vielen Dank für diesen wunderschönen Beitrag Frau Nessy!

    5. Nessy sagt:

      „Erwachsen sein wollen wir nämlich noch nicht ;) – auch wenn wir angekommen sind.“

      Aber genau das macht das Erwachsensein doch aus, egal ob Sie nun in einem Reihenendhaus, in einem Wohnwagen oder in einem Baumhaus am Amazonas wohnen.

  10. I. sagt:

    Ich nehm Sie beim Wort :-)

  11. Ellala sagt:

    Was ich mich grad frage: Würde man sich diese Kati-Gedanken eigentlich machen, wenn man nicht irgendwie den Eindruck bzw. die Angst hätte, schon ein bisschen erwachsen zu sein? So kenn ich das jedenfalls.
    Habe mich mittlerweile mit meinem nicht ganz linearen Lebenslauf arrangiert und glücklicherweise viele gebundene, ungebundene, kinderlose, bald nicht mehr kinderlose, arbeitende, studierende, gesetzte, ihr Leben ändernde Freunde, die es auch mit uns als Studentenfamilie mit von allem ein bisschen aufnehmen. Interessanterweise denke ich, viele von denen hätten mehr erreicht als ich, und die denken, ich sei glücklicher. Aber gibt einer von uns zu, erwachsen zu sein? Viel zu endgültig!

    1. Nessy sagt:

      Aber warum wollen wir das nicht? Was ist so schlimm daran zu sagen: Ich bin erwachsen? Ist dann das Leben vorbei?

    2. Knoetchen sagt:

      Erwachsen sein heißt einfach für viele:
      ALT WERDEN.

      Also zum Spießer mutieren, nicht mehr flexibel sein, bald sterben.

    3. Croco sagt:

      Man wird einfach älter. Auch wenn man sich Zöpfchen macht, geht die Zeit vorbei. Illusionen ändern das Datum im Personalauswei auch nicht.
      Deshalb muss man noch lange kein Spießer werden.
      Das werden nur die ohne Fantasie.

    4. Ellala sagt:

      Ja, ich denke, „Erwachsensein“ hat diesen Beigeschmack des Fertigseins. Liegt ja auch im Wort. Irgendwie klingt das so, als müsste alles so bleiben, wie es jetzt grade ist. Und auch wenn das jetzt gerade vielleicht ganz nett ist, heißt das ja nicht, dass man sich für immer drauf festlegen möchte. Vielleicht bedarf es ja erst mal einer Neudefinition des Erwachsenenbegriffs. Denn auch diejenigen, die unser Erwachsenenbild geprägt haben, haben schon beiweitem nicht mehr solche Lebensläufe.
      Da fällt mir noch etwas ein: Erwachsensein klingt einfach nicht nach Spaß. Man vergisst leicht, dass auch die Eltern (die ja mutmaßlich schon als Erwachsene auf die Welt gekommen sind) mal betrunken waren, Sex hatten und sich daneben benommen haben.
      Ich plädiere für kindlich-unbeschwertes Verhalten mit erwachsener Grundattitüde (Verantwortung übernehmen, zuverlässig sein).

    5. Nessy sagt:

      Erwachsensein klingt nicht nach Spaß – dabei ist es ein riesig großer Spaß: für sich selbst verantwortlich sein, ohne dass einer reinredet; einfach nein sagen können; Geld verdienen und es sinnlos für den letzten Quatsch ausgeben. Das sind alles tolle Sachen.

  12. DasSan sagt:

    Komisch, ich bin auch Anfang 30, komme mir aber im Vergleich zu der beschriebenen Gruppe schon richtig erwachsen vor, das habe ich sonst auch eher selten. Und dazu brauche ich noch nicht mal ein Haus und Kinder ;)
    Ich habe mir nie viele Gedanken darüber gemacht, was ich Großartiges mit meinem Leben anfangen soll, sondern meistens einfach das Naheliegende getan und bin ganz zufrieden damit. Wenn ich mal nicht zufrieden bin, überlege ich, was zu ändern ist und wie ich das machen könnte.

    1. Nessy sagt:

      So habe ich es bislang auch gehandhabt, und es ist großartig. Nicht in jedem Moment, aber in der Gesamtschau.

