Draußen nur Kännchen Kaffeehaus mit ♥

Fitnesstudio, 2. Januar

2. 1. 2011 33 Kommentare Aus der Kategorie »Turnen«

Alle Crosstrainer sind besetzt.

Es ist Sonntag, der erste wache Moment nach dem Neujahrskoma und offizieller Beginn guter Vorsätze. Ich betrete die Trainingsfläche und sehe sofort, wer zum ersten Mal hier ist.

Die Männer, in der Mitte leicht untersetzt, sind oftmals nicht einmal dick, aber auf eine Weise nicht trainiert, dass ihre Schultern herabhängen und ihre dünnen, weißen Beine wie brüchige Äste aus abgetragenen Shorts staken. Sie werfen sich mit ungestümem Elan auf die Laufbänder, stellen Programme wie „Cross Hill“ oder „Himmalaya“ ein, rennen los und schnaufen sich schweißdurchtränkt durch eine schmerzhafte halbe Stunde.  Andere wiederum, diejenigen, die den Nanga Parbat bereits bestiegen haben, sitzen gebeugt, ihr Baumwollshirt ein nasser Lappen, in den Kraftmaschinen und stemmem unter vernehmlichem Ächzen tonnenschwere Scheiben.

Frauen betreten nur zu Zweit die Trainingsfläche, angetan mit Yogahosen aus dem Tchibokatalog und auch sonst ausstaffiert mit allem, was notwendig ist: Fitnessschuhe, Schweißbänder und Klimashirts mit Stützfunktion. Zunächst bewundern sie sich gegenseitig, dann die Trainingsfläche, die vielen Fernseher, den ganzen saubergefeudelten Sportkosmos, der Körper- und Wohlgefühl atmet. Ein wenig stehen sie herum, als warteten sie, dass der Sportsgeist sie schwängere. Dann nehmen sie sich einen der Stepper vor, studieren das Display, drücken Knöpfe, beratschlagen sich, drücken weitere Knöpfe und legen los, vorsichtig, sie möchten nichts kaputtmachen, nicht an der Maschine und nicht an sich selbst. Mit der Verve der Hellgelben Erdhummel, ein wenig taumelnd, aber grundsätzlich fröhlich, hüpfen sie durch das Programm, unterhalten sich angeregt und kichern über den Herrn unter dem Eurosport-Fernseher, der schweißspritzend und armrudernd die letzten Meter der Rupalwand hinaufrennt.

Beim Hinausgehen sehe ich ihn an der Theke sitzen, einen Eiweißshake in der zitternden Hand. „… in einer halben Stunde …“, sagt er in sein Handy, „ja … nein, war super … nö, nö, nicht so anstrengend … ja … ja … für mich nicht so viele Kartoffeln …“

Die Damen sind noch in der Sauna.

Kommentare

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  1. Zum Glück trage ich meine Yoga-Hosen von Tchibo nie zum Sport, sondern immer nur beim Auf-dem-Sofa-Rumgammeln.
    Ich glaube, ich mache damit alles richtig. ;)

    1. Nessy sagt:

      Die Yogahosen sehen auch so aus, als eigneten sie sich besonders zu diesem Zweck. Ich hätte ja auch welche, wären sie nicht so kurz geschnitten.

  2. rain sagt:

    Faszinierend:
    In meinem Fitti spielten sich heute beängstigend ähnliche Szenen ab.
    Und auch bei uns war es so voll als schlössen morgen alle Fittis für 3 Monate ihre Pforten.

    Für mich gibt es fast nichts Schlimmeres als Freundinnen nebeneinander auf dem Crosstrainer – direkt neben mir: Wenn ich Glück habe, halten die mal 0,387 Sekunden die Klappe. Ansonsten wird getratscht.

    Und die Herren bei uns sehen ebenfalls so aus wie bei Euch -man könnte quasi mit Ihnen den Boden aufwischen.
    Sollte man aber besser nicht.

    Rasieren sich bei Euch eigentlich auch die Mädels unter der Dusche??

    1. Nessy sagt:

      Im alten Fitti. Dort rasierten sich die Mädels nicht nur, sondern färbten sich auch die Kopfhaare und besudelten dabei einen Großteil des Wellnessbereichs mit „Kupferrot“ und „Aubergine“. Es war aber stets sehr gesellig.

