Draußen nur Kännchen Kaffeehaus mit ♥

Nimm sie, Dieter!

1. 7. 2011 49 Kommentare Aus der Kategorie »Anrainer«

Das Ghetto-Netto hat eine neue Kassierin.

Sie ist jung, blondgefärbt, trägt Glitzernagellack und verachtet ihre Kundschaft – all diese Menschen, die ihr ihre kostbare Lebenszeit stehlen, indem sie Waschmittel, Frischkäse und Kirschjoghurt kaufen. Mit zusammengekniffenen Augen und zu einem Strich gepressten Lippen hockt sie krummrückig hinter ihrem Scanner, ihr Blick ein Laserschwert.

Ihre schlagkräftigste Waffe ist aber nicht ihre Mimik. Ihr Dolchstoß ist das Kassenband, das sie mit Präzision und Niedertracht entgegen jeglicher Serviceregeln bedient. Ist der Kunde gerade dabei, Waren aufzulegen, hält sie es an. Zwischen ihr und dem Beginn der Waren sind noch zwei Armlängen Platz, aber sie kassiert zunächst den Vordermann ab, blind für die Bedürfnisse des Nachfolgenden, taub für seine Bitten. Erst, als sie damit fertig ist, stellt sie es wieder an – und wird gleichzeitig zur Besessenen, wenn sie beginnt, die Waren einzuscannen. Zwei, drei, vier Teile pro Sekunde. Piep! Piep! Piep! Piep! Mit ihren Glitzernägeln krallt sie sich die Packungen, zieht sie über den Scanner und wirft sie auf das Förderband hinter der Kasse. Man kommt gar nicht so schnell nach mit dem Einräumen. Man ist ja noch mit dem Auflegen beschäftigt. Jede eingescannte Ware schiebt die frischen Einkäufe zu einem Knäuel zusammen. Wasserflaschen zerpressen die Tomaten. Pfirsische bangen um ihr Leben. Das Band, das vorher nicht lief, läuft jetzt umso schneller. „23 Euro 3! “ brüllt sie dann. Und befiehlt: „Drei Cent!“ Sie fragt nicht, ob man es passend hat: Sie ordnet Kleingeld an.

Es nützt nichts, freundlich zu ihr zu sein. Es nützt nichts, besonders zuvorkommend zu lächeln. Es nützt auch nichts, ihr noch einen reinzudrehen und mit Karte zu zahlen. Sie bleibt die misanthropischste Kassiererin des Ruhrgebiets.

Man sollte Dieter Bohlen anflehen, sie auf seine Bühne zu lassen. Damit sie endlich berühmt wird, so wie es ihr zugedacht ist, und nicht mehr unsere Tomaten tötet.

Kommentare

49 Antworten: Bestellung aufgeben ⇓

  1. In der Regel hilft es die Glitzernagelfrau daran zu erinnern, dass wir, die Waschmittel, Frischkaese und Kirschjoghurt kaufen, ihr Gehalt sichern. Wenn das dann nicht hilft, dann darf man auch gerne mit einem Laecheln nach dem Geschaeftsfuehrer verlangen.
    Ich habe selbst in meiner Schulzeit an der Kasse gearbeitet, es ist ein bescheidener Job, aber man kann trotzdem das Beste daraus machen.

    So, und jetzt lobe ich mir die amerikanische Oberflaechlichkeit. Ich werde hier jedes Mal an der Kasse mit ‚how are you today Ma’am? Did you find everything ok? Can I help you with anything else?‘ empfangen und mit einem ‚thank you and have a great day‘ verabschiedet. Die Glitzernagelfrau waere hier sofort entlassen.

    1. Nessy sagt:

      Mir würde es reichen, wenn sie neutral-freundlich wäre. Ich sehe ja ein, dass kriegsähnliches Dauerlächeln über acht Stunden nicht immer durchzuhalten ist. Allerdings … ja, die Servicementalität in den USA gefiel mir auch, als ich dort. Allein dieses „Ma’am“ und „Sir“.

  2. ck sagt:

    Je weicher der Einkauf, desto weiter hinten sollte er auf dem Band liegen. Verhindert Vermatschungen.

    Und Menschen, die der Meinung sind, mit mir nur in abgehackten Wortfetzen kommunizieren zu müssen, kann ich gar nicht leiden.

    „Paybackkarte?“

    „Wie bitte?“

    „PAYBACKKARTE?“

    „Was meinen Sie damit?“

    „Haben Sie eine Paybackkarte?“

    „Nein.“

    1. Nessy sagt:

      Sie sagt „Paybackkarte„? Nicht einfach: „PÄBÄK!“ – ?