  13. Nihilistin sagt:

    Mit Mitte 40 sollte man halbwegs wissen wer/was man ist. Egal, ob mit oder gegen den Mainstream. Kati/Suse/die kiffenden Möchtegernmänner haben also noch ein bisschen Zeit was über sich rauszukriegen. Und dran zu arbeiten.
    Mit Mitte 40 weiß man nämlich verbindlich, dass der Rest des Lebens kürzer ist als der bisher gelebte. Da gibts dann auch kein Mogeln mehr.

    Ich hab die Anfang-30-Zeit gut überlebt. Die wirklich schwierige Zeit kam eh später. Das werden Kati/Suse/die kiffenden Möchtegernmänner auch noch rauskriegen. Müssen.

    1. Nessy sagt:

      Wahrscheinlich wird’s dann richtig bitter, oder?

  14. ich kann mir nicht helfen. die geschichten oben machen mich eher traurig. ich: bald 30, mit einigermaßem linearen lebenslauf, seit vielen jahren in einem sehr bewegten, erfüllenden job (den ich mir immer gewünscht habe und der auch zum studium passt), ohne kind und ohne potentiellen kindsvater.
    mich macht aber auch die diskussion drunter traurig: so viele von uns meinen, gleich erklären zu müssen dass sie’s besser gemacht haben. auch ich hab die katis und die suses in der bekanntschaft. natürlich machen katis wütend, und suses hilflos. aber es macht doch jeder mist.
    und immer einen schuldigen finden müssen find ich nicht ok. die männer sind schuld, weil sie keine kinder wollen? been there, done that. die frauen sind schuld, weil sie bequem einen treusorgenden familienvater und ernährer wollen? ebenfalls. oder auch andersrum: die frauen sind schuld, weil sie beruflich was erreichen wollen vor der reproduktion? been there, done that. und die männer, weil sie schon frühzeitig haus, hund, kinder erwarten? was soll ich sagen, ich hatte das.
    wo ich jetzt grade bin, dürfen sich alle selber ausdenken. aber hey: ich bin erwachsen! meistens zumindest. und mein freundeskreis, zum großteil anfang-mitte-vierzig, ist ziemlich genauso weit, kinder hin oder her.

    1. jpr sagt:

      Sie machen’s so wie ich das sehe richtig und versuchen nicht mehr als Sie selbst zu sein. Ist doch prima und kommt vermutlich schon auch auf das richtige raus.
      Schuld sein und die Bewertung von Lebensmodellen finde ich eben auch schwierig. Dort ist es wie mit jeder Geschichte, es gibt vier Seiten (Deine Seite, Ihre Seite, die Wahrheit und das was wirklich passiert ist) und je nachdem wen man fragt gibt es halt andere Dinge zu hoeren.

  15. kvinna sagt:

    Es ist immer besser, eine falsche Entscheidung zu treffen als gar keine. Denn auch nach falschen Entscheidungen gibt’s immer wieder neue Entscheidungen, das hört nie auf.

    Deshalb kann ich nicht ganz nachvollziehen, wieso „Entscheiden müssen“ wie „Sterben“ sein soll.

    1. Nessy sagt:

      Eine Entscheidung ist in jedem Fall immer ein Schritt nach vorne. Wie auch immer.

    2. kvinna sagt:

      Klar gibt’s bei jeder Entscheidung immer ein „Davor!“ und ein „Danach!“ . Aber „Danach!“ ist auch nur ein verkapptes „Davor!“. Will heißen: Wie endgültig sind die meisten Entscheidungen denn in Wahrheit? Danach kommen ja immer wieder neue, die in alle möglichen Richtungen führen können…

    3. kvinna sagt:

      …und nicht getroffene Entscheidungen sind der schlimmstmögliche Ballast für’n Lebensweg. Meine Erfahrung!

  16. Vielen, vielen Dank für diesen fantastisch geschrieben Beitrag! (ehrlich jetzt).
    Ich bin 25 und besonders vor ein paar Monaten hatte ich ständig das Gefühl: »Mädchen – ob du es glaubst oder nicht, aber: Du BIST schon lange erwachsen!«
    Im gleichen Zeitraum fielen mir viele Kommilitonen fürchterlich auf den Keks, die das Studium auch in den letzten Semstern immer noch für eine erweiterte Oberstufe – nur besser – (eigene Wohnung, mehr Gelegenheit fürs Geldverdienen, zig Parties, die von anderen organisiert werden, etc.) betrachten.