    2. Blogolade sagt:

      Sabbeln beim Laufen geht gar nicht. Das gäbe spätestens nach 3 Minuten ausgeprägtes Seitenstechen. Nein, viel früher.

    3. Wolfram sagt:

      gestern einem Fernsehfilm abgelauscht: „Der Mensch braucht zwei Jahre, um sprechen zu lernen – aber ein ganzes Leben reicht nicht, um schweigen zu lernen.“

      Deshalb bloggen wir.

  3. Habe auch meine Fitnesstudio Erfahrung gemacht, muss ich aber in diesem Leben nicht noch mal wiederholen. Bin nicht so ein VEREINS- MEYER oder Studio Typ. Beim Sport bin ich mir der nächste!

  4. richensa sagt:

    Ich wäre die, die darauf wartet vom Sportsgeist geschwängert oder besprungen zu werden. Aber ich würde es wohl gar nicht ins Studio schaffen, denn „isch ‚abe gar kein yoga’ose“… Mist!

  5. juppi sagt:

    stemmen, meinetwegen.
    aber es gibt keinen besseren Ausdauersport als im Wald.
    Egal wie schnell. egal wie lange und egal wie viel dabei gequatscht oder geschwiegen wird.
    Frische Luft kann kein Fitti machen.

    p.s.: und egal wie nass es von oben oder unten ist… man gewöhnt sich dran, ehrlich.

    1. juppi sagt:

      …ach ja, als Ziel vielleicht beschließen, zu Herbstende an einem Volkslauf mitzumachen. das beflügelt.

  6. „Neujahrskoma“: potente Beschreibung für diesen latent ablebenden Zustand;-)

  7. Banger sagt:

    Oh, gut dass Sie das Thema erwähnen. Das erinnert mich an eine Erfahrung aus dem letzten Jahresanfang: Schwimmbadbesuche kann man in diesen Tagen vergessen: Das Becken ist voller guter Vorsätze.

    1. Nessy sagt:

      Schwimmen halte ich für einen sehr umständlichen Sport: Umkleiden, abbrausen, ins Wasser steigen, schwimmen, abbrausen, abtrocknen, anziehen, schwitzen, nochmal abtrocknen, föhnen, schwitzen, abtrocknen, nach Hause fahren, Badeanzug aufhängen, Handtücher aufhängen.

    2. Banger sagt:

      Das sind zehn verschiedene Sportarten in einer – ambitionierte Menschen nennen so etwas „Dekathlon“.

  8. damenwahl sagt:

    Die Skipisten nicht. Da waren auch viele Idioten, aber keine guten Vorsätze. Glücklicherweise.

    1. Nessy sagt:

      Eine Skipiste scheint mir ein orthopädisches Minenfeld. Deshalb habe ich noch nie eine betreten. Aber wenn Sie es sagen.

  9. lorem42 sagt:

    Bei den ganz energischen im Fitti, die mit hochrotem Kopf, tropfend und keuchend, frage ich mich immer: Für was bestrafen die sich wohl?

    Und den besten, verpassten coolen(?) Spruch ever: Ich ging grad von der Trainingsfläche, sehe ich eine Anfangs-20erin auf so einem Fahrrad-Hometrainer Teil sitzen, schaut in einen der Fernsehe, die Füsse nicht auf den Pedalen, sondern dazwischen, wartet offensichtlich auf den Freund oder so…
    Da legt sich mir der Satz auf die Zunge: „Heh! Du musst schon treten, sonst nützt das nichts!“
    Dort ist er dann auch geblieben, aus Angst, einer der geölten Muskelberge könnte ihr Freund sein… ;-)

    1. Nessy sagt:

      In meinem aktuellen Fitti sind auch die Damen tatsächlich zum Trainieren da. Im alten hingegen standen sie vielfach dekorativ herum, in vollem MakeUp und behängt mit Kreolenohrringen.

    2. SBee sagt:

      Kreolenohrringe – mußte ich nun erstmal googlen. Man(n) lernt ja nie aus.

  10. Werner sagt:

    …und ich habe in den letzten 2 Tagen mehr Mitläufer entdeckt als im gesamten Dezember zusammen. Das legt sich erfahrungsgemäß bis spätestens übernächste Woche, dann habe ich Wald, Wiesen und Felder wieder für mich.