      Ihren Tipp beherzige ich wohl. Ich spiele praktisch bei jedem Einkauf Kassenband- und Einkaufskorb-Tetris. Durch das Geschiebe auf dem zweiten Band ist er allerdings obsolet.

    2. ck sagt:

      Mea culpa, das mit dem zweiten Band hatte ich verdrängt. Umso schlimmer!

    3. T.M. sagt:

      „Postleitzahl?“
      „3047“
      „3 – 4 nein 3 – 0 – 4 – 7 – und?“
      „Und?“
      „Ja, was noch?“
      „Wie, was noch?“
      „Eine Ziffer fehlt noch.“
      „Nee.“
      „???“ (Wenn man in der Schweiz wohnt, fehlt eben nix, du Doof!)

      Auch immer gut: „Ich brauch zuerst die Nummer auf dem Wagen!“ – Wozu ist das, weiss das jemand? An anderer Stelle vermutete man einmal sehr kreativ ein Gewinnspiel unter Kassiererinnen. Wer die 993 hat, gewinnt einen weiteren Monat Beschäftigung, oder so.

    4. Nessy sagt:

      Haha. Hatte ich schon alles vergessen.

      In Zusammenhang mit der Postleitzahl kam auch schon die Frage, ob ich ein Prospekt des Marktes im Briefkasten gehabt hätte. Eine Art Stasi-Methode, um die Schülerverteiler zu überwachen. Ich habe einfach „ja“ gesagt, um die armen Mädels und Buben nicht reinzureißen, auch wenn ich mich nicht erinnern konnte, weil ich das Zeug immer unbesehen wegschmeiße.

    5. jpr sagt:

      Wenn von Ihnen mal jemand das „nein, keine Karte, keine Sammelmarken und auch sonst nichts“ T-Shirt drucken lässt: ich nehme eins. (Nur „Nein“ wäre allgemeingültiger, aber ich fürchte zu subtil).
      Auch wenn ich letztlich den Damen an der Front nicht böse sein kann, sie denken sich das ja nicht aus.

    6. el burro sagt:

      @T.M.: Die Wagennummer zwingt die Kassiererinnen, in die untere Hälfte des Wagens zu schauen – Klauprävention ähnlich wie bei Eier-Sixpacks.

    7. Friederich sagt:

      jpr sagt:
      Wenn von Ihnen mal jemand das „nein, keine Karte, keine Sammelmarken und auch sonst nichts“ T-Shirt drucken lässt: ich nehme eins.

      Das könnte ich Ihnen machen.

  3. T.M. sagt:

    Könnten Sie nicht nächstes Mal vielleicht ein Händifoto schiessen? Das klingt alles sehr vielversprechend …

    1. Nessy sagt:

      In Ihrer Fantasie ist das doch alles tausendmal schöner.

  4. Herr MiM sagt:

    Wenn es nicht im Guten geht, greife ich in diesen Fällen immer wieder gerne zu subversiven Argumentation.

    Was sehr gut geht, ist mit dem Partner im Beisein der Kassiererin über die Kassiererin zu sprechen und so zu tun als wäre sie nicht da oder könnte sie einen nicht hören.

    Oder zum Kind sagen, hier… wenn Du nicht aufpasst in der Schule, musst Du auch irgendwann hier sitzen wie die da.

    Da geht einiges.

    1. Nessy sagt:

      Ach. Das ist alles nicht schön. Dann lieber lächeln. Dabei ist die Chance größer, dass sie mal zurücklächelt.

  5. Schwarzmaler sagt:

    Oh ja, diesen Blick – „ich habe Talent und wollte Schauspielerin werden sollen und stattdessen sitzte ich in diesem Ghettonetto und schiebe sinnlos Waren“ – göttlich.

  6. würde nicht alles auf eine dämliche leuchtkuh hinweisen, hätte ich den hut gezogen: weil sie ihre kundschaft verachtet.

    1. Nessy sagt:

      Scharfsinnige These.

      In diesem Fall greift aber die Regel: „Wer den dicksten Hintern hat, lästert über die Ärsche der anderen am lautesten.“

  7. Lauffrau sagt:

    Schlimm ist es, wenn sie einen bei „Schnittlauch“ dann anguckt und nachfragt, was das denn sei, weil kein Strichcode drauf wäre, müsste sie es ja eintippen…und sie es dann mit „Petersilie“ eintippt, weil sie die Zahl für Schnittlauch nicht gefunden hat – mit der Begründung: ist ja auch grün! *kopfschüttel*

    1. jpr sagt:

      Moderne Kassen lösen das Problem, indem Sie Bilder anzeigen. Passiert hierzulande so bei den Backwaren. Dafür zuckt niemand, wenn man den Drei-Franken Einkauf mit nem Hunderter bezahlt. Sehr angenehm.