    Ich finde es sehr befremdlich, wenn ich mitbekomme, dass einige von uns sich immer noch wie 16 benehmen. Und ich merke, dass es mich stört, wenn ich an mir Unselbstständigkeiten entdecke, so nach dem Motto: »Das regeln meine Eltern …«

    Und an alle, die das spießig finden: Wer bei sich selbst angekommen ist, hat richtig viel Sexappeal! Ehrlich. Ist bei mehreren Freunden der Fall. ;)

    1. Nessy sagt:

      Sehe ich auch so – das letzt vor allem.

      Ich fand im Studium auch die Studenten richtig schlimm, die so vor sich hinstudierten, aber eigentlich feierten oder protestierten oder nur dort waren, um irgendwas zu tun. Man muss sich ja nicht ins Burnout studieren, es schafft auch nicht jeder die Regelstudienzeit. Aber so’n kleines Ziel vor Augen – das ist echt viel wert. Auch gesellschaftlich.

  17. Suse scheint schon weiter zu sein als Kati. Sie weiß immerhin schon, was sie will. Kati verbindet interessanterweise erwachsen sein mit Stillstand, wie kommt sie darauf?

    Ich halte diese Phänomen für eine Folge der Tatsache, dass man heute ohne große Schwierigkeiten 30 werden kann, ohne eine einzige Entscheidung von Tragweite treffen zu müssen. Dazu kommen die unzähligen Möglichkeiten, sich zu betäuben, mit Twitter oder Facebook, Gras oder Feiern. Der Augenblick zählt, denn an morgen denken ist so bedrohlich.
    Daran ist erst einmal nichts auszusetzen, soll doch jeder nach seiner Facon glücklich werden, aber Kati scheinen auch nicht wirklich glücklich zu sein…

    Wie auch immer. Vielleicht handelt es sich hier aber nur um den klassischen Generationenkonflikt. Die eigenen Generation ist immer die Beste. Die ältere Generation ist total spießig und die Nachfolgende zu nichts zu gebrauchen. Als Anfang 40er erkläre ich mich hiermit für befangen.
    Dieser Therorie nach, liebe Frau Nessy, sind Sie ihrer Generation im Geiste einige Jahre voraus. Jetzt können Sie sich aussuchen, ob Sie sich dadurch geschmeichelt oder beleidigt fühlen. :-)

    1. Ich stimme zu – und vor allem möchte ich hinzufügen, dass diese grenzenlose »Wahlfreiheit«, die von allen Seiten gepredigt wird, auch lähmen kann, weil man nämlich Angst ohne Ende bekommt, sich für das Falsche zu entscheiden.

      Oliver Uschmann hat genau dieses Phänomen in »Fehlermeldung« und auch schon in »Murp!« beschrieben, besonders, was Beziehungen angeht.

    2. Nessy sagt:

      @Herr Vorarbeiter: Ich fühle mich geschmeichelt.

      @Frau Notizbuch: An sich ist Wahlfreiheit ja etwas sehr positiv. Aber es ist wie im Supermarkt: Je mehr Schokoladensorten, desto weniger weiß ich, welche ich nehmen soll, und desto höher sogar die Gefahr, dass ich gänzlich ohne eine Schokolade nach Hause gehe. Und das bei mir, dem Schokomonster.

    3. Croco sagt:

      Mir sind in meinem nun fortgeschrittenen Alter die Geschäfte am liebsten, die nur zwei Sorten Bandnudeln anbieten. Ein riesiges Nudelregal führt bei mir dazu, dass ich so verwirrt bin und nichts kaufe. Ich mag auch nicht rumsuchen. Ich habe dann das Gefühl ,es sei vertane Zeit.
      Vielleicht war das mit den Männern auch so. Ich wusste so ungefähr, was zu mir passte. Und ich hatte nie die die Vorstellung, dass mir die ganze Welt zur Verfügung steht.