    1. Nihilistin sagt:

      „Winkfleisch an den Oberarmen“…..göttlich.
      Schön wärs. Wenns nicht da wäre. Da ich erst im hohen Alter von 40 Jährchen mit diesem bezaubernden Sport begonnen habe und mich undiszipliniert bzgl. des regelmäßigen Trainings verhalte, ist sowohl das Winkfleisch vorhanden, als auch das Sixpack ausschließlich in formlos-ausgelaufener Breite rund um die Hüften drapiert.
      Die „Beachvolleyballvariante“ finden Sie vermutlich nur bei den seit frühester Jugend trainierenden Herren und Damen, solange diese das 30. Lebensjahr nicht überschritten haben.

  11. Nihilistin sagt:

    Der erste Sonntag im neuen Jahr.
    In den (in den vergangenen 3 Jahren leicht heruntergekommenen) Sportklamotten den Winter-Trainingsraum entern (Ruderkasten). Die Mitstreiter lässig begrüßen. 60min straffes Intervalltraining: Technik und Kondition. Wie immer Schnaufen und Prusten mit anschließendem roten Kopf beim Steigerungsprogramm. Bei den 26er Schlägen denke ich wie immer, daß mir die Arme abfallen. Weils das erste Training im neuen Jahr ist, verzichtet der Schlagmann auf die 28er oder gar 32er Schlagfrequenz (= mein Tod). Nach Training und Duschen voll mit Endorphinen nach Hause fahren und mit Pizza den Kohlehydratspeicher wieder auffüllen.
    Und wie immer glücklich seiend, den Merkwürdigkeiten eines „Fittis“ nicht ausgesetzt zu sein.

    1. Nessy sagt:

      Rudern, das Beachhandball der Bootsportarten. Steht Männern sehr gut, diese Sportart.

      Damen sicherlich auch. Ich nehme an, Sie haben kein Winkfleisch an den Oberarmen?

  12. Lobo sagt:

    Abhilfe bei quatschenden Fittitanten : MP3 Player.

    Hilft auch gut gegen die geschmacklichen Verirrungen, die als musikalische Untermalung dienen sollen.

    Außerdem hat mich meine Musik immer ein bisschen mehr beflügelt.

    Aber nach einem Jahr verließ mich dann doch die Motivation und die krachenden Gelenke sprachen zu mir.
    Ich denke ich werde doch wieder schwimmen gehen.
    Ist übrigens überhaupt nicht kompliziert, für mich jedenfalls.

    Mit dem Fahhrad hin, kalt abduschen rein ins Freibad, danach warm/kalt duschen mit dem Fahhrad zurück fertig.
    Das Abtrocknen hätte ich nach dem Duschen zuhause ja auch machen müssen.
    Na gut, bei meiner Frisur fällt das föhnen natürlich flach, was das ganze recht einfach macht. ;-)

    1. Nessy sagt:

      Ich wollt’s grad sagen: Sie tragen Ihre Haare ja auch nicht lang. Oder einen BH, der sich beim Anziehen um den halbtrockenen Körper nuddelt. Oder müssen sich im Winter gar in eine Strumpfhose hantieren.

      Ich schaue auf den Cardiogeräten immer fern. Am Sonntag bot VOX Auswanderergschichten mit Frau Katzenberger und anderen Menschen. Dassorgt für Kurzweil und erweitert den Horizont: Zu Hause würde man sowas ja niemals schauen.

    2. Lobo sagt:

      Son Hightech – Gedöns haben die in unserem Dorffitti natürlich nicht. Fernsehen an jedem Crosstrainer ??
      Bei uns wird mit nem Beamer irgendein MTV/ViVa Zeugs eingespielt, das einem binnen 5 Sekunden dermaßen auf den Zeiger geht ….

      Wieso so kompliziert ?

      Kann frau nicht einfach in einen bequemen Trainingsanzug schlüpfen und sich dann zu Hause feinmachen ?
      Oder ist das wieder so eine Sache die wir Männer einfach nicht verstehen ? ;-)

  13. @ Lobo:
    Schätzelein. Das geht natürlich nicht! Frau muss immer gut aussehen! Vor einem, neben einem und insbesondere in einem Fitti! Den bequemen Trainingsanzug zieht frau dann zu Hause an.
    So ist das.