    2. Nessy sagt:

      Moderne Kassen zeigen tatsächlich Bilder an?
      Das wird das Wirsing-Problem niemals lösen.

    3. jpr sagt:

      Soweit ich das von jeweils hinter der anderen Kasse sagen kann: ja.
      Das Wirsing-Problem loesen moderne Supermaerkte dadurch, dass verwechselbares Gemuese alles einen Preis kostet (hat fuer die Kunden dann den Nachteil, dass sie mit Chinakohl kochen muessen, aber denen die das nicht wissen ist das vermutlich egal).

      Wenn ichs genau ueberlege liesse das Raum fuer ein radikales Preiskonzept: Die Kasse hat dann nur noch ein paar Knoepfe, die die Farbe des Stueckgguts angibt und danach ist auch der Preis: „Gruenes“, „Orangenes“, „Rotes“, „Gelbes“, „Braunes“.

  8. frauvau sagt:

    Im Nett*o war ich nur ein einziges Mal, danach nie wieder. Nicht wegen der Kassiererin, die war ganz ok, aber der Laden ist schrecklich! Dann lieber Al*di und Li*dl hintereinander..

    1. Nessy sagt:

      Sehe da keinen Unterschied. Alles Discounter.

  9. Juliane sagt:

    Solche widerborstigen Bratzen macht man ruckzuck zu schnurrenden Kätzchen (wahlweise zur BFF), wenn man sie bewundernd fragt:
    „Oh, haben Sie aber schöne Gelnägel! Wo lassen Sie die machen?“
    Sie werden sehen:
    Nie wieder Pfirsiche in Todesangst!

    1. Nessy sagt:

      Krass Respekt. Sie haben’s echt drauf.

    2. URi sagt:

      Bei euch Frauen dürfte das vielleicht noch funktionieren, aber..

  10. Sasan sagt:

    Frau Nessy, ganz einfach.
    Machen Sie den Kirschjoghurt auf, kippen ihr ihn über den Kopp,
    anschließend das gleiches Procedere mit dem Waschmittel-Pulver und
    zum krönenden Abschluss noch eine Tomate ins Gesicht matschen!
    Bin ich aggressiv heute? NEIN!!!!

    1. Nessy sagt:

      Ich lächle weiter. Das gibt mehr Karmapunkte.

  11. Wenn Dieter keine Zeit hat würde ich ihrem Chef sagen er soll ihr einen anderen Job geben sonst gibt es noch einen lauten Knall.
    Schönes Wochenende
    Mrs. Jones

  12. katerwolf sagt:

    die idee von jpr mit den bedruckten t-shirts finde ich dufte, nur würde ich in diesem fall den aufdruck empfehlen:

    dieter bohlen hasst dich. fick dich.

    sorry, bin sonst nicht so assi. aber wat mut, dat mut.

    katerwolf

    1. Nessy sagt:

      Aber nicht doch. Diese bösen Worte – wo doch morgen Wochenende ist und dies hier ein Harmonieblog.

  13. hodyshoran sagt:

    Wie geil das trifft ja jedes Klischee, so habe ich mir das Ruhrgebiet immer vorgestellt

  14. lihabiboun sagt:

    Nachbarin mein Fläschchen! Diese Kommentare hier – made my day.
    Allerdings glaube ich, das Wirksamste wäre echt: Gelnägel loben!!!

  15. Holger sagt:

    Schön ist auch die Frage „Bon?“, wenn er nicht bloß wortlos mit hochgezogener Augenbraue hingehalten wird. Ich sagte einst „Ja, das ist einer!“. „Ich meinte, möchten Sie den Bon haben.“ „Dann sagen Sie das doch.“ „Möchten Sie den Bon haben?“ „Geht doch! Nein danke, ich brauche ihn nicht.“ Bei manchen fiel der Groschen und seitdem sind sie in der Lage, einen vollständigen Satz zu sprechen.

  16. Anonym sagt:

    Ich bevorzuge die passiv-aggressive Variante: betont langsam alles einpacken und ERST bezahlen wenn alles sicher und heil im Wagen drin ist. Man muss halt nur den spürbaren Zorn aller anderen Kunden aushalten können.