  18. Lustig, mit 12, 13, 14 will man unbedingt so schnell wie möglich erwachsen werden, um endlich all das machen zu können, was die beschriebenen Mittdreißiger machen, während die um alles auf der Welt nicht erwachsen werden wollen um genau das so weiter machen zu können.

    1. Nessy sagt:

      Das Komische bei mir ist: Ich wollte nie erwachsen werden. Habe mich nie richtig danach gesehnt, 18 zu sein. Und jetzt möchte ich nicht wieder jung sein.

  19. FF sagt:

    Argh. Dieses ganze Beziehungsgelabere. Die Pest unserer Tage. Eine Atombombe ist dagegen ein milder Husten.

    Kann mir im Moment grade nichts tödlicheres vorstellen. Gleichwohl: eine echte Empfehlung für jeden, dem es in seiner jeweiligen Liaison gerade zu gut geht…

    Hier gilt eine gußeiserne Regel: entweder man braucht derlei Geschwätz nicht, oder es nützt einem nichts.

    PS.: Jeder Kropf macht attraktiver.

  20. Ich bin 28 Jahre alt und ich fühle mich keineswegs erwachsen. Ich bin noch sehr albern und kann mich auch an „kindlichen“ Dingen erfreuen. Manchmal wird mir das vorgeworfen, vielen finden das charmant. Aber was sagt das über mich aus? Ich bin wie ich bin. Die Stufe des ernsten Erwachsenen mit Lebensplan, Zielen usw. wurde noch nicht erreicht. Ich reise schon seit Jahren durchs Ausland und ein „normales 08/15 Leben vermisse ich „noch“ nicht. Ich habe wieder Kontakt mit alten Schulfreuden und die erzählen von ihren Ehen, Kindern usw….in diesem Moment fühle ich mich etwa alt…und ich denke…hmm, sollte ich nicht auch schon Kinder bekommen? Mich festlegen…aber dieser Augenblick verschwindet so schnell wie er gekommen ist.

  21. Gaston sagt:

    Genauso. Hab zwar studiert, aber war lange im Ausland von Land zu Land getingelt und als Englischlehrer gearbeitet.
    Ich könnte nicht lange an einem Ort bleiben.
    Meine Eltern sind alle 3-4 Jahre umgezogen und ich mit. Mache das im Moment auch so.
    Alle 2 Jahre eine andere Stadt oder ein anderes Land.
    Verdienen kann ich genug, um zu überleben und das reicht mir.
    Muss mein Zigeunerblut sein.

    1. Nessy sagt:

      Finde ich gut. Wenn das Ihr Ding ist, warum nicht? Der eine möchte sein Leben lang nicht von zu Hause weg, der andere ist in der ganzen Welt zu Hause.

  22. Christiane sagt:

    Das ist also der erste Post, den ich hier lese… ich bin 23… irgendwie fühle ich mich, als wäre ich in “ so einem Zwischending“, das was hier beschrieben ist, klingt nicht fern, aber ganz genau trifft es den Punkt nun auch noch nicht…
    Davon abgesehen: ich lese nun gerne noch ein wenig mehr ;)

    1. Nessy sagt:

      Sehr gerne.
      //*schiebt Begrüßungskekse rüber

  23. Lobo sagt:

    Hmmm,

    ich behaupte mal das ich immernoch „jugendlich“ genug bin, um auf Metalfestivals und Konzerte zu gehen, Partie zu machen und auch einfach nur rumhängen kann, ohne was „sinnvolles“ zu machen.

    Andererseits musste ich mich mit 28 Jahren entscheiden das Geschäft meines Vaters zu übernehmen oder eben nicht.
    Damals fühlte ich mich eigentlich nicht wirklich „reif“ genug dafür, habe in meinen Anfangstagen auch viele Fehler gemacht, bereut habe ich es aber nie.

    Nun sind auch schon wieder 12 Jahre ins Land gegangen und das Einzige was ich wirklich vermisse ist : – Tusch und Applaus – : ne feste Beziehung. ;-)

    Natürlich gab es einige Beziehungen, allerdings ist das selbstständige Betreiben eines kleinen Einzelhandelsgeschäfts sehr sehr Zeitraubend und den Vorwurf ich würde mich nicht genug um die Beziehung kümmern klingelt ob der häufigen Anwendung auch heute noch in meinen Ohren.