    1. Nessy sagt:

      So ist das. Und über das Thema „Ohne Büstenhalter über Bodenwellen nach Hause radeln“ unterhalten wir uns mal gesondert.

    2. Lobo sagt:

      Au Ja ! :-)

      Ich ging natürlich davon aus, dass frau IMMER gut aussieht, egal was sie anzieht.

      *rutscht auf der Schleimspur aus*

  14. croco sagt:

    …als warteten sie, dass der Sportsgeist sie schwängere…..
    ….mit der Verve der Hellgelben Erdhummel, ein wenig taumelnd, aber grundsätzlich fröhlich, hüpfen sie durch das Programm….
    Für diese Sätze gehören Sie geknutscht, Frau Nessy :-))
    Diese Madams gibt es nicht mehr bei uns, seit das andere, ziemlich billigere Fitti aufgemacht hat. Dort geht es um’s Abnehmen, ganz deutlich. Und wenn man nicht aufpasst, ist man auf einem Foto mit minus 20 kg daneben in der Zeitung. Dort ist Tschibo. Und dort ist auch die Muskelbildungsstätte des Migrationsvordergrundes. Ist es nur noch Hintergund, sind sie bei uns.Ist viel ernsthafter und die Trainer sind ausgebildet. Auch sind die Unterhaltungen gepflegter geworden in der Umkleide. Es werden keine Piercings mehr verglichen, keine Tatoos. Keine Internas über den Ex. Nix.Dafür Geräte, die alle fünf Minuten Himbeerduft absondern.
    Ich sag’s ja immer, im Grunde langweilen sich die Eliten.

    1. Nessy sagt:

      Das gleichen sie aus, indem sie neben das Nettoghetto ziehen. Wegen dem Kontakt zum einfachen Volk. Kann man sich ja nicht alles ausdenken, diese Erzähltipperei für das Blogdings.

  15. Mo* sagt:

    Also, ich habe nächste Woche meine erste angeleitete Trainingsstunde im örtlichen „Fitti“.

    Ich werde tapfer allein, ohne überteuerten Trainingsanzug sondern in KIK Hosen & nem weiten TShirt mit „Germanys NEXT Topmodel“ Aufdruck (ich nehme ja ab, da würden Adidas Anzüge sehr ins Geld gehen) den Raum betreten.

    Nachdem ich zuhause beim Entschluss meine Schuhe anzuziehen ein 10 Minütiges Wegesmantra erfinde, (ich denke da an, „komm so schlimm wirds nicht, die waren SICHER alle mal fett“)das ich tapfer vor mich hin sage während ich 1 Schritt vor und 2 zurück mache.

    Ich werde Creolen und sonstoge Dekomaterialien mit denen ich mich sonst schmücke daheim lassen.

    Ein Schweissläppchen pack ich ein. Kein Stirnband und auch keine Schweissbänder.(Um nicht den Eindruck zu erwecken ich mache das erstmalig!)

    ne Flasche nicht sehr doll sprudelndes Wasser nehm ich auch mit.

    Und wenn der Trainer sagt „besteig einen Berg“ werde ich artig fragen: „Wie oft?“

    Einzig duschen, das werde ich (noch) nicht im „Fitti“. Aber ich hab dann wohl Wechselklamotten mit.

    Und immerhin brauche ich ja auch 10 Minuten heim und kann mir dann mit einem neuen Mantra vorsagen: „So schlimm ist das garnicht. Ich bin schon fast schlank.“

    Ach, und schwimmen. Schwimmen geh ich auch. :D

    1. Nessy sagt:

      Wenn Sie abnehmen möchte, habe ich einen Ratschlag:

      Halten Sie auf den Cardiogeräten durch. Mindestens eine Stunde pro Trainingseinheit. Das ist wahnsinnig langweilig. Überlegen Sie sich also etwas: fernsehen, Musik, Hörbuch hören, mit Freundin quatschen. Nicht lesen. Wenn Sie beim Trainieren lesen können, ist es nicht anstrengend genug, um etwas zu bringen.

      Aber halten Sie durch. Dann klappt es.

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