    1. Annemarie sagt:

      Genauso halte ich es auch. Mich nerven allerdings beim Einkaufen weniger die Kassiererinnen, sondern vielmehr einige der anderen Kunden. Und zwar solche, die sich, wenn sie hinter einem in der Schlange stehen, gerne ungeduldig an einen randrücken. Irgendwie scheinen die zu glauben, dass es dadurch schneller gehen würde, bzw. sie dadurch schneller drankämen (eine Theorie, die ich wohl niemals begreifen werde).

      In meinem „Stammsupermarkt“ ist zum Einpacken der Waren übrigens kein Platz vorgesehen, d.h. ich packe meine Waren ebenfalls komplett ein, bevor ich zahle. Die Kassiererin muss halt solange warten. Natürlich ernte ich durch diese Verzögerung regelmäßig böse Blicke, allerdings der Nachfolger in der Schlange, nicht der Kassiererinnen. Vermutlich weil ich denen ein paar Minuten ihrer Lebenszeit stehle…oder so…ich böser böser Mensch ich.

  17. kvinna sagt:

    Wagennummer??! Das hab‘ ich ja noch nie gehört! Das mit der Postleitzahl kenn‘ ich wohl.

    Und ich behaupte mal, dass der Laden der Albrecht-Brüder aus Mülheim (nicht weit von mir), der angenehmere – weil mit Abstand älteste – Discounter ist. Und das seltsame Zauberwort heißt eigentlich „Tageslicht!“ Achten Sie nämlich mal auf die Architektur.

    Der unfreundlichen Kassiererin unterstelle ich mal Überforderung und Angst.

  18. jpr sagt:

    Der Vollstaendigkeit halber mag ich noch die beiden Witzgeschichten verlinken, an die ich beim Lesen des Posts denken musste: Sollvorstellung beim Kassieren und Istbild.

  19. Mo* sagt:

    Hoffentlich kriegt Thorsten nicht mit das sie ausserhäusig Tomaten dazukaufen! :)
    Der würde vermutlich denken das Verhalten der Stimmungskanone geschehe Ihnen sehr recht.

    1. Nessy sagt:

      Thorsten sieht auf Cocktailtomaten eher amüsiert herab.

  20. rebhuhn sagt:

    hintergrundinfo: die haben meist ein teile pro minute-soll zu erfüllen. was sie natürlich nicht daran hindert, freundlich zu sein bzw. kunden darüber zu informieren. … das zu wissen macht mich etwas weniger aggressiv, meist.

    1. Werner sagt:

      …und die Ablagefläche hinter der Kassiererin wurde über die Jahre stetig verkürzt um die Kunden zu einem schnelleren Einpacken zu „animieren“. Die neuesten Kassengenerationen haben faktisch keine Ablagefläche mehr. Als Folge vermatschen viele Kunde ihre Tomaten und Toastbrote selbst. Da bekommt Selbstbedienung eine ganz neue Dimension!

      Bild mit Erläuterung findet man hier: http://www.handelsmarke.org/wp-content/uploads/2008/10/aldi_kasse.jpg

  21. „Sammeln Sie die Herzen?“:

    „Nicht nötig, mir fliegen die Herzen aller mich Umgebenden ohnehin reihenweise zu!“

    Alternative (Kassierer, männlich, jung):
    „Hach, junger Mann, Sie wollen mir doch nicht etwa das Ihre schenken? Schau’n Sie, ich könnte Ihre Mutter sein!“.

    Mich fragen die nicht mehr.

  22. W_U_N_D_E_R_B_A_R!!!! Und ihre Schwester sitzr in Leipzig! Ich schwöre!!!

    1. Die Schwester saß in Leipzig, ist aber inzwischen zu uns ins Münchner Umland gezogen: Ich weiß nur noch nicht welches der drei Exemplare, die ich hier im Verdacht habe, die richtige ist.

  23. Thomas sagt:

    Ich kann zwar absolut nicht über meine Ghettonetto-Verkäuferin hier im schönen Erfurt meckern, aber für ein Exemplar wie das von Frau Nessy geschilderte würde mir einiges an Gemeinheiten zur Erziehung (oder endgültigen Eskalation) einfallen:

    beschädigte Buttermilchbecher, die erst beim Scannen tropfen oder auslaufen
    einkaufen gehen mit schreiendem Baby, das sich direkt im Kassenbereich übergeben muss
    Rieseneinkauf scannen lassen, Kartenzahlung ankündigen und dann feststellen, dass man weder Geld noch Karte dabei hat

    1. Das ist aber gar nicht nett!!!

    2. Nessy sagt:

      Nee, finde ich auch nicht nett.

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