    Auch sind schon zwei Beziehungen den Bach runtergegangen, weil ich zu dem Zeitpunkt keine Kinder wollte.

    Irgendwie neidisch habe ich damals auf ehemalige Schulkameraden geblickt die schon Familie und ihr Leben voll darauf ausgerichtet hatten.
    Naja, 3 der vier Ehen im engeren Freundeskreis sind schon geschieden, scheint also auch nicht der Weisheit letzter Schluß zu sein. ;-)

    Andere Männer haben ja in meinem Alter schon die sogenannte „Midlife Crises“,
    schnappen sich ne Jüngere, damit sie selbst besser da stehen, kaufen sich ne Harley usw.
    Immerhin brauche ich davor keine Angst zu haben. :-)

    Ich denke es gibt kein Ideal/Standard Leben das automatisch glücklich macht, man sich selbst einen Weg suchen und das Beste daraus machen, ewig einem Traum hinterherrennen kann auf die Dauer ganz schön frustrierend sein.

    Man kann es aber auch wie Albert Einstein machen :
    „Ich denke nie an die Zukunft ; sie kommt früh genug.

    1. Nessy sagt:

      Bei Ihnen gibt’s ja auch gar nicht so viele Frauen, oder? Männer auch nicht. Überhaupt wenig Leute. Dort im kleinen, südwestlichen Ostfriesland.

      Sag‘ ich jetzt mal so.

    2. Lobo sagt:

      Doch, doch es gibt schon einige, anscheinend nur nicht die Richtige. ;-)

  24. Sich nicht zu entscheiden, ist auch eine Entscheidung.

    1. Nessy sagt:

      Das stimmt.

    2. marshall sagt:

      Finde ich nicht.
      Sich nicht zu entscheiden, ist je nach Situation, feige – kindisch – oder Lebensunfähig. Oder „verkopft“, soll heißen, die Entscheidungsinstanz „Bauchgefühl“ wird nicht (mehr) wahrgenommen..

    3. Aber: indem du etwas NICHT tust, dich also einer Entscheidung entziehst, tust du eben DOCH etwas, nämlich genau indem du etwas anderes unterlässt. Über kurz oder lang triffst du nämlich dann doch Entscheidungen und zwar passiv. Und das finde ich persönlich in höchstem Maße unbefriedigend.

    4. marshall sagt:

      Man kann also nicht nicht entscheiden.. wobei ich passiv entscheiden ganz in die Ecke “ Schicksal“ einordnen würde. Dann lieber doch selbst aktiv werden..

  25. Doktor Peh sagt:

    Ich denke, die beschriebenen Protagonistinnen stellen sich unter „erwachsen sein“ so etwas vor wie „ein einmal eingeschlagener Weg, der bis zur Bahre führt“. Dem ist allerdings nicht so.
    Egal wie alt man ist, man kann immer noch seine Entscheidungen revidieren, neu anfangen. Dass das nicht immer komplikationslos verläuft, sei unbestritten. Speziell Kinder, in frühn Jahren erbrütet, erweisen sich da als Hemmnis, wenn man sich diesen Schuh anzieht.

    Ich beispielsweise fing mit meiner „Zigeunerlaufbahn“ erst im zarten Alter von 42 an, davor verlief alles in „geordneten“ Bahnen, inklusive Ehefrau, Haus, etc. Dann allerdings warf mich ein berufliches Vorkommnis aus der Bahn, ich musste zwangsläufig meine Lebensweise (i.e. meine Gelderwerbsquelle) umstellen. Und bin seitdem als Expat im Ausland unterwegs. Etwas, das ich mir in jungen Jahren nie hätte träumen lassen, auch nicht, als ich mich „erwachsen“, also in ein Schema eingepresst, fühlte. Dies ist eine andere Art des Erwachsenseins. Und ja, sie funktioniert auch, wenn man Kinder hat.

    1. Nessy sagt:

      Ich bekomme ja so am Rande mit, was Sie machen und was bei Ihnen so los war und ist – Respekt. Mit 42 nochmal komplett neue Wege gehen – das ist schon eine starke Entscheidung.

  26. Aurora sagt:

    Erwachsen werden würde ich das nicht nennen, ich würde es ankommen nennen. Ich kenne verschiedene Lebensweisen in meinem Freundeskreis: 9-5 job, Routine, Heirat, Kind, Haus und absolut glücklich oder mit 60 J immer noch keine Sicherheiten, dafür aber eine Arbeit, die einen so ausfüllt, das man alle überstrahlt vor Glück.
    Jede(r) muß seinen Lebensentwurf selber finden, das ist der Segen und gleichzeitig der Fluch in unserer Zeit. Sonst passiert es nämlich – auch in meinem Freundeskreis – daß man mit Anfang 20 heiratet und Kinder kriegt „weil man das so macht“ und sich mit Ende 20 wieder scheiden läßt und sich jede Nacht um die Ohren schlägt mit one-night-stands. Oder daß man dann mit Anfang 40 nach 10 künstlichen Befruchtungen nervlich am Ende ist. Es hat alles seine Vor- und Nachteile, das Problem ist daß man sich selber seinen Weg suchen muß.

  27. schauzeit sagt:

    Die Erwachsenen, das waren für mich eine sehr lange Zeit die Anderen. Als Kind (so 9 – 10 Jahre) waren für mich alle über 20 Jahre Erwachsene. Also Respektspersonen mit Auto und Wahlberechtigung, vor allem aber mit allen Antworten auf die Fragen des Lebens. Leute, die wissen, wo es langgeht und was zu tun ist. Die nächste Stufe war dann direkt schon die Generation der Großeltern.

    Als ich selbst Anfang bis Mitte zwanzig war, hatte ich zwar Auto und Wahlberechtigung, das unbedingte Gefühl des Erwachsenseins blieb aber aus. Der Wille zur Abgrenzung zu denen, mit denen ich Erwachsensein ebenso wie bürgerliche Spießigkeit verband, prägte sich deutlich aus, die Fragen blieben.

    Irgendwann, ich war Anfang dreißig, wurde ich an einer Tankstelle von einem jungen Motorrollerfahrer nach irgendetwas (ich weiss es ehrlich nicht mehr) gefragt. „Entschuldigen Sie, könnten Sie mir…?“. Umgekehrt hätte ich ihn geduzt umstandslos, er sah das wohl distanzierter. War ich nun Erwachsen? Wollte ich das?

    Vor wenigen Jahren wiederholte sich mal wieder ein Klassentreffen. Ich war inmitten einer Gruppe älter gewordener Jugendlicher. Viele waren erfahrener, einige sogar etwas schlauer. Nicht wenige haben allerdings aufgehört nach Antworten zu suchen. (sowas nennt man dann wohl „gesettled“)

    In zweieinhalb Jahren werde ich 50, oft genug fühle ich mich noch als großgewordenes Kind. Als Zehnjähriger hätte ich mich wohl schon zu den Greisen gezählt…

    1. Nessy sagt:

      Der Zeitpunkt, ab dem man plötzlich von allen gesiezt wird … ja, den kenne ich.

  28. kecks sagt:

    Ich verstehe nicht ganz, warum „erwachsen sein“ unbedingt mit „ankommen“ und „entscheiden“ gleichgesetzt werden muss. Das ist nur eine mögliche Semantik von „erwachsen sein“ (wenn auch eine sehr verbreitete; ich würde sagen, eine „bürgerliche“, und Bürgerliches als Vorstufe des Adligen ist ja in den letzten Jahren wieder schrecklich gefragt, von Mia-Sophie als erstes Kind bis hin zum adligen Ex-Minister Ken mit Barbie alias Herr „Ich bin mir keiner Schuld bewusst“).

    Es gibt auch andere, durchaus lebbare und befriedigende und sozialverträgliche Modelle der erwachsenen Existenz, ganz ohne Reihenhaus, festem Job, Kinder, fixem Partner etc. pp.: zum Beispiel das Zuverlässigsein, das Achtsamsein, das Verantwortungsvollhandeln, das eine oder auch mehrere Sachen durchziehen (und wenn es die Sache „ich lebe im Moment und ziehe nichts durch“ ist)… Da kann man dann von außen drauf schauen aus dem Fenster des eigenen Reihenhauses, den Golden Retriever kraulen und sich denken „Ach, sind das alles große Kinder; nirgendwo angekommen, heimatlos und unbehaust…“. Oder man kann draußen auf der Treppe sitzen mit einer guten Flasche Bier, sich über Heidegger austauschen und dabei nebenbei das erleuchtete Reihenhausfenster gegenüber beobachten und sich fragen, wie sich das wohl anfühlt, heute schon zu wissen, wie die nächsten 20 Jahre sein sollen.

    …Oder vielleicht kann man beides sogar kombinieren. Erwachsensein oder ‚funktionierende Lebensentwürfe‘ gibt es genauso viele wie Individuen. Die meisten abonnieren gerne einen, den die Gesellschaft ab Stange in Konvektionsgrößen anbietet, z.B. „Erwachen sein“ als „ankommen“ verstanden, oder „ewig jung sein“ als „ich kann mich nicht entscheiden“ verstanden (das ist dasselbe, nur mit dem anderen Vorzeichen versehen). Kann man machen, muss man nicht.

  29. kittykoma sagt:

    Das Nicht-Erwachsenwerden-Wollen endet nach langgestreckter Pubertät auch unweigerlich (und bei manchen übergangslos) in der Midlifecrisis. Blöd ist nur, daß beim Rotieren um sich selbst essentielle Lebensdinge, die nicht nachholbar sind, auf der Strecke bleiben. Bei Frauen sind das Kinder – die Biologie läßt sich nur bedingt überlisten, bei Männern ein berufliches Standing, das sie Jenseits der 40 plötzlich für Frauen, andere Mitmenschen und das eigene Selbstwertgefühl wichtig zu sein scheint. In der Summe ist es Ablehnung von Verantwortung. Alte Kinder verlieren irgendwann ihren Charme, weil die nachfolgende Generation anders verrückt und innovativ bahnbrechend ist. Und dann sind sie doppelt abgehangen. Von der eigenen Generation, die längst woanders ist und in ihren eigenen Kreisen lebt und von der jungen Generation erst recht, für die sie nur lächerlich sind.
    Mir ist es umgekehrt passiert. Familie mit Anfang 20, Firmengründung mit Anfang 30 und mit 45 stand alles noch mal auf dem Prüfstand. Jetzt lebe ich so verspielt und entpflichtet wie mit 19. Das ist nicht das Schlechteste. Denn ich habe in vielerlei Hinsicht eine Menge Erfahrung.

    1. Nessy sagt:

      Alte Kinder verlieren irgendwann für alle den Charme, wenn sie nachts um 3 auf einer Tanzfläche dancen wie mit 25: für die nachfolgende Generation, weil sie peinlich sein. Für die eigene, weil sie peinlich sind.

      Dass es so, wie Sie gemacht haben, auch recht gut ist, kann ich mir vorstellen.

  30. Also hört das auch nicht mit Mitte dreißig auf, ja? Irgendwie be(un)ruhigend.

    1. Nessy sagt:

      Nein. Es bleibt alles, wie es ist.
      Manches zumindest.

  31. Schön geschrieben, machte Spaß zu lesen.

    Und so ganz erwachsen wollen wir doch alle nicht werden…

  32. Gast sagt:

    Interessanter Artikel und Diskussion. Entgegen dem Großteil hier, finde ich, dass Kati die eigentlich erwachsene und reife Person ist. Nicht hingegen Suse.
    Menschen sind für sich selbst verantwortlich, müssen sich selbst glücklich und zufrieden machen. Kati ist authentisch und trägt Verantwortung für sich und hat einen Weg für sich gefunden. Für mich eine erwachsene Person, auch wenn ich persönlich ihren Weg als nicht unbedingt vernünftig ansehe, aber das ist meine Meinung, und da sie die Verantwortung trägt, darf sie auch „unvernünftig“ handeln.
    Jemand, der hingegen sein Lebensglück stark von anderen abhängig macht (Suse), den kann ich dagegen wirklich nicht als erwachsen ansehn.